Die Presse

Zweite Liga, ein Haifischbe­cken voller Tradition

Die zweite Bundesliga in Deutschlan­d ist gespickt mit namhaften Vereinen, das Interesse gewaltig. Besuch eines Heimspiels von Hannover 96.

- Aus Hannover berichtet CHRISTOPH GASTINGER

Samstagabe­nd in Hannover. Die Heinz-von-Heiden-Arena erstrahlt im Flutlicht. Und sie ist prall gefüllt. 42.500 Zuschauer wollen sich das Aufeinande­rtreffen zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Kaiserslau­tern nicht entgehen lassen. Das Spiel beginnt mit einem Knall, nein, eigentlich mehreren Knallern. Der eingefleis­chte 96-Anhang zelebriert die Erinnerung­en an den letztmalig­en Gewinn der deutschen Meistersch­aft mit einem Feuerwerk. Silvester fällt dieses Mal also auf den 16. März. Im Mai 1954 jubelte Hannover in Berlin über den titelentsc­heidenden 5:1-Finalsieg. Gegner vor 70 Jahren: der 1. FC Kaiserslau­tern.

Fußballklu­bs rühmen sich allzu gern mit ihren Erfolgen der Vergangenh­eit. In der zweiten deutschen Bundesliga wimmelt es nur so von Vereinen dieser Sorte. Hannover und Kaiserslau­tern sind in der laufenden Spielzeit zwei von insgesamt elf Zweitligis­ten, die schon zu Meisterehr­en gekommen sind. Zählt man Hansa Rostock, den DDR-Meister von 1991, mit dazu, sind es sogar zwölf. Acht Vereine spielten bereits im Europapoka­l der Landesmeis­ter oder der Champions League. Angeführt wird die Liga der einst Glorreiche­n vom 1. FC Nürnberg (neun Meistertit­el), gefolgt von FC Schalke 04 (7) und dem Hamburger SV (6).

Die Kulisse beim Spiel zwischen Hannover und Kaiserslau­tern ist in der zweiten Bundesliga keine Ausnahme. Sie ist eher die Regel. Tradition verpflicht­et eben, das zeigt sich auch an diesem Abend. Vor einem Monat erlebte der deutsche Fußball eine ganz besondere Premiere.

Am 22. Spieltag zählte erstmals in der Geschichte die zweite Bundesliga (284.643) mehr Zuschauer als die höchste Spielklass­e (261.099). Zu erklären war dies durch eine besondere Heim/Auswärts-Konstellat­ion. Der FC Bayern

und Borussia Dortmund traten beide in der Fremde an, zugleich hatten kleine Bundesligi­sten wie der 1. FC Heidenheim und SV Darmstadt 98 an besagtem Wochenende Heimrecht.

In der zweiten Bundesliga hingegen strömten über 60.000 Fans zum Kellerduel­l zwischen Schalke 04 und Wehen Wiesbaden. Und 17.000 Magdeburge­r unterstütz­ten ihre Mannschaft beim Auswärtssp­iel gegen Hertha BSC.

Komplizier­te Aufstiegsm­ission

Die vielen namhaften Klubs steigern zwangsläuf­ig die Attraktivi­tät der zweiten Bundesliga. Spielt etwa der HSV gegen Schalke, dann ist diese Begegnung ein Garant für viele Zuschauer, völlig unabhängig von Liga und aktueller Form der beiden Mannschaft­en. Dass es sehr wohl Gründe gibt, warum diese

Vereine nicht zur nationalen Elite zählen, zeigt sich letztlich auf dem Rasen. Hannover gegen Kaiserslau­tern, das ist kein fußballeri­scher Leckerbiss­en, eher ein unterdurch­schnittlic­hes Zweitligas­piel. Die Begegnung – das 1:1 hilft weder Hannover im Aufstiegsr­ennen noch Kaiserslau­tern im Abstiegska­mpf – kann mit Kulisse und Stimmung nicht mithalten.

Louis Schaub spielt seit Sommer 2022 für die schon fünf Jahre in Liga zwei festsitzen­den Niedersach­sen, kann auf Bundesliga­erfahrung mit dem 1. FC Köln verweisen und versichert der „Presse“nach dem Spiel: „Atmosphäri­sch gibt es keinen Unterschie­d zur Bundesliga.“Allerdings, in der zweiten Liga stehe nicht immer die spielerisc­he Note im Vordergrun­d. Schaub: „Es gibt mehr Zweikämpfe, aber auch die zweite Liga macht verdammt viel Spaß.“

Gut die Hälfte der Zweitligak­lubs hegte zu Saisonbegi­nn Aufstiegsa­mbitionen. Die besten Karten hat acht Spieltage vor Schluss Tabellenfü­hrer St. Pauli. Der Zweite (aktuell Holstein Kiel) steigt ebenfalls fix, der Dritte (HSV) spielt Relegation.

‘‘ Atmosphäri­sch gibt es keinen Unterschie­d zur Bundesliga. Die zweite Liga ist ein absoluter Zuschauerm­agnet.

Hannover-Legionär Louis Schaub

 ?? [Imago] ?? Silvester fiel in Hannover dieses Jahr auf den 16. März. Die beeindruck­ende Kulisse beim Zweitligas­piel gegen Kaiserslau­tern.
[Imago] Silvester fiel in Hannover dieses Jahr auf den 16. März. Die beeindruck­ende Kulisse beim Zweitligas­piel gegen Kaiserslau­tern.

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