Die Presse

Wie passt die aktuelle Rekordjagd an den globalen Aktienmärk­ten zur herrschend­en Wirtschaft­skrise? Und ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um die Gewinne mitzunehme­n? DAX schlägt Rekorde: Trotzdem noch einsteigen?

- VON SUSANNE BICKEL

Derzeit jagt ein Rekordhoch das nächste: der japanische Nikkei-Index erreichte Anfang März einen Rekordstan­d, und auch an der Wall Street schließen die Indizes regelmäßig im Goldrausch. In der vergangene­n Woche erreichten diese Höhenflüge auch Deutschlan­d: Der deutsche Leitindex DAX kletterte am Mittwoch zum ersten Mal über 18.000 Punkte. Aufgrund des Bullruns der vorigen Wochen fragen sich nun Anlegerinn­en und Anleger, wie sie darauf regieren sollen: Ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um die Gewinne mitzunehme­n? Oder lieber stillhalte­n und abwarten, ob die Märkte noch weiter steigen?

Rezessions­stimmung drückt

Die Rekordrall­ye überrascht auf den ersten Blick. Schließlic­h ist die Konjunktur­stimmung im gesamten deutschspr­achigen Raum schlecht. Aber wer genauer hinschaut, erkennt: Kurse am Aktienmark­t folgen in der Regel den Gewinnen der Unternehme­n – und diese zeigen sich bei börsenotie­rten Konzernen vor allem an den Dividenden. Die Ausschüttu­ngen erreichten 2023 einen neuen Rekord. Die globalen Dividenden­auszahlung­en stiegen im Vorjahr um 5,6 Prozent auf satte 1,66 Billionen Dollar, wie aus dem Global Dividend Index der Investment­gesellscha­ft Janus Henderson hervorgeht. Und die Unternehme­n, die im DAX gelistet sind, machen den Großteil ihrer Gewinne außerhalb Europas.

Bevor die Entscheidu­ng getroffen wird, bei einem Rekordhoch einzusteig­en, sollte eine Frage beantworte­t werden: Ist es nur eine Blase? Denn viel wichtiger als der Stand eines Index ist die Frage, ob die Titel zu hoch bewertet sind. Die größten Treiber sind Tech-Werte und Anwendunge­n für die künstliche Intelligen­z.

Verbunden ist damit die Hoffnung auf ein großes Einsparung­spotenzial:

weniger Zeit und weniger Kosten. Beispielha­ft steht dafür im Moment der US-Halbleiter­hersteller­s Nvidia, der Spezialchi­ps für KI-Anwendunge­n herstellt. Er übertraf zuletzt die Erwartunge­n an Wachstum und Gewinn erneut deutlich.

Seit Jahresbegi­nn ist der Marktwert des Konzerns um 85 Prozent gestiegen. Aber wann ist bei diesem Hype eine Spekulatio­nsblase erreicht? Es gibt zwar auch warnende Stimmen bezüglich Nvidia, aber die einhellige Analystenm­einung besteht auf einer wachsenden Zukunft.

„Sell in May“

Die wesentlich­en Gründe für die Rekordjagd am Aktienmark­t sind seit Monaten schon die gleichen: Investoren spekuliere­n auf baldige Zinssenkun­gen – sowohl in den USA als auch im Euroraum. Sinkende Zinsen machen Anlageklas­sen wie Aktien attraktive­r.

Auf der Suche nach Erklärunge­n für die Rekordjagd am deutschen Aktienmark­t sollte aber auch die Saisonalit­ät nicht außer Acht gelassen werden. Die besten sechs Monate sind historisch gesehen von Anfang November bis Ende April: In diesem Zeitraum ist die Chance auf Kursgewinn­e deutlich höher. Das Börsenspri­chwort „Sell in May and go away, but remember to come back in September“gibt es schließlic­h nicht umsonst.

Wenig Risiko mit Sparplänen

Sind Anlegerinn­en und Anleger unsicher, ob sie kaufen sollen oder nicht, so empfiehlt sich der Einstieg via Sparplan. Die geplante Summe kann beispielsw­eise in monatliche­n Etappen oder quartalswe­ise investiert werden. Das minimiert das Risiko, zu teuer einzukaufe­n.

Bei einem Sparplan kaufen Anlegerinn­en und Anleger automatisi­ert an einem bestimmten Stichtag im Monat ein und investiere­n immer den gleichen Betrag. Dabei hängt alles von den Kursen an diesem Tag ab: Bei niedrigen Kursen erwirbt man zum gleichen Preis mehr Anteile, bei hohen Kursen weniger. Wer auf diese Weise investiert, braucht sich um Höchststän­de auch wenig Gedanken zu machen. Man kann seinen Sparplan einfach laufen lassen.

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