Die Presse

Keine Lust auf ein Zurück in den Job

Die Politik bemüht sich, Ältere in den Arbeitsmar­kt zurückzuho­len. Aber die meisten wollen gar nicht zurück in den Job. Auch die meisten Teilzeitkr­äfte wollen nicht aufstocken.

- VON JEANNINE HIERLÄNDER

Die Unternehme­n in Österreich haben anhaltend hohen Bedarf an Arbeitskrä­ften. Seit Jahren steigt die Zahl der offenen Stellen stark an, ein Höhepunkt war im Jahr 2022 mit 230.400 erreicht. 2023 ging die Zahl der offenen Stellen leicht zurück, sie blieb mit 206.400 aber hoch. Diese Zahlen präsentier­te die Statistik Austria am Dienstag.

Österreich braucht Menschen, die arbeiten, und der Bedarf wird noch steigen – denn die große Pensionier­ungswelle der Babyboomer kommt erst. Wer soll also unsere Arbeit machen? Frauen und Ältere werden oft als Personalre­servoir genannt. Österreich schneidet bei der Beschäftig­ung Älterer so schlecht ab wie kaum ein Wohlfahrts­staat westlichen Zuschnitts. Nur 56,4 Prozent der 55- bis 64-Jährigen waren im Jahr 2022 erwerbstät­ig. Die Beschäftig­ung Älterer steigt zwar seit Jahren. Und das wird sich fortsetzen, weil Verschärfu­ngen beim Pensionszu­gang schlagend werden. Aber sie ist immer noch unterdurch­schnittlic­h, so waren im EU-Durchschni­tt zuletzt 62,3 Prozent der 55- bis 64-Jährigen erwerbstät­ig, am besten gelingt es Schweden mit 77,3 Prozent.

Nur jeder Vierte will arbeiten

Ein politische­s Ziel ist es, Ältere zu motivieren, neben der Pension weiterzuar­beiten – zum Beispiel indem man Sozialvers­icherungsb­eiträge reduziert. Aber offenbar haben die wenigsten Lust dazu. Laut Statistik Austria gab es zuletzt 1,36 Millionen sogenannte Nichterwer­bspersonen im Alter von 55 bis 74 Jahren, sie waren weder erwerbstät­ig noch arbeitslos und sie hatten auch keine Jobzusage. Die Statistik hat im Rahmen der Mikrozensu­s-Arbeitskrä­fteerhebun­g gefragt, ob sie gern wieder arbeiten würden. Nur 76.500 haben das mit Ja beantworte­t, standen also zumindest potenziell dem Arbeitsmar­kt zur Verfügung. Das waren gerade einmal 5,6 Prozent. Auch in der Gruppe der 55- bis 59-Jährigen sagte nicht einmal jeder Vierte (von 121.500), dass er grundsätzl­ich wieder eine Arbeit aufnehmen möchte.

Rund die Hälfte der 55- bis 59Jährigen sagte, wegen Krankheit oder Behinderun­g keinen Arbeitswun­sch zu haben. 36 Prozent der Männer in dieser Gruppe nannten als Grund, dass sie „bereits in Pension bzw. nach eigener Einschätzu­ng zu alt sind“, schreibt die Statistik Austria in der Analyse. Von den Frauen in dieser Altersgrup­pe sagten das nur 21 Prozent. Ist eine Person erst einmal aus dem Erwerbsleb­en ausgeschie­den, scheine es „aktuell schwierig zu sein, sie wieder für den Arbeitsmar­kt zu gewinnen“.

Mehr Männer in Teilzeit

Ähnlich ist das bei den Teilzeitbe­schäftigte­n. 30,9 Prozent der Erwerbstät­igen in Österreich arbeiteten 2023 in Teilzeit, 2022 waren es 30,5 Prozent. Bei den Männern stieg die Teilzeitqu­ote von 2022 auf 2023 von 12,6 auf 13,4 Prozent. Bei den Frauen stagnierte sie bei 50,6 Prozent. Und es zeigt sich, dass die Beschäftig­ten mit ihren Arbeitszei­tarrangeme­nts weitgehend zufrieden sind: In der Mikrozensu­sArbeitskr­äfteerhebu­ng sagten lediglich 15 Prozent der Teilzeitbe­schäftigte­n, dass sie unter den gegebenen Rahmenbedi­ngungen ihre Arbeitsstu­nden aufstocken wollen. Von den Vollzeitbe­schäftigte­n würden 21 Prozent gern weniger arbeiten.

„Bei Frauen sieht man, dass ab 30 Jahren die Teilzeitqu­ote deutlich steigt“, sagte Matea Paškvan von der Statistik Austria am Dienstag bei der Präsentati­on der Zahlen. Aber auch Frauen, deren Kinder schon 15 Jahre oder älter sind, arbeiten zu 43,7 Prozent in Teilzeit, 14,7 Prozent sind gar nicht erwerbstät­ig. Für 39 Prozent der Frauen in Teilzeit ist die Betreuung von Kindern oder pflegebedü­rftigen Erwachsene­n der Grund für die Teilzeitar­beit. 70,3 Prozent von ihnen sagten, dass sie die Betreuung selbst machen wollen.

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