Im Osten stutzt man Energydrinks die Flügel
Nach Lettland, Litauen und Polen beschloss nun auch Rumänien ein Verkaufsverbot für Energydrinks an Minderjährige.
Belgrad/Bukarest. Sie sind süß, bunt – und putschen auf. Es ist vor allem der hohe Koffein-, Taurinund Zuckergehalt, dem die sogenannten Energydrinks ihren von Herstellern und Werbebranche verbreiteten Ruf als flügelverleihende Muntermacher verdanken.
Und nicht nur ermatteten Kraftfahrern oder Partygängern sollen Energydrinks das ersehnte Wachgefühl verschaffen. Selbst Kinder und Jugendliche erhoffen sich davon bei Prüfungen und Klassenarbeiten ein erhöhtes Maß an Konzentration. Doch die konsumierte Menge bestimmt die Wirkung. Auch Vitaminzusätze machen die Wachmacherlimonade mit einem Zuckergehalt von bis zu 16 Prozent keineswegs gesund. Junge Vieltrinker sind besonders gefährdet: Bei einer Überdosis an Koffein geht die vermeintliche Leistungssteigerung bei Kindern und Jugendlichen wegen der geringeren Körpermasse noch stärker mit gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen einher als bei Erwachsenen.
Von Angstzuständen und Stimmungsschwankungen über Herzrhythmusund Schlafstörungen bis hin zu Diabetes, Nieren- und Lebererkrankungen warnen europaweit Ärzte- und Konsumentenverbände. Sie fordern schon seit Jahren Einschränkungen beim Verkauf der Wachmacher an Minderjährige – in den meisten EU-Staaten allerdings bislang vergeblich.
Ladenschließung als Strafe
Doch während man in vielen westeuropäischen Ländern bislang ergebnislos über ein Verkaufsverbot an Minderjährige debattiert, werden den Aufputschgetränken im Osten Europas zunehmend die Flügel gestutzt. Nach Litauen (2014) und Lettland (2016) hat zu Jahresbeginn Polen den Verkauf der Energydrinks an unter 18-Jährige verboten.
Unlängst hat nun Rumäniens Parlament ebenfalls und mit nur einer Gegenstimme das Verkaufsbot des kontroversen Zuckerwassers an Minderjährige beschlossen: Auch der Verkauf der Energiegetränke in Getränkeautomaten sowie in Bildungsund Gesundheitseinrichtungen
soll künftig verboten sein. Außer Geldstrafen von umgerechnet 4000 bis 6000 Euro droht im Karpatenstaat Getränkehändlern, die wiederholt gegen die Verkaufsauflagen verstoßen, gar eine bis zu 30-tägige Schließung ihrer Läden.
Diese nun verhängten Verkaufseinschränkungen bei den zwei bevölkerungsreichsten EUStaaten im Osten dürfte die florierende und vor allem auf jüngere Konsumenten setzende Branche zu spüren bekommen. Allein in Polen wird deren Jahresumsatz auf 250 Millionen Euro beziffert. Der während
der Corona-Pandemie stark angezogene Konsum der Energiegetränke wird zwischen Oder und Weichsel auf jährlich etwa 110 Millionen Liter geschätzt. Ein knappes Zehntel davon entfiel bisher auf Kinder und Jugendliche.
Über sieben Liter pro Monat
Aktuelle Vergleichszahlen zum europaweiten Konsum der süßen Koffeinbomben durch Jugendliche liegen derzeit nicht vor. Laut dem – allerdings bereits 2013 veröffentlichten –„Energiegetränke Report“der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA erklärten über zwei Drittel der damals in der EU befragten Minderjährigen zwischen zehn und 18 Jahren, Energydrinks zu konsumieren – davon zwölf Prozent mehr als sieben Liter im Monat.
Der Anteil derer, die die Wachmacher als Mixgetränke mit Alkohol nutzen, lag damals bei dieser Altersgruppe mit 53 Prozent fast genauso hoch wie bei den Erwachsenen (56 Prozent).