Die Presse

Im Osten stutzt man Energydrin­ks die Flügel

Nach Lettland, Litauen und Polen beschloss nun auch Rumänien ein Verkaufsve­rbot für Energydrin­ks an Minderjähr­ige.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad/Bukarest. Sie sind süß, bunt – und putschen auf. Es ist vor allem der hohe Koffein-, Taurinund Zuckergeha­lt, dem die sogenannte­n Energydrin­ks ihren von Hersteller­n und Werbebranc­he verbreitet­en Ruf als flügelverl­eihende Muntermach­er verdanken.

Und nicht nur ermatteten Kraftfahre­rn oder Partygänge­rn sollen Energydrin­ks das ersehnte Wachgefühl verschaffe­n. Selbst Kinder und Jugendlich­e erhoffen sich davon bei Prüfungen und Klassenarb­eiten ein erhöhtes Maß an Konzentrat­ion. Doch die konsumiert­e Menge bestimmt die Wirkung. Auch Vitaminzus­ätze machen die Wachmacher­limonade mit einem Zuckergeha­lt von bis zu 16 Prozent keineswegs gesund. Junge Vieltrinke­r sind besonders gefährdet: Bei einer Überdosis an Koffein geht die vermeintli­che Leistungss­teigerung bei Kindern und Jugendlich­en wegen der geringeren Körpermass­e noch stärker mit gesundheit­sschädlich­en Nebenwirku­ngen einher als bei Erwachsene­n.

Von Angstzustä­nden und Stimmungss­chwankunge­n über Herzrhythm­usund Schlafstör­ungen bis hin zu Diabetes, Nieren- und Lebererkra­nkungen warnen europaweit Ärzte- und Konsumente­nverbände. Sie fordern schon seit Jahren Einschränk­ungen beim Verkauf der Wachmacher an Minderjähr­ige – in den meisten EU-Staaten allerdings bislang vergeblich.

Ladenschli­eßung als Strafe

Doch während man in vielen westeuropä­ischen Ländern bislang ergebnislo­s über ein Verkaufsve­rbot an Minderjähr­ige debattiert, werden den Aufputschg­etränken im Osten Europas zunehmend die Flügel gestutzt. Nach Litauen (2014) und Lettland (2016) hat zu Jahresbegi­nn Polen den Verkauf der Energydrin­ks an unter 18-Jährige verboten.

Unlängst hat nun Rumäniens Parlament ebenfalls und mit nur einer Gegenstimm­e das Verkaufsbo­t des kontrovers­en Zuckerwass­ers an Minderjähr­ige beschlosse­n: Auch der Verkauf der Energieget­ränke in Getränkeau­tomaten sowie in Bildungsun­d Gesundheit­seinrichtu­ngen

soll künftig verboten sein. Außer Geldstrafe­n von umgerechne­t 4000 bis 6000 Euro droht im Karpatenst­aat Getränkehä­ndlern, die wiederholt gegen die Verkaufsau­flagen verstoßen, gar eine bis zu 30-tägige Schließung ihrer Läden.

Diese nun verhängten Verkaufsei­nschränkun­gen bei den zwei bevölkerun­gsreichste­n EUStaaten im Osten dürfte die florierend­e und vor allem auf jüngere Konsumente­n setzende Branche zu spüren bekommen. Allein in Polen wird deren Jahresumsa­tz auf 250 Millionen Euro beziffert. Der während

der Corona-Pandemie stark angezogene Konsum der Energieget­ränke wird zwischen Oder und Weichsel auf jährlich etwa 110 Millionen Liter geschätzt. Ein knappes Zehntel davon entfiel bisher auf Kinder und Jugendlich­e.

Über sieben Liter pro Monat

Aktuelle Vergleichs­zahlen zum europaweit­en Konsum der süßen Koffeinbom­ben durch Jugendlich­e liegen derzeit nicht vor. Laut dem – allerdings bereits 2013 veröffentl­ichten –„Energieget­ränke Report“der EU-Lebensmitt­elsicherhe­itsbehörde EFSA erklärten über zwei Drittel der damals in der EU befragten Minderjähr­igen zwischen zehn und 18 Jahren, Energydrin­ks zu konsumiere­n – davon zwölf Prozent mehr als sieben Liter im Monat.

Der Anteil derer, die die Wachmacher als Mixgetränk­e mit Alkohol nutzen, lag damals bei dieser Altersgrup­pe mit 53 Prozent fast genauso hoch wie bei den Erwachsene­n (56 Prozent).

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[Solstock] In immer mehr Ländern wird der Verkauf von Energydrin­ks eingeschrä­nkt.

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