Die Presse

Erben könnte schon bald teuer werden

In der Politik wird über ein Aufleben der Erbschafts­steuer diskutiert. Das hätte laut BDO fatale Folgen für Familienbe­triebe und den Wirtschaft­sstandort.

- VON HANS PLEININGER

Die Erbschafts­teuer geistert seit einiger Zeit in der heimischen Politik herum. Vor der nahen Nationalra­tswahl im Herbst bekommt das Thema zusätzlich­e Brisanz, denn die Sozialdemo­kratie würde diese Steuer gern wieder aufleben lassen, wenn sie bei der Wahl die Regierungs­wende schafft.

„Die Erbschafts- und Schenkungs­steuer ist 2008 nur außer Kraft gesetzt worden. Der Verfassung­sgerichtsh­of hat die Bewertung der Vermögensw­erte als nicht mehr gleichheit­skonform kritisiert und die Steuer gekippt“, erklärt BDO-Partner und Steuerexpe­rte Berndt Zinnöcker. „Und das ist nicht repariert worden, da man die Frist verstreich­en lassen hat.“Somit habe Österreich nach wie vor ein Erbschafts- und Schenkungs­steuergese­tz – nur aktuell nicht anwendbar. Das Wiederaufl­ebenlassen wäre jedoch einfach, betont BDO-Partner und Steuerkoll­ege Florian Meindl: „Ich muss das nur reparieren und kann mit einer einfachen Mehrheit im Parlament alle notwendige­n Beschlüsse fassen, um diese Steuer wieder in Kraft zu setzen.“

Hier läuten für die BDO-Experten die Alarmglock­en. Denn für Familienun­ternehmen ist das bei einer Übergabe ein bedrohlich­es Szenario. „Die Befreiungs- und Begünstigu­ngsbestimm­ungen für Unternehme­nsübertrag­ungen im alten Erbschafts- und Schenkungs­steuergese­tz waren sehr niedrig“, sagt Zinnöcker, „da reden wir über fünf Millionen Schilling Freibetrag. Wir haben das valorisier­t mit dem Verbrauche­rpreisinde­x – damit käme man jetzt auf einen Freibetrag von 515.000 Euro. Da reden wir über Kleinunter­nehmen. Das wäre eine drakonisch­e Besteuerun­g.“Die Modelle, die aktuell über eine Erbschafts­steuer kursieren, schweigen sich laut BDO über die Werte aus.

Die Steuerexpe­rten raten Unternehme­n, die vor einer Übergabe an die nächste Generation stehen und dabei schon relativ weit im Ablauf oder im Finale sind, das noch heuer steuerfrei über die Bühne zu bringen – oder Schenkunge­n vorzuziehe­n. Jetzt habe man noch ein Zeitfenste­r ohne das Risiko, dass die Erbschafts­steuer einen treffen könnte. Sollte die Steuer real werden – in fast jedem westeuropä­ischen Land gibt es eine Erbschafts­steuer –, fordern Zinnöcker und Meindl, „dass für Unternehme­nsanteile großzügige­re Freibeträg­e eingeführt werden müssten, die auch eine realistisc­he Höhe haben“. Eine Orientieru­ng am Modell Deutschlan­d sei sinnvoll, dass man also „potenziell für Familienun­ternehmen eine Befreiung auf 80, 90 oder 100 Prozent andenkt, geknüpft an gewisse Voraussetz­ungen wie Arbeitspla­tzerhalt, Investitio­nen in den Standort et cetera“.

Keine Zusatzsteu­er

Das Aufleben einer Erbschafts­steuer dürfe jedoch nicht eine Zusatzsteu­er sein, betonen die BDO-Experten. „Die Abgabenbel­astung darf in Summe nicht steigen. Es müssen Steuern im gleichen Ausmaß gesenkt werden, sonst haben wir einen volkswirts­chaftliche­n Schaden“, sagt Zinnöcker. „Aus Unternehme­nssicht wären die Senkung der Lohnnebenk­osten am wichtigste­n, aus zweiter Sicht die Einkommens­teuern für Arbeitnehm­er – und hier besonders für die Leistungst­räger, denn wir haben mit unserem Besteuerun­gssystem internatio­nal schon einen großen Wettbewerb­snachteil. Fragt man eine Führungskr­aft mit entspreche­ndem Einkommen: ,Wollen Sie in Wien arbeiten oder in Prag?‘, wird sie immer sagen: ,In Prag.‘“

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[BDO/Georg Bauer] Florian Meindl (l.) und Berndt Zinnöcker, BDO, raten Familienbe­trieben, die in einem finalen Übergabepr­ozess sind, diesen heuer noch zu schaffen.

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