Zweite Liga, ein Haifischbecken voller Tradition
Die zweite Bundesliga in Deutschland ist gespickt mit namhaften Vereinen, das Interesse gewaltig. Besuch eines Heimspiels von Hannover 96.
Samstagabend in Hannover. Die Heinz-von-Heiden-Arena erstrahlt im Flutlicht. Und sie ist prall gefüllt. 42.500 Zuschauer wollen sich das Aufeinandertreffen zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Kaiserslautern nicht entgehen lassen. Das Spiel beginnt mit einem Knall, nein, eigentlich mehreren Knallern. Der eingefleischte 96-Anhang zelebriert die Erinnerungen an den letztmaligen Gewinn der deutschen Meisterschaft mit einem Feuerwerk. Silvester fällt dieses Mal also auf den 16. März. Im Mai 1954 jubelte Hannover in Berlin über den titelentscheidenden 5:1-Finalsieg. Gegner vor 70 Jahren: der 1. FC Kaiserslautern.
Fußballklubs rühmen sich allzu gern mit ihren Erfolgen der Vergangenheit. In der zweiten deutschen Bundesliga wimmelt es nur so von Vereinen dieser Sorte. Hannover und Kaiserslautern sind in der laufenden Spielzeit zwei von insgesamt elf Zweitligisten, die schon zu Meisterehren gekommen sind. Zählt man Hansa Rostock, den DDR-Meister von 1991, mit dazu, sind es sogar zwölf. Acht Vereine spielten bereits im Europapokal der Landesmeister oder der Champions League. Angeführt wird die Liga der einst Glorreichen vom 1. FC Nürnberg (neun Meistertitel), gefolgt von FC Schalke 04 (7) und dem Hamburger SV (6).
Die Kulisse beim Spiel zwischen Hannover und Kaiserslautern ist in der zweiten Bundesliga keine Ausnahme. Sie ist eher die Regel. Tradition verpflichtet eben, das zeigt sich auch an diesem Abend. Vor einem Monat erlebte der deutsche Fußball eine ganz besondere Premiere.
Am 22. Spieltag zählte erstmals in der Geschichte die zweite Bundesliga (284.643) mehr Zuschauer als die höchste Spielklasse (261.099). Zu erklären war dies durch eine besondere Heim/Auswärts-Konstellation. Der FC Bayern
und Borussia Dortmund traten beide in der Fremde an, zugleich hatten kleine Bundesligisten wie der 1. FC Heidenheim und SV Darmstadt 98 an besagtem Wochenende Heimrecht.
In der zweiten Bundesliga hingegen strömten über 60.000 Fans zum Kellerduell zwischen Schalke 04 und Wehen Wiesbaden. Und 17.000 Magdeburger unterstützten ihre Mannschaft beim Auswärtsspiel gegen Hertha BSC.
Komplizierte Aufstiegsmission
Die vielen namhaften Klubs steigern zwangsläufig die Attraktivität der zweiten Bundesliga. Spielt etwa der HSV gegen Schalke, dann ist diese Begegnung ein Garant für viele Zuschauer, völlig unabhängig von Liga und aktueller Form der beiden Mannschaften. Dass es sehr wohl Gründe gibt, warum diese
Vereine nicht zur nationalen Elite zählen, zeigt sich letztlich auf dem Rasen. Hannover gegen Kaiserslautern, das ist kein fußballerischer Leckerbissen, eher ein unterdurchschnittliches Zweitligaspiel. Die Begegnung – das 1:1 hilft weder Hannover im Aufstiegsrennen noch Kaiserslautern im Abstiegskampf – kann mit Kulisse und Stimmung nicht mithalten.
Louis Schaub spielt seit Sommer 2022 für die schon fünf Jahre in Liga zwei festsitzenden Niedersachsen, kann auf Bundesligaerfahrung mit dem 1. FC Köln verweisen und versichert der „Presse“nach dem Spiel: „Atmosphärisch gibt es keinen Unterschied zur Bundesliga.“Allerdings, in der zweiten Liga stehe nicht immer die spielerische Note im Vordergrund. Schaub: „Es gibt mehr Zweikämpfe, aber auch die zweite Liga macht verdammt viel Spaß.“
Gut die Hälfte der Zweitligaklubs hegte zu Saisonbeginn Aufstiegsambitionen. Die besten Karten hat acht Spieltage vor Schluss Tabellenführer St. Pauli. Der Zweite (aktuell Holstein Kiel) steigt ebenfalls fix, der Dritte (HSV) spielt Relegation.
‘‘ Atmosphärisch gibt es keinen Unterschied zur Bundesliga. Die zweite Liga ist ein absoluter Zuschauermagnet.
Hannover-Legionär Louis Schaub