Warum Frauen die US-Präsidentenwahl entscheiden könnten
Mit einer zu rigiden Haltung zu Abtreibungen könnte Donald Trump viele Wählerinnen verschrecken.
New York/Palm Beach. Donald Trump hat eine Sache, von der viele Rechtspopulisten nur träumen können: die Unterstützung von Wählerinnen. Während RechtsaußenParteien weltweit vor allem von (jungen) Männern gewählt werden, haben die USRepublikaner es unter Trump geschafft, Frauen nicht nur nicht abzustoßen, sondern auf ihre Seite zu ziehen.
Zumindest bis 2020, als die „Vorstadtfrau“dazu beitrug, Joe Biden ins Weiße Haus zu bringen. Jüngste Umfragen zeigen zudem, dass Trump bei der kommenden Präsidentschaftswahl wieder Probleme haben wird, Wählerinnen zu halten. Seine Unterstützerinnen scheinen sich vermehrt von ihm abzuwenden.
Deshalb liegt den Republikanern eine Sache im Magen: wie Trump mit dem Thema Abtreibung umgehen wird. Er kündigte am Sonntag an, seinen Plan für die Abtreibungsgesetzgebung in den USA in den kommenden Wochen publik zu machen.
Bundesregelung statt Stückwerk
Die Sache könnte wahlentscheidend sein. Hintergrund ist die Entscheidung des Supreme Court aus dem Jahr 2022, das Recht auf Abtreibung als nicht verfassungskonform anzusehen. Seitdem können die Bundesstaaten entscheiden, wie sie mit Schwangerschaftsabbrüchen umgehen.
Trumps eigene Haltung in der Frage dürfte dabei liberaler ausfallen als beim Rest seiner Partei. Er sprach sich privat für eine nationale Regelung aus, die Abtreibungen bis in die 16. Schwangerschaftswoche erlauben solle.
Das ist ähnlich zu dem, was etwa Nikki Haley, Trumps innerparteiliche Herausforderin, vorgeschlagen hat – und damit Stimmen gerade von republikanischen Frauen erhalten hat.
Seit der Entscheidung des US-Höchstgerichts, die bis damals bestehende bundesweite Regelung abzuschaffen, haben die Demokraten mit dem Thema Abtreibung punkten können. Die Zwischenwahlen im November 2022 fielen für sie besser als erwartet aus, und Wähler gaben an, vor allem wegen der Abtreibungspolitik demokratisch gestimmt zu haben. Auch bei lokalen Wahlen ziehen die Demokraten den Republikanern davon. Das Wahlkampfteam Bidens blickt deswegen hoffnungsvoll auf die Präsidentschaftswahl.
Das Abtreibungsverbot, durchgesetzt von einem konservativen, von Trump besetzten Supreme Court, ist eines der Hauptthemen, gegen die Bidens Kampagne mobil macht. In seiner Rede zur Lage der Nation verlieh Biden der Frauengesundheit großes Gewicht.
Liberale Beobachter warnen allerdings davor, sich zu sehr auf vergangene Wahlerfolge zu verlassen. Präsidentschaftswahlen ziehen eine breitere Wählerschaft an; bei den Zwischen- und Lokalwahlen stimmen besonders jene ab, die sich für Politik interessieren und tendenziell besser ausgebildet sind. Für diese Wähler könnte auch die Abtreibungspolitik schlicht wichtiger sein.
Rolle bei Vizepräsidentensuche
Wie sehr sich Trump bewusst ist, dass die Abtreibungsfrage die Wahl beeinflussen wird, zeigt sich in in seiner Suche nach einem Vizepräsidentschaftskandidaten. „NBC News“berichtete vergangene Woche, dass Trump seine Gäste beim Abendessen in Mar-a-Lago nicht nur danach frage, welchen Kandidaten sie am attraktivsten fänden. Sondern auch ganz spezifisch danach, was sie über die jeweilige Haltung eines Kandidaten in puncto Abtreibung dachten.
Senator Tim Scott etwa ist bekannt für seine strikte Anti-Abtreibungshaltung. Er wird zwar als ein führender Kandidat für die Vizepräsidentschaft gesehen. Doch Trump dürfte Scott für zu radikal in der Frage halten. Und auch die Gouverneurin South Dakotas, Kristi Noem, dürfte aufgrund ihrer scharfen Ablehnung jedweder Schwangerschaftsabbrüche für Trump ein rotes Tuch geworden sein.
Demokratische Berater hoffen hingegen darauf, dass Trump sich für einen radikalen Kandidaten entscheidet – oder es zumindest zu einem verbalen Ausrutscher in der Frage bringt. Doch auch in Trumps Team weiß man mittlerweile: Mit der Abtreibungsentscheidung des Supreme Court hat sich die Republikanische Partei selbst ein Ei gelegt.