Viele Volksbegehren, wenig Interesse
Nur vier der 14 Volksbegehren der Vorwoche waren erfolgreich. Die Koalition will jetzt Kostenersatz nur noch für tatsächlich nachgewiesene Kosten auszahlen.
45 Volksbegehren gab es von 1964 bis 2019, gleich 61 aber seit 2020. Volksbegehren boomen – sind aber gleichzeitig relativ erfolglos: Nur vier der 14 Volksbegehren, deren Eintragungswoche am Montag zu Ende ging, schafften die gesetzlich vorgesehene Hürde von 100.000 Unterschriften. In der Vergangenheit hatten die meisten Initiativen das Minimalziel erreicht.
Geschafft haben dies laut den vorläufigen Ergebnissen des Innenministeriums die Initiativen „Essen nicht wegwerfen!“(126.767 Unterschriften), „Glyphosat verbieten“(121.734), „Kein Nato-Beitritt“(109.089) und „Nein zu AtomkraftGreenwashing“(105.955 Unterschriften). Die anderen zehn Volksbegehren scheiterten dagegen teilweise recht deutlich an der Hürde und werden damit nicht im Parlament behandelt. Einen Wissenstest für Politiker wollten beispielsweise nur 43.754 Personen.
Der Grund für den starken Anstieg bei Volksbegehren: Seit 2018 kann man auch digital unterschreiben, der Gang auf das Gemeindeamt ist nicht mehr unbedingt notwendig. Zudem gibt es einige Personen und Initiativen, die sehr viele Volksbegehren starten. Das könnte auch finanzielle Hintergründe haben: Zwar kostet die Einleitung eines Volksbegehrens 3400 Euro an Gebühren, wird die 100.000-Unterschriften-Hürde aber übersprungen, gibt es 17.000 Euro an Kostenersatz.
Vier Mal gescheitert
Zumindest diesmal hätte sich das finanzielle Motiv nicht ausgezahlt: Robert Marschall, im rechten Kleinparteiensektor aktiv, hat mit keinem einzigen seiner vier Volksbegehren die Hürde übersprungen und bleibt somit auf seinen Gebühren
sitzen. Lukas Papula, ehemaliger Kandidat der Liste Pilz, hat eines seiner vier Volksbegehren durchgebracht und kann damit immerhin die Gebühren finanzieren.
Indessen gibt es Bestrebungen der Koalition, dem Geschäftsmodell Volksbegehren die Grundlage zu entziehen. Darüber wird gerade mit der Opposition verhandelt, es soll die Zustimmung möglichst aller Parteien erreicht werden. ÖVPVerfassungssprecher Wolfgang Gerstl hält gesetzliche Anpassungen für dringend notwendig, will sich aber während der Verhandlungen nicht weiter dazu äußern. Grünen-Verfassungssprecherin Agnes Prammer will den Kostenersatz beibehalten, aber einen Bezug herstellen zu den tatsächlich angefallenen Kosten. Über Details dazu gebe es aktuelle Gespräche mit den anderen Parteien.
Die scheinen nicht ganz abgeneigt zu sein. „Es darf keinesfalls dazu kommen, dass die Einbringung von Volksbegehren erschwert wird oder irgendwelche neuen Hürden aufgestellt werden“, sagt SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried.
Aber: Vorstellbar wäre, dass Proponenten künftig die tatsächlichen Kosten abrechnen können. Das sieht auch der stellvertretende Neos-Klubchef Nikolaus Scherak so: Er sei für eine „pragmatische Lösung“. Wichtig sei, dass es weiterhin Kostenersatz gebe.
Einzig die FPÖ stellt sich gegen das Vorhaben: Die Regierung wolle das Instrument des Volksbegehrens unter fadenscheinigen Vorwänden aushöhlen, sagt die Abgeordnete Susanne Fürst. Man sei auch gegen die Einschränkung auf tatsächliche Kosten. Damit mache man das Verfahren nur bürokratischer. Es sei davon auszugehen, dass ein erfolgreiches Volksbegehren auch diesen Aufwand hatte.
FPÖ für Volksabstimmung
Weiterhin beharren will die FPÖ auf ihrer Forderung, dass sehr erfolgreiche Volksbegehren automatisch in eine Volksabstimmung münden. Die türkis-blaue Regierung hatte eine Grenze von 900.000 Unterschriften im Regierungsprogramm, was aber nie umgesetzt wurde. Diese Möglichkeit solle es bei einer FPÖ-Regierungsbeteiligung künftig geben, allerdings mit einer „hohen Zugangsschranke“, sagt Fürst, ohne sich auf eine konkrete Zahl festzulegen.
Das wiederum stößt bei den anderen Parteien auf Ablehnung. „Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Prammer für die Grünen. Sie kenne kein Modell, das mit unserem Modell der repräsentativen Demokratie vereinbar ist. Auch Scherak ist skeptisch: Viele Volksbegehren würden sich nicht für eine Ja/Nein-Frage einer Volksabstimmung eignen.
Direkte Demokratie solle zuerst auf Gemeindeebene eingeführt werden, um Erfahrungswerte zu bekommen. Die SPÖ schlägt eine andere Aufwertung für besonders erfolgreiche Volksbegehren vor: ein verpflichtendes öffentliches Hearing im Parlament.