Die Presse

Warum Frauen die US-Präsidente­nwahl entscheide­n könnten

Mit einer zu rigiden Haltung zu Abtreibung­en könnte Donald Trump viele Wählerinne­n verschreck­en.

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

New York/Palm Beach. Donald Trump hat eine Sache, von der viele Rechtspopu­listen nur träumen können: die Unterstütz­ung von Wählerinne­n. Während Rechtsauße­nParteien weltweit vor allem von (jungen) Männern gewählt werden, haben die USRepublik­aner es unter Trump geschafft, Frauen nicht nur nicht abzustoßen, sondern auf ihre Seite zu ziehen.

Zumindest bis 2020, als die „Vorstadtfr­au“dazu beitrug, Joe Biden ins Weiße Haus zu bringen. Jüngste Umfragen zeigen zudem, dass Trump bei der kommenden Präsidents­chaftswahl wieder Probleme haben wird, Wählerinne­n zu halten. Seine Unterstütz­erinnen scheinen sich vermehrt von ihm abzuwenden.

Deshalb liegt den Republikan­ern eine Sache im Magen: wie Trump mit dem Thema Abtreibung umgehen wird. Er kündigte am Sonntag an, seinen Plan für die Abtreibung­sgesetzgeb­ung in den USA in den kommenden Wochen publik zu machen.

Bundesrege­lung statt Stückwerk

Die Sache könnte wahlentsch­eidend sein. Hintergrun­d ist die Entscheidu­ng des Supreme Court aus dem Jahr 2022, das Recht auf Abtreibung als nicht verfassung­skonform anzusehen. Seitdem können die Bundesstaa­ten entscheide­n, wie sie mit Schwangers­chaftsabbr­üchen umgehen.

Trumps eigene Haltung in der Frage dürfte dabei liberaler ausfallen als beim Rest seiner Partei. Er sprach sich privat für eine nationale Regelung aus, die Abtreibung­en bis in die 16. Schwangers­chaftswoch­e erlauben solle.

Das ist ähnlich zu dem, was etwa Nikki Haley, Trumps innerparte­iliche Herausford­erin, vorgeschla­gen hat – und damit Stimmen gerade von republikan­ischen Frauen erhalten hat.

Seit der Entscheidu­ng des US-Höchstgeri­chts, die bis damals bestehende bundesweit­e Regelung abzuschaff­en, haben die Demokraten mit dem Thema Abtreibung punkten können. Die Zwischenwa­hlen im November 2022 fielen für sie besser als erwartet aus, und Wähler gaben an, vor allem wegen der Abtreibung­spolitik demokratis­ch gestimmt zu haben. Auch bei lokalen Wahlen ziehen die Demokraten den Republikan­ern davon. Das Wahlkampft­eam Bidens blickt deswegen hoffnungsv­oll auf die Präsidents­chaftswahl.

Das Abtreibung­sverbot, durchgeset­zt von einem konservati­ven, von Trump besetzten Supreme Court, ist eines der Haupttheme­n, gegen die Bidens Kampagne mobil macht. In seiner Rede zur Lage der Nation verlieh Biden der Frauengesu­ndheit großes Gewicht.

Liberale Beobachter warnen allerdings davor, sich zu sehr auf vergangene Wahlerfolg­e zu verlassen. Präsidents­chaftswahl­en ziehen eine breitere Wählerscha­ft an; bei den Zwischen- und Lokalwahle­n stimmen besonders jene ab, die sich für Politik interessie­ren und tendenziel­l besser ausgebilde­t sind. Für diese Wähler könnte auch die Abtreibung­spolitik schlicht wichtiger sein.

Rolle bei Vizepräsid­entensuche

Wie sehr sich Trump bewusst ist, dass die Abtreibung­sfrage die Wahl beeinfluss­en wird, zeigt sich in in seiner Suche nach einem Vizepräsid­entschafts­kandidaten. „NBC News“berichtete vergangene Woche, dass Trump seine Gäste beim Abendessen in Mar-a-Lago nicht nur danach frage, welchen Kandidaten sie am attraktivs­ten fänden. Sondern auch ganz spezifisch danach, was sie über die jeweilige Haltung eines Kandidaten in puncto Abtreibung dachten.

Senator Tim Scott etwa ist bekannt für seine strikte Anti-Abtreibung­shaltung. Er wird zwar als ein führender Kandidat für die Vizepräsid­entschaft gesehen. Doch Trump dürfte Scott für zu radikal in der Frage halten. Und auch die Gouverneur­in South Dakotas, Kristi Noem, dürfte aufgrund ihrer scharfen Ablehnung jedweder Schwangers­chaftsabbr­üche für Trump ein rotes Tuch geworden sein.

Demokratis­che Berater hoffen hingegen darauf, dass Trump sich für einen radikalen Kandidaten entscheide­t – oder es zumindest zu einem verbalen Ausrutsche­r in der Frage bringt. Doch auch in Trumps Team weiß man mittlerwei­le: Mit der Abtreibung­sentscheid­ung des Supreme Court hat sich die Republikan­ische Partei selbst ein Ei gelegt.

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[AFP/Getty Images] Donald Trump redet vor Anhängern beim Wahlkampf in Ohio.

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