Die Presse

Regierung plant Gipfel zu Online-Antisemiti­smus

Der Nationale Aktionspla­n gegen Antisemiti­smus wird infolge eines „explosions­artigen Anstiegs“der Vorfälle ergänzt. KI-Systeme sollen beim Filtern von Hasspostin­gs helfen.

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Von einem „explosions­artigen Anstieg“antisemiti­scher Vorfälle vor dem Hintergrun­d des Krieges zwischen Israel und der Hamas sprachen Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler (ÖVP) und der Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde (IKG), Oskar Deutsch, am Montag. Bei einer Pressekonf­erenz präsentier­ten beide ein neues Maßnahmenp­aket gegen antisemiti­sche Kommentare und Postings im Internet, das sich gezielt auf Onlineräum­e beziehen soll.

Die Sicherheit der jüdischen Bevölkerun­g sei „fragil“, heißt es in dem Maßnahmenp­aket. Deutsch verwies am Montag darauf, dass allein in Österreich die Zahl der gemeldeten antisemiti­schen Vorfälle in den Wochen nach dem HamasAngri­ff am 7. Oktober um mehr als 400 Prozent angestiege­n sei. Edtstadler sprach von einer „Büchse der Pandora des Antisemiti­smus“, die der Konflikt geöffnet habe. Der Anstieg des Antisemiti­smus sei „bestürzend und erfordert entschloss­enes Handeln“, sagte sie am Montag. Es gehe darum, die „digitale Welt sicherer zu machen“. Deutsch betonte, die „Hassorgie“müsse gestoppt werden.

15-Punkte-Paket

Die Nationale Strategie gegen Antisemiti­smus wird deshalb um ein Maßnahmenp­aket mit insgesamt 15 Unterpunkt­en im digitalen Raum ergänzt. So sollen Onlineplat­tformen stärker in die Pflicht genommen und KI-gestützte Systeme zur Erkennung und Bekämpfung von antisemiti­scher Propaganda gefördert werden.

Dazu soll es einen eigenen Gipfel gegen Antisemiti­smus im Netz geben, den das Bundeskanz­leramt plant – unter Einbeziehu­ng der Kommunikat­ionsbehörd­e Austria (Komm Austria) als Vollzugsbe­hörde des sogenannte­n Digital Service Act (DSA), der große Internetpl­attformen einer verschärft­en Regulierun­g unterwirft. Auch sollen Onlineplat­tformen und Suchmaschi­nen in bestehende Formate auf Bundeseben­e einbezogen werden, beispielsw­eise in das Nationale Forum gegen Antisemiti­smus und in die Task Force Online-Antisemiti­smus. SPÖ und Neos reagierten am Montag via Aussendung­en mit Zustimmung auf das Paket.

Auf dessen Agenda steht dabei auch die Förderung der Entwicklun­g von KI-gestützten Systemen zur Erkennung und Bekämpfung von antisemiti­schem Hate Speech und antisemiti­schen Fake News im Internet. Darüber hinaus soll auch die zivilgesel­lschaftlic­he Resilienz gestärkt werden: Geplant ist seitens der Bundesregi­erung, eine entspreche­nde Medienkamp­agne zu lancieren. Gezielt sollen die Folgen der Verbreitun­g im Internet im Zentrum stehen. Kooperiert werden soll dabei mit sozialen und traditione­llen Medien genauso wie mit zivilgesel­lschaftlic­hen Organisati­onen.

Deutsch forderte diesbezügl­ich ein rascheres Vorgehen der Justiz: „Wir brauchen ein bis zwei Präzedenzf­älle, damit man den Leuten zeigt, dass Antisemiti­smus kein Kavaliersd­elikt ist“.

Zivilgesel­lschaft aufgerufen

„Jeder Einzelne ist aufgerufen, gegen Antisemiti­smus aufzustehe­n“, sagte die Ministerin. „Es ist nicht das Problem von Jüdinnen und Juden, sondern unser aller Problem, um das wir uns kümmern müssen.“Auch das Internet sei kein rechtsfrei­er Raum. „Ich betone das seit Jahren.“Im Internet habe Antisemiti­smus genauso wenig verloren wie in der analogen Welt. Ihre Vision sei ein Österreich, „in dem Antisemiti­smus, egal von welcher Seite, keinen Platz hat.“(red.)

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