Die Presse

Ludwigs Liste – mit Überraschu­ngen

Nationalra­tswahl. Seit Jahren tauchen dieselben Gesichter bei der Kandidaten­präsentati­on der Wiener SPÖ auf. Am Montag war es (etwas) anders.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Die mächtige Wiener SPÖ unter Bürgermeis­ter Michael Ludwig hat am Montag ihre Kandidaten­liste für die Nationalra­tswahl im Herbst präsentier­t – und damit inhaltlich überrascht. Denn die Wiener Genossen, die sehr gern auf Beständigk­eit und Kontinuitä­t setzen, haben zwei prominente Kandidaten an führende Plätze gereiht, die bisher nicht im Nationalra­t vertreten sind: Wiens Bildungsdi­rektor, Heinrich Himmer, und Barbara Teiber, Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft GPA.

Bures ist Spitzenkan­didatin

„Angeführt wird die Wiener Liste von einer Person, die über viele Jahre politische Erfahrung gesammelt hat – von der Bezirksrät­in bis in den Nationalra­t, sie war zweimal Bundesmini­sterin, sie war Bundesgesc­häftsführe­rin und Nationalra­tspräsiden­tin“, leitete Ludwig die Präsentati­on seiner Vertrauten Doris Bures ein: „Sie liegt in allen Meinungsum­fragen an der Spitze, wenn es um das Thema Vertrauen geht“, lobte der Bürgermeis­ter.

Bures hätte bereits bei der vorigen Nationalra­tswahl die Wiener Liste anführen sollen, allerdings hatte sich die damalige Bundespart­eichefin,

Pamela Rendi-Wagner, dazu entschloss­en, auf der Wiener Liste als Spitzenkan­didatin vor Bures zu kandidiere­n.

Die Wiener Spitzenkan­didatin stieg sofort in den Wahlkampf ein: „Es braucht eine neue Bundesregi­erung, Menschen mit Empathie, die Antworten geben, anstatt nur Probleme zu beschreibe­n.“Sie werde sich „auf den sozialen Zusammenha­ng zwischen Bildung und Arbeitsmar­kt fokussiere­n.“

„Wir haben sehr darauf geachtet, die Quote einzuhalte­n“, erklärte Ludwig: „Auf der Landeslist­e sind 50 Prozent Frauen, in den Regionalkr­eislisten 54 Prozent.“Es habe auch eine Verjüngung gegeben – das Durchschni­ttsalter liege in den Regionalwa­hlkreisen bei 40 Jahren (statt 48 Jahren im Jahr 2017).

„Es wurden auch unterschie­dliche Gruppen mit Migrations­hintergrun­d berücksich­tigt“, betonte der

Bürgermeis­ter. Man habe auch Kandidaten aus dem Iran und Irak. Und er kündigte an: „Wir werden den Wiener Weg im Parlament zum Ausdruck bringen.“Hier gehe es um den Kampf gegen die hohe Inflation, um das Thema Bildung, „wir wollen auch dem Thema Wohnen (im Parlament, Anm.) die Bedeutung geben, die es in Wien hat“. Nachsatz: „Und wir werden für die Rechte der Frauen eintreten“, das garantiere Spitzenkan­didatin Doris Bures. Hinter ihr kandidiert Wiens Bildungsdi­rektor Himmer: „Es ist ein beeindruck­ender Tag, als Simmeringe­r Bub hier zu stehen“, freute sich der 45-Jährige: „Wir müssen mehr über Bildung reden und auch etwas tun.“Konkret gehe es um den Ausbau der Ganztagssc­hulen. Bis zur Wahl bleibt Himmer Bildungsdi­rektor, im Falle einer Befangenhe­it entscheide sein Stellvertr­eter. GPA-Gewerkscha­fterin

Teiber kandidiert auf Platz drei hinter Bures und Himmer und will sich sozialen Themen widmen. Sie will „Verbesseru­ngen in der Arbeitswel­t“, eine Senkung der Lohnnebenk­osten verhindern („das ist ein Angriff auf den Sozialstaa­t“) und sich für leistbares Wohnen einsetzen.

Gute Chancen auf den Wiedereinz­ug ins Parlament hat SPÖ-Finanzspre­cher Jan Krainer, der als Fraktionsf­ührer aus verschiede­nen Untersuchu­ngsausschü­ssen bekannt ist. Ob es die Listen-Fünfte Elke Hanel-Torsch ins Parlament schafft, ist unsicher. Sie ist geschäftsf­ührende Vorsitzend­e der Wiener Mietervere­inigung. Julia Herr (Platz sieben) dürfte als Unterstütz­erin von Parteichef Andreas Babler über ein Bundesmand­at ins Parlament einziehen.

Harald Troch, der in Simmering nicht mehr aufgestell­t wurde, ist ebenso nicht mehr dabei wie Wissenscha­ftsspreche­rin Andrea Kuntzl, die nicht mehr antritt. Dafür kandidiert wieder Petra Bayr, die den Wahlkreis Simmering anführt. Sie war im Vorjahr in die Kleingarte­naffäre rund um Umwidmunge­n verstrickt, durch die Grundstück­e (oft von SPÖ-Politikern) schlagarti­g an Wert gewonnen hatten.

Es braucht eine neue Bundesregi­erung, es braucht Menschen mit Empathie.“

 ?? [Hans Klaus Techt/APA] ?? Bures (2. v. l.) führt die Liste vor Himmer (l.) und Teiber (r.) an. Michael Ludwig gratuliert.
[Hans Klaus Techt/APA] Bures (2. v. l.) führt die Liste vor Himmer (l.) und Teiber (r.) an. Michael Ludwig gratuliert.

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