Genug vom Militär: Bundesheer läuft Personal davon
Laut Bundesheerkommission wechseln Soldaten vermehrt in Privatwirtschaft und andere Bereiche des öffentlichen Dienstes.
Österreichs Militär macht zunehmend der Personalmangel zu schaffen: Soldaten wechseln in die Privatwirtschaft oder in andere Ministerien, die Miliz kann ihren Bedarf bei Weitem nicht abdecken. Das konstatiert die parlamentarische Bundesheerkommission in ihrem Prüfbericht für das Jahr 2023. Er wurde am Dienstag im Parlament in Wien vorgestellt.
„Der Personalmangel im Bundesheer verschärft sich angesichts mangelnder attraktiver Rahmenbedingungen“, sagte Nationalratsabgeordneter Robert Laimer (SPÖ), Vorsitzender der Kommission. Als einen Grund macht der Bericht aus, dass Personallücken etwa bei Inlandseinsätzen von den immer gleichen Soldaten gefüllt werden müssten. Weil dies deren Privatleben stark belaste, würden einige der Soldaten daher in die Privatwirtschaft wechseln, so der Bericht.
Dort wird das gut ausgebildete Personal etwa von privaten Sicherheitsunternehmen gern aufgenommen. Doch sind auch andere Ministerien und Stellen im öffentlichen Dienst zunehmend Konkurrenten für das Militär. Oft sind sie finanziell attraktiver. Wer beispielsweise den Bachelor Militärische Führung an der Militärakademie abschließt, landet in anderen Ministerien auf einem besser bezahlten Posten als im Verteidigungsministerium, wo dieser Abschluss besoldungsrechtlich schlechter eingestuft wird. Eine geplante Besoldungsreform soll dieses Manko nun beseitigen.
Zivildienst auf Überholspur
Engpässe bahnen sich auch bei den Grundwehrdienern an. 2013 traten 15.544 Männer den Grundwehrdienst an, 14.630 den Zivildienst. Dass die Anzahl der Zivil- und Grundwehrdiener mittlerweile beinahe gleich hoch ist, sei für das Bundesheer eine „besorgniserregende Entwicklung“, sagte Ex-Nationalratsabgeordneter Reinhard Bösch (FPÖ) von der Bundesheerkommission.
Es sei unerlässlich, möglichst viele Grundwehrdiener „in den militärischen Kernaufgaben auszubilden und einzusetzen“, so Bösch. Derzeit würden jedoch viele Grundwehrdiener für die Bewachung der Kasernen und den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz abgestellt werden. Sie könnten „nur rudimentär in den militärischen Kernaufgaben ihres Verbandes ausgebildet werden“.
Der Personalmangel schlägt sich auch in der Miliz nieder. Sie sei ein „altes Sorgenkind“, so Bösch. Der Gesamtbedarf an Milizoffizieren kann nur zu 55 Prozent und bei den Milizunteroffizieren nur zu 40 Prozent abgedeckt werden. Das Üben in der vollständigen Truppe sei derzeit nicht möglich, heißt es in dem Bericht der Kommission: „Ein Fähigkeitserhalt auf freiwilliger Basis findet nicht statt.“
Von den 36.000 Soldaten der Miliz sind derzeit nur 21.000 Mann übungspflichtig. Die restlichen 15.000 Milizsoldaten sind nämlich lediglich befristet beordert : Es handelt sich dabei um Personen, die bis zu sechs Jahre nach Ableistung ihres Grundwehrdienstes im Einsatzfall einberufen werden können, jedoch keine Übungspflicht haben. „Ziel ist eine Übung mit Volltruppe, die jedoch nur möglich sein wird, wenn der ,politische Wille‘ eine verpflichtende Übungstätigkeit auch für diesen Personenkreis vorgibt“, so der Bericht. Derzeit steht die Wiedereinführung der verpflichtenden Milizübungen aber politisch nicht zur Debatte.
Dem Personalmangel versucht das Verteidigungsministerium gegenzusteuern. Die Werbeausgaben des Ressorts wurden nach oben geschraubt, neue finanzielle Anreize werden ressortintern geschaffen. Die geistige Landesverteidigung soll im Schulunterricht wieder eine Rolle spielen. Zudem wird gehofft, dass das stark gestiegene Budget und das gestiegene Ansehen des Heeres Bewerber anlocken.
Intern ist das Verteidigungsressort derzeit vor allem auch mit der Umsetzung einer Organisationsreform beschäftigt. Laimer kritisierte, dass von acht bestellen Direktionen „noch fünf in einem Dauerprovisorium“seien. ÖVP-Wehrsprecher Friedrich Ofenauer von der Bundesheerkommission sagte, das Ziel der Reform sei, die Truppe zu stärken.
Belästigung bei Feier
2023 führte die Kommission 278 Beschwerdeverfahren. Damit liege man im Mittel des üblichen Aufkommens, sagte Laimer. Die Verfahren drehten sich etwa um Soldaten, die von ihren Vorgesetzten beschimpft wurden, und sexistische Beleidigungen. Derzeit befasst sich die Kommission aber auch mit den Beschwerden zweier Soldatinnen, die auf einer Weihnachtsfeier belästigt worden sein sollen.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) begrüßte in einer Stellungnahme die Arbeit der Kommission. Man nehme deren „Optimierungsbzw. Lösungsvorschläge sehr ernst“.
„Offiziere, Unteroffiziere und Chargen streben vermehrt einen Berufswechsel an.“Aus dem Bericht der Bundesheerkommission