Lorenz Böhler: Tempo ist der letzte Streitpunkt
Die Errichtung von Containern wird derzeit vorbereitet. Für Irritation sorgt aber der Zeitrahmen, den die AUVA nennt.
Um einen Streik im Traumazentrum Brigittenau (Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler) zu verhindern, ist die Generaldirektion der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) dem Betriebsrat – „Die Presse“berichtete – in praktisch allen Punkten entgegengekommen und hat ihr insbesondere eine wichtige Zusage gemacht: alles zu unternehmen, damit die rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach der vorübergehenden Umsiedlung ins Traumazentrum Meidling und das AKH so schnell wie möglich an den Standort des Lorenz Böhler zurückkehren können. Diese Umsiedlung bis Anfang April ist der AUVA zufolge wegen Brandschutzvorgaben nötig, im Gebäude sei „Gefahr im Verzug“.
Uneinigkeit herrscht nun aber über den Zeitrahmen für die Rückkehr des Personals ins Lorenz Böhler bzw. in einen Containerkomplex auf dem Spitalsgelände, auf dem es genug Platz gibt. Die Belegschaft ist nämlich der Überzeugung, dass ein solcher Komplex binnen zwölf Wochen errichtet werden kann, und hat von einem Anbieter auch schon ein entsprechendes Angebot eingeholt, das der „Presse“vorliegt. Daraus geht tatsächlich hervor, dass die Fertigstellung eines kompletten Containerspitals innerhalb von zwölf Wochen möglich ist.
Frühestens ab 2025
Die Generaldirektion der AUVA aber hält den Start des Betriebs in einem Containerspital erst ab 2025 für realistisch. Im Jahr 2024 seien im Lorenz Böhler keine stationären Leistungen mehr vorgesehen.
„In den kommenden Wochen werden die stationären Leistungen des Standorts Brigittenau an unseren Standort Meidling bzw. ins AKH verlagert. Am Standort Brigittenau verbleibt nach erfolgter Verlagerung eine Erstuntersuchungsambulanz zur Versorgung selbst kommender Patienten. Das Team Brigittenau/Lorenz Böhler soll mit Anfang 2025 wieder an einem gemeinsamen Standort zusammengeführt werden“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme.
Als Übergangslösung für die Jahre zwischen 2025 und 2030 (in dieser Zeit soll das Lorenz Böhler komplett umgebaut und anschließend neu eröffnet werden) gebe es zwei Möglichkeiten: das besagte Containerspital oder die „brandschutztechnische Ertüchtigung“des Krankenhauses in der Donaueschingenstraße, um es Anfang 2025 wieder beziehen zu können. Letzteres bedeutet: Das Gebäude wird so weit auf Vordermann gebracht, dass die restlichen Sanierungsarbeiten bei laufendem Betrieb durchgeführt werden können.
Belegschaft erneut irritiert
„Egal, für welche Übergangslösung letzten Endes die Entscheidung fällt – die vorübergehende Absiedelung von Leistungen und Personal an die Standorte Meidling und AKH wird aktuell vorbereitet und bis zur ersten April-Woche umgesetzt“, heißt es weiter in der schriftlichen
Stellungnahme der AUVA. Eine Vorgehensweise, mit der die Belegschaft des Lorenz Böhler allerdings nicht einverstanden ist. Vereinbart sei etwas anderes worden – nämlich die ehestmögliche Rückkehr an den Standort des Unfallkrankenhauses, und diese sei gemäß Angebot, das man sich eingeholt habe, schneller möglich als 2025. Die jüngste Aussendung der Generaldirektion sei daher nicht nachvollziehbar.
Der Betriebsrat will nun das von der AUVA-Führung versprochene detaillierte Konzept zur Zukunft des Lorenz Böhler abwarten, das bis Freitag kommender Woche eintreffen soll. Dann werde man über das weitere Vorgehen beraten, heißt es gegenüber „Presse“. Zudem wird betont, dass der Streikbeschluss nach wie vor aufrecht sei und am vergangenen Donnerstag nur deswegen nicht gestreikt wurde, weil die Generaldirektion die Erfüllung sämtlicher Forderung zugesagt habe. Diesen Worten müssten nun auch Taten folgen.
Die Generaldirektion war für eine weitere Stellungnahme gegenüber der „Presse“nicht erreichbar.
Arbeits- und Freizeitunfälle
Das Lorenz Böhler, in dem jährlich rund 65.000 Patienten behandelt werden, sowie das Traumazentrum Meidling sind die beiden Standorte der AUVA in Wien. Die AUVA wird mit Beiträgen der Arbeitgeber (1,1 Prozent der Lohnsumme) finanziert und wurde gegründet, damit Arbeitnehmer nach Arbeitsunfällen umfassend versorgt werden – Reha, eine allfällige Rente bei Arbeitsunfähigkeit und Haftungsansprüche inklusive. Später kam auch Prävention hinzu. Bis dahin hafteten nämlich die Arbeitgeber für anfallende Kosten nach Arbeitsunfällen – bis hin zu Rentenansprüchen, was kleinere Unternehmen rasch in den Ruin treiben konnte. Behandelt werden in AUVA-Spitälern aber dennoch nicht nur Arbeits-, sondern auch Freizeitunfälle. Letztere machen sogar die Mehrheit der Behandlungen aus.