Was Zeilinger hört und Levit spielt
Musikverein-Intendant Stephan Pauly über sein Konzept der Programmierung, sein Engagement für sozial schwache Kinder und den stärkeren Fokus auf Komponistinnen.
Neugierde zu wecken und dennoch „aus der DNA des Hauses heraus“zu denken: So plane er seine Programme, erklärt Stephan Pauly, Intendant des Musikvereins, auch das der Saison 2024/25, das er am Montag präsentiert hat. Der „Perspektiven“-Zyklus wird da etwa fortgesetzt, diesmal mit Quantenphysiker und Nobelpreisträger Anton Zeilinger, dessen Klassikaffinität bekannt ist; 2023 war er bereits Eröffnungsredner der Salzburger Festspiele.
In dieser Reihe des Musikvereins, in der stets eine bekannte Persönlichkeit aus einem anderen Fachgebiet als leidenschaftlicher Musikliebhaber vorgestellt wird, folgt er Georg Baselitz, Peter Zumthor und Michael Haneke. „Der Charme dabei ist ja, Zeilinger in einem ganz anderen Kontext kennenzulernen. Indem er über Musik spricht und die Stücke gespielt werden, die für ihn biografisch etwas bedeuten, werden neue Blickwinkel auf diese ermöglicht“, sagt Pauly.
Levit spielt Prokofieff-Klavierkonzerte
Der Kern des Programms aber wird natürlich von den Topinterpreten der Klassikbranche bestimmt. Nächste Saison gastieren etwa das Gewandhaus Orchester Leipzig, die Staatskapellen Berlin und Dresden, das Cleveland Orchestra und Dirigenten wie Zubin Mehta, Franz Welser-Möst, Riccardo Muti und Lorenzo Viotti im Musikverein. Außerdem sind Solisten wie Mitsuko Uchida, Rudolf Buchbinder und Igor Levit eingeladen, der übrigens alle Klavierkonzerte Sergej Prokofieffs spielen wird.
Wie er dabei neue Zielgruppen ansprechen werde? Um auch Kindern aus armutsgefährdeten und sozial benachteiligten Familien die Chance auf einen Konzertbesuch zu geben, so Pauly, kooperiere man ab nun mit dem Sozialprojekt Cape 10. „Gemeinsam möchten wir 400 Kinder zu kostenfreien Konzerten einladen“, sagt Pauly. Man sei „dankbar für unser Stammpublikum, sie sind das Zentrum – aber wir versuchen immer, auch weitere Menschen aktiv dazuzuholen“.
Antritt mit Schönbergs „Gurre-Liedern“
Über die Pflege des Kernrepertoires hinaus „wollen wir auch Programme machen, die genuin etwas mit uns zu tun haben“, erklärt Pauly. In Verbindung mit der Historie des Hauses steht auch gleich eines der ersten Konzerte der nächsten Saison: Arnold
Schönbergs „Gurre-Lieder“werden von den Wiener Symphonikern als Antrittskonzert ihres neuen Chefs, Petr Popelka, am 13. und 14. September präsentiert. „Das ist eines der Werke, die einfach zu uns gehören, weil hier die Uraufführung war. Solche Bezüge sind mir wichtig“, sagt Pauly.
Um die Gesellschaft der Musikfreunde selbst in ihren verschiedenen Facetten zu präsentieren, hat man auch wieder ein Objekt aus dem hauseigenen Archiv als Inspiration für ein Musikfestival herangezogen: Auf Beethovens Medizinlöffel und das Plakat zu Schönbergs „Watschenkonzert“folgt nun Clara Schumanns Blumenalbum. Dieses Büchlein mit getrockneten Blumen hatte die Komponistin Johannes Brahms 1854 geschenkt, als er ihr beistand, während ihr Mann, Robert, in einer psychiatrischen Klinik betreut wurde. „Uns geht es aber nicht darum, ihre und seine Werke in den Vordergrund zu stellen, sondern vielmehr durch dieses berührende Zeichen der Freundschaft generell die Themen Liebe, Zuneigung, Freundschaft, Dialog und Austausch als Motto des Festivals zu sehen“, erklärt Pauly.
Fokuskünstler der Saison 2024/25 sind Christian Thielemann, Mirga Gražinytė-Tyla, Janine Jansen, Víkingur Ólafsson und Klaus Mäkelä. Der Dirigent etwa kommt mit all seinen drei Orchestern aus Oslo, Paris und Amsterdam und wird zusätzlich mit den Wiener Philharmonikern debütieren.
Zeitgenössisches durchzieht alles
Bei seinem Antritt hatte Pauly betont, dass zeitgenössische Musik den gesamten Spielplan durchziehen solle. Diesmal ist mit Clara Iannotta eine Komponistin im Fokus, die er als „eine der markantesten Komponistinnen ihrer Generation“bezeichnet. Auch an dem Projekt „Akademie Zweite Moderne“der Wiener Festwochen, bei der Komponistinnen von heute unterstützt werden sollen, beteiligt sich der Musikverein ab 2024/25.
Insgesamt werden 75 Abozyklen ab sofort in den Verkauf gehen. Es finden in der nächsten Saison rund 900 Veranstaltungen statt. Was den Kartenverkauf generell betrifft, sei man sehr zufrieden, sagt Pauly: „Die Nachfrage ist erfreulich hoch, wir sind aktuell auf vorpandemischem Niveau.“
‘‘ Die Nachfrage ist auf vorpandemischem Niveau.