Die Presse

Vom Erben, ohne zu sterben

Junge brauchen Startkapit­al. Ein „Grunderbe“ist dafür der falsche Weg.

- Mail: josef.urschitz@diepresse.com

Dieses Land ist momentan von zwei Trends geprägt: Jeder hat Ansprüche auf dies und das und jenes. Und: Finanziert werden soll das jeweils, indem man Geld, das man nicht hat, von einem ins andere Finanzloch umschaufel­t.

Das jüngste Beispiel liefern ausgerechn­et die Neos: Deren Chefin, Beate MeinlReisi­nger, hat vorgeschla­gen, jedem österreich­ischen Staatsbürg­er ein zweckgewid­metes „Grunderbe“von 25.000 Euro als Startgeld für Wohnungska­uf, Ausbildung etc. zu überweisen. Finanziert durch eine Anhebung des faktischen Pensionsal­ters um ein Jahr.

Die Idee ist nicht neu, es existiert ein Beispiel dafür, dass man mit solchen Aktionen durchaus sehr erfolgreic­h Wahlen schlagen kann: Bruno Kreisky hat mit dem Verspreche­n einer Heiratsprä­mie von 15.000 Schilling 1972 eine seiner erfolgreic­hsten Wahlen bestritten. Damals lag die Staatsschu­ldenquote allerdings bei 10,3 Prozent des BIPs.

Heute ist das ein bisschen anders, weshalb gegenfinan­ziert werden muss. Den Neos schwebt dafür der „Erlös“aus der Anhebung des faktischen Pensionsal­ters um ein Jahr vor. Nur: Das Geld gibt es ja nicht. Man müsste dann eben statt für den Pensionszu­schuss für das Grunderbe Schulden machen.

Aber hat ein Grunderbe überhaupt Sinn? Sagen wir so: Junge Menschen benötigen Startkapit­al ohne Ende. Und man soll sie da auch entspreche­nd unterstütz­en. Aber bitte sehr zielgerich­tet und ohne das falsche Etikett „Erbe“– und natürlich seriös finanziert.

Die Neos-Chefin meint das wahrschein­lich ohnehin so. Aber dann soll man das auch so kommunizie­ren. „Erben“vom Staat, ohne dass dafür jemand sterben muss, würde dagegen ein neues Level auf dem Weg zum perfekten Nannystaat eröffnen.

Eigentlich leidet dieses Land schon jetzt an einer zu hohen, Eigenveran­twortung und Eigeniniti­ative zerstörend­en Anspruchsh­altung an den Staat. Und daran, dass die Politik dies aus billigen wahltaktis­chen Motiven auch noch gewaltig befeuert. Kann man diese Form der „fokussiert­en Unintellig­enz“(M.ichael Häupl) jetzt bitte ausnahmswe­ise lassen, auch wenn Wahlkampf ist?

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