DAX auf Rekord – warum das gar nicht so eindrucksvoll ist
Nach den Rekordhochs des amerikanischen S&P 500 und des japanischen Nikkei ist nun auch der deutsche DAX auf einen nie zuvor gesehenen Punktestand geklettert: Vorige Woche hat der Frankfurter Leitindex die Marke von 18.000 Punkten übersprungen. An den Start gegangen war er Ende 1987 mit 1000 Punkten. Eine Ver-18-Fachung in 36 Jahren, das klingt gar nicht so schlecht. Ist es auch nicht. Die DAXKonzerne haben reichlich Dividenden ausgeschüttet, und wenn man die immer wieder sofort reinvestiert (und die anfallenden Steuern aus eigener Tasche ersetzt) hätte, hätte man sein Vermögen ver-18-fachen können.
Die meisten anderen Indizes sind Kursindizes, die Dividenden werden nicht einberechnet. Etwa der ATX: Der hat sich im gleichen Zeitraum versiebenfacht. Nun kann man auch den ATX als Performanceindex berechnen und den DAX als Kursindex. Ohne die Dividenden hat sich der DAX ebenfalls nur versiebenfacht. Sprich: Deutsche Aktien haben sich im Schnitt genauso gut – oder genauso schlecht – entwickelt wie österreichische.
Zum Vergleich: Der S&P 500 (Kursindex) hat sich seit Ende 1987 ver-20 facht. Inklusive vollständig reinvestierter Dividenden hätte er es auf eine Ver-45-Fachung gebracht. Nun kann man streiten, ob amerikanische Aktien außergewöhnlich gut waren oder europäische einfach nur schlechter. Wahrscheinlich stimmt beides. In Deutschland gibt es keine Techriesen, selbst das größte Schwergewicht SAP bringt es nur auf eine Marktkapitalisierung von 215 Milliarden Euro, während es in den USA gleich fünf Billionen-Dollar-Konzerne gibt, alle fünf aus dem Technologiebereich.
Der DAX wurde von Banken und Versorgern nach unten gezogen, der ATX von Banken und Immobilienkonzernen. Überflieger gibt es kaum. Unter den 40 Werten, die heute im DAX sind, konnte sich einzig der Pharmazulieferer Sartorius auf Zehnjahressicht verzehnfachen (und auf Sicht von 20 Jahren verhundertfachen). Doch Sartorius ist erst seit der Indexreform 2021 im DAX enthalten. Diese Reform war nach der spektakulären Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard im Jahr 2020 nötig geworden: Es hatte sich herausgestellt, dass der DAX-Neuling in großem Stil Bilanzen gefälscht und Vermögen
In den DAX werden auch Dividenden einberechnet. Bei den meisten anderen Indizes ist das nicht so.
erfunden hatte. Seitdem sind die Zugangskriterien zum DAX strenger, die Zahl der Mitglieder wurde aber von 30 auf 40 erhöht.
Schon lang im DAX sind der Pharmaund Chemiekonzern Bayer (er hat seit zehn Jahren 72 Prozent verloren) oder die Deutsche Bank (hat seit 20 Jahren 74 Prozent verloren).
Wer genauer hinsieht, findet auch ein paar Perlen sowohl im ATX als auch im DAX. Im ATX wartet der Caterer Do&Co seit Jahren mit starkem Wachstum und Kursanstiegen auf, im DAX gibt es neben Sartorius etwa auch den Rüstungskonzern Rheinmetall, SAP, den Rückversicherer Münchener Rück oder den Flugzeugbauer Airbus, die schon länger erfreulichere Kursverläufe haben als der Gesamtindex. Man muss sie aber gezielt suchen.