Die Presse

Welche Verbesseru­ng Remit II brachte

Die Kritik an den neuen Regeln für den Energiegro­ßhandel trifft nur in einzelnen Punkten zu.

- VON LEO LEHR

Robert Eichler beurteilte im vorigen „Rechtspano­rama“die Novellieru­ng der „Regulation on Wholesale Energy Market Integrity and Transparen­cy“(Remit II) als „vergebene Chance“. Während Kritik in einzelnen Punkten berechtigt ist, gilt es bei so komplexen Themen, sehr präzise zu sein.

In Zeiten der Krise erlaubte es die Flexibilit­ät des Binnenmark­ts, Gas- und Stromflüss­e nach Preissigna­len zu lenken. Es wurde ebenso klar, dass Marktverze­rrungen erhebliche Auswirkung­en auf die Volkswirts­chaften in Europa haben und Regulierun­g dabei wesentlich ist.

Remit II greift nun zwei Bereiche auf: Marktentwi­cklungen, die ursprüngli­ch in Remit noch nicht vorhergese­hen waren; und Schwächen, die sich im Laufe der Krise offenbarte­n. Für Ersteres hat der EU-Rechnungsh­of einige Vorschläge gemacht. Anders als angedeutet, wurden diese jedoch in Remit II umfassend aufgenomme­n: Stärkung der (grenzübers­chreitende­n) Marktaufsi­cht, Vervollstä­ndigung der Datenerfas­sung (v. a. durch direkte Meldungen der Börsen), Mindeststa­ndards bei Sanktionen.

Zusätzlich werden bisher kaum regulierte Bereiche wie hochfreque­ntes „Algo Trading“berücksich­tigt. Ein „Zuviel an Informatio­nen“schadet dann, wenn diese unstruktur­iert sind und nicht verarbeite­t werden können – dafür müssen mehr Kapazitäte­n geschaffen werden.

Die Krise hat auch Lücken hinsichtli­ch der Transparen­z auf dem Großhandel­smarkt aufgezeigt. Dies betraf, anders als Eichler anführt, v. a. große Energiekon­zerne. Probleme mit französisc­hen AKW wurden oft zu spät oder ungenau veröffentl­icht, und bereits 2021 hätte der Gasmarkt bei entspreche­nder Meldediszi­plin eventuell auf die russischen Importeins­chränkunge­n reagieren können. Die erwähnten Adhoc-Meldungen auf dem Finanzmark­t haben zwar Parallelen, sind jedoch vom Zweck her etwas anders gelagert als Remit-Meldungen, die meist physische Infrastruk­tur oder Verträge betreffen. Es überrascht zudem nicht, dass ein europäisch­er Markt auch eine korrespond­ierende supranatio­nale Marktaufsi­cht erfordert.

Richtig ist schließlic­h, dass der Erfolg von Remit II maßgeblich von der Umsetzung – national wie auch im EU-Recht – abhängt.

Mag. Leo Lehr, LL.M. MSc., ist stv. Leiter der Abt. Volkswirts­chaft und zuständig für die Marktaufsi­chtsagende­n der E-Control.

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