Die Presse

Aktie im Check: Hapag Lloyd

Die Container-Reederei leidet unter den Houthi-Attacken und anderen Widrigkeit­en. Soll man die Aktie vergessen?

- VON HEDI SCHNEID

Vor einem Jahr war die Welt der Container-Schifffahr­t noch in Ordnung. „Hapag Lloyd hat verdient wie kaum ein zweiter Konzern“, titelte die „Presse“damals. Inzwischen haben vor allem die Angriffe der Houthi-Rebellen im Roten Meer und die längeren sowie teureren Fahrwege um die Südspitze Afrikas die Großreeder­ei in schweres Fahrwasser gebracht. Dazu kommen der schwächeln­de Welthandel und das Überangebo­t an Schiffen, das die Frachtrate­n rasant verbilligt­e. Nicht nur die Hamburger, mit 266 Schiffen weltweit die Nummer fünf, leiden. Die gesamte Branche ist betroffen. Der Weltmarktf­ührer, die dänische Moeller-Maersk, hat den Abbau von 10.000 Mitarbeite­rn angekündig­t.

Langer Weg zur Normalität

Die Rekordgewi­nne, die die Reeder in der Pandemieze­it einfuhren, verpufften im Vorjahr: Bei Hapag Lloyd halbierte sich der Umsatz nahezu auf 17,90 Milliarden Euro, das Nettoergeb­nis sackte von 17 auf 2,9 Mrd. Euro ab. Das Ebit fiel von 18,5 auf 2,5 Milliarden. Das war zwar immer noch das drittbeste Ergebnis der Konzernges­chichte, konnte aber die Aktionäre, die seit dem Jahreshoch von 359,80 Euro im vorigen April dem Kursverfal­l bis auf 103,50 Euro Anfang Jänner zusehen mussten, nicht milde stimmen. Zumal Konzernche­f Rolf Habben Jansen die Reißleine zieht und die Dividende von 63 auf 9,25 Euro je Aktie kappt. Der Kurs sackte vorigen Donnerstag um 14,5 Prozent ab, machte zum Wochenschl­uss aber einiges an Terrain gut und liegt nun bei 123 Euro. Im Jahresabst­and bleibt ein Kursverlus­t von fast 60 Prozent.

Das laufende Jahr könnte noch schlimmer werden. „Wir sind zufriedens­tellend gestartet, aber das wirtschaft­liche und politische Umfeld bleibt unsicher – insbesonde­re auch mit Blick auf die aktuelle Situation rund um das Rote Meer“, warnte Jansen. Das Ebit könnte angesichts extrem schwankend­er und schwer prognostiz­ierbarer Frachtrate­n daher bei nur einer Milliarde Euro liegen – oder auch bei minus einer Milliarde. Die Großaktion­äre, der Unternehme­r Klaus-Michael Kühne und die chilenisch­e Reederei CSAV, die je 30 Prozent halten, aber auch die Kleinanleg­er müssen daher die Zähne zusammenbe­ißen. Denn Jansen rechnet erst nach 2025/26 mit einer Normalisie­rung.

Das sagen die Analysten

Entspreche­nd stehen auch die Analysten auf der Bremse. Aktuell gibt es laut der Agentur Bloomberg zehn Verkaufsem­pfehlungen für die Aktie, unter anderem von Goldman Sachs und der Deutschen Bank. Vier Analysten raten zum Halten. Für ein Untergewic­hten plädiert etwa die Bank JP Morgan. Deren Kursziel von 70 Euro bedarf angesichts des aktuellen Kurses einer Revision. Nicht ganz so niedrig, aber mit 78 bzw. 100 und 101 Euro liegen Deutsche Bank, Goldman Sachs und UBS ebenfalls unter dem Kursniveau. Der Ausblick sei unsicher und eher eine Enttäuschu­ng, fasst DBAnalyst Andy Chu die Meinung zusammen.

Ganz negativ sollte man jedoch nicht eingestell­t sein, meint die Fachzeitsc­hrift „Der Aktionär“. Denn Hapag Lloyd, das einst zum Touristikr­iesen TUI (Ex-Preussag) gehörte, hat auch Kostensenk­ungen bei Beschaffun­g und Service angekündig­t, was sich positiv auf die Profitabil­ität auswirkt.

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