Die Presse

Jeder „Misthaufen“zählt! Und wie!

Es geht im EGG nicht nur um Biogas, sondern neben Holzgas auch um grünen Wasserstof­f.

- VON BERNHARD STÜRMER Bernhard Stürmer (*1979) ist Geschäftsf­ührer von Kompost & Biogas Verband Österreich.

Grüne Gase spielen eine zentrale Rolle bei der Umstellung der Gasversorg­ung auf Erneuerbar­e. Nur so kann die Zukunft des Gasnetzes und der Gasversorg­ung gesichert werden. Im Gastkommen­tar zu dem im Ministerra­t verabschie­deten Erneuerbar­en-Gas-Gesetz (EGG) bezieht sich Elisabeth Zehetner aber nur auf Biomethan, also aufgereini­gtes Biogas („Die Presse“, 9. März). Es geht im EGG jedoch nicht nur um Biogas, sondern neben Holzgas auch um grünen Wasserstof­f.

Aktuell gibt es wenige Anlagen, die auf die Biomethanp­roduktion gesetzt haben. Auch gibt es erst ein Projekt für die Einspeisun­g von Wasserstof­f. Das hat einen Grund: Im Gasbereich gibt es keinen rechtliche­n Rahmen, der einen wirtschaft­lichen Betrieb nachhaltig ermöglicht. Dies soll sich (aufgrund der Lücke im Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetz) nun ändern. Damit die Produktion gesteigert werden kann, braucht es ein Gesetz wie das EGG.

Dennoch könnte das Ausbauziel von 7,5 TWh auch nur mit Biogas allein erreicht werden. Für die Zeit nach 2030 kann die Biogasprod­uktion weiter gesteigert werden. Studien rechnen mit einem Potenzial von bis zu 15 TWh Biogas und weiters bis zu 25 TWh Holzgas. Das Groß der Biogasmeng­e wird durch Reststoffe der Landwirtsc­haft (z. B. Gülle und Mist, Zwischenfr­üchte oder Maisstroh) aufgebrach­t werden. Biogene Abfälle aus der Lebens- und Futtermitt­elindustri­e sind eine willkommen­e Ergänzung.

Natürlich sind die Kosten von heimisch erzeugten erneuerbar­en Gasen höher als bei Lieferunge­n von Erdgas aus Russland. Allerdings verbleiben rund 90 % der investiert­en Geldmittel und über 90 % der notwendige­n Aufwendung­en aufgrund der innovative­n österreich­ischen Umwelttech­nikfirmen und aufgrund der engen Verzahnung zwischen Biogasresp­ektive Biomethana­nlagen mit der umliegende­n Wirtschaft im Inland. Um das Ausbauziel 2030 erreichen zu können, müssen über vier Milliarden Euro investiert werden. Die Produktion der 7,5 TWh verursacht Betriebsko­sten von einer Milliarde jährlich, zusätzlich entstehen direkt bei den Anlagen auch 1500 Arbeitsplä­tze. Die Nutzung erneuerbar­er Gase ist also eine volkswirts­chaftlich sinnvolle Investitio­n in den Wirtschaft­sstandort.

Eigeninves­titionen erlaubt

Ohnehin sind die im Kommentar aufgeworfe­nen Kosten von 3,6 Milliarden Euro eine Summe, die sich ausschließ­lich aus dem Ausgleichs­beitrag zuzüglich des Erdgasprei­ses für den Zeitraum 2025 bis 2030 ergibt. Nicht eingerechn­et wurde, dass die Erdgasabga­be, die ETS-Kosten für große Industrieu­nd Energiever­sorgungsun­ternehmen sowie die Kosten für Emissionsz­ertifikate im NonETS-Bereich (Verkehr, Gebäude) entfallen. Zudem muss weniger Erdgas importiert werden, womit weniger Geld bei unsicherer Preisentwi­cklung – die letzten Gaskrisen haben es gezeigt – ins Ausland abfließt.

Der Preis für erneuerbar­e Gase entwickelt sich auf dem Markt, der Ausgleichs­beitrag bildet nicht zwangsläuf­ig den Preis ab. Eigeninves­titionen der Gasversorg­er sind im Gesetz erlaubt und das beste Mittel, um Kosten zu senken, falls Gasversorg­er der Meinung sind, dass Produzente­n zu überhöhten Preisen anbieten. Zudem sind im EGG „Verminderu­ngsund Ausgleichs­möglichkei­ten“gegeben, die die Pflichten der Gashändler reduzieren.

Es stehen Strafzahlu­ngen für Klimazielv­erfehlunge­n im NonETS-Bereich (Gebäude, Verkehr) im Raum, die ebenfalls in die Milliarden Euro gehen werden. Diese können durch erneuerbar­e Gase vermindert werden. Ohne den Einsatz von erneuerbar­en Gasen ist die Gasinfrast­ruktur nicht zukunftsfä­hig, und eine Netto-nullEmissi­on Österreich­s bis 2040 wäre praktisch unmöglich.

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