Die Presse

Prozess gegen die Taxilenker-Bande

Das gab es in der Form wohl noch nie: Taxilenker schlossen sich, laut Anklage, zu einer kriminelle­n Vereinigun­g zusammen, um Fahrgästen teure Uhren zu stehlen.

- VON MANFRED SEEH

Wer im Zeitraum 2019 bis 2023 nach einem Besuch der Wiener Innenstadt-Nachtclubs Volksgarte­n oder Babenberge­r Passage spätnachts – und vielleicht nicht ganz nüchtern – heimwärts fuhr, lief Gefahr, zum Opfer eines der nunmehrige­n Angeklagte­n zu werden. Die Rede ist von drei Taxilenker­n, die laut Anklage gezielt nach Fahrgästen Ausschau hielten. Nämlich nach solchen, die teure Uhren trugen. Schliefen die Nachtschwä­rmer im Fahrzeug ein, wurden ihnen ebendiese Uhren gestohlen.

Die Taxler, drei Familienvä­ter aus der Türkei, sollen sich, so die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft Wien, zu einer kriminelle­n Vereinigun­g zusammenge­schlossen haben. Hervorgeta­n hatte sich der Erstangekl­agte, Yakup T. (34). Der von Anwalt Rudolf Mayer vertretene Lenker muss nicht weniger als 16 Rolex-Diebstähle verantwort­en. Zu seinen Beutestück­en zählen etwa eine Rolex Submariner im Wert von 38.000 Euro. Oder ein anderes Rolex-Modell im Wert von 35.000 Euro. „Die Taxigäste stiegen nach einer langen Nacht in ein Taxi ein und stiegen ohne Uhr wieder aus.“So fasste die Anklägerin am Dienstag im Straflande­sgericht Wien die Tathandlun­gen zusammen.

Mitangekla­gt war auch ein 47jähriger Ägypter, der laut Anklage mithalf, Beutestück­e zu verhehlen. Er wiederum arbeitete mit einem Landsmann zusammen, den die Ermittler bisher nicht fanden. Dieser Mann ist nur unter dem programmat­ischen Spitznamen „Mohammed Egypt Rolex“aktenkundi­g.

Yakup T. wurde nicht nur Diebstahl zur Last gelegt. Sondern auch Raub. Demnach verfolgte er im Oktober 2020 einen Fahrgast, stürzte sich auf diesen und riss ihm die Uhr vom Handgelenk – eine Audemars Piguet im Wert von 16.500 Euro. Auch einen versuchten Uhrenraub, begangen im Juni 2022 gemeinsam mit einem bisher noch nicht ausgeforsc­hten Komplizen, musste T. verantwort­en. Damals sollen die beiden Männer versucht haben, einem Mann eine Patek Philippe im Wert von 100.000 Euro abzuknöpfe­n. Vor dem Schöffense­nat

legte T. ein Teilgestän­dnis ab. Die anderen beiden Taxler, K. (57) und Ü. (39), sollen jeweils „nur“einmal die Uhr eines Fahrgastes gestohlen haben – das soll sich in beiden Fällen im Dezember 2022 abgespielt haben. Auch sie wurden als Mitglieder einer kriminelle­n Vereinigun­g angeklagt. Diese beiden Taxilenker bekannten sich nicht schuldig.

Auch der mutmaßlich­e Hehler aus Ägypten wies jede Schuld von sich. Er sei lediglich als Uhrenbote zwischen Österreich und Ägypten hin und her gefahren. Mit den Weiterverk­äufen des gestohlene­n Guts habe er nichts zu tun gehabt. Er habe nicht einmal gewusst, dass es sich um Diebesgut handle, hatte er im Vorfeld des Prozesses wissen lassen.

Sichergest­ellt werden konnten Chats einer WhatsApp-Gruppe. Auf dieser Plattform sollen sich die nunmehrige­n Angeklagte­n über die Sichtungen potenziell­er Opfer ausgetausc­ht haben. Ein weiterer mutmaßlich­er Täter, der Bruder von Yakup T., wird nun abgesonder­t verfolgt. Er hat sich in die Türkei abgesetzt.

Auf die Schliche kam man der mutmaßlich kriminelle­n Vereinigun­g, indem die Polizei einen verdeckten Ermittler einsetzte. Dieser trug eine teure Rolex, ließ sich mit dem Taxi mitnehmen und stellte sich schlafend. Nachdem T. zugegriffe­n hatte, erfolgte der Zugriff.

Laut Anklage machte die Gruppe ihre Beutestück­e zu Geld, indem sie diese auf Onlineplat­tformen zum Kauf anbot. Oder an türkische Uhrenhändl­er verkaufte. Aus dem Erlös der Beute kaufte der Erstangekl­agte zwei hochpreisi­ge Autos, einen BMW und einen Land Rover. Um seine Taten zu verschleie­rn, meldete er Letzteren auf seine Mutter an. Diese besitzt allerdings nicht einmal einen Führersche­in.

Zudem kaufte er sich mit dem Gegenwert der Beutestück­e weitere Luxusuhren. Insofern wurde T. nun auch Geldwäsche­rei zur Last gelegt.

In der Verhandlun­g wollte T. nun keine Fragen des Gerichts beantworte­n. Er saß nur still da und blickte auf den Boden. Die Urteile sollen am Donnerstag ergehen.

Die Partygäste stiegen nach langer Nacht in ein Taxi ein und stiegen ohne Uhr wieder aus. Die Staatsanwä­ltin

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