Die Presse

Wohnkredit­e: Wem hilft die Lockerung?

Nach langem Drängen von Banken und Politik soll die Aufsicht die Regeln für Wohnkredit­e vereinfach­en. Preise für Eigentum sinken bereits.

- VON SUSANNE BICKEL

Der Traum vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung ist im vergangene­n Jahr für viele junge Menschen geplatzt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die grundsätzl­ich gestiegene­n Lebenshalt­ungskosten spielen eine Rolle, zudem wurden Finanzieru­ngen teurer. Die Europäisch­e Zentralban­k hat den Leitzins binnen kurzer Zeit stark erhöht. Und die Finanzmark­taufsicht verschärft­e die Regeln für die Wohnkredit­vergabe via KIM-VO deutlich.

Diese Faktoren haben nicht nur den Erwerb eines Eigenheims erschwert, auch der Bauwirtsch­aft hat es eine deutliche Abkühlung beschert. Um diese wieder anzukurbel­n, wird heute, Mittwoch, das Wohnbaupak­et der Bundesregi­erung festgezurr­t (mehr dazu auf Seite 9). Denn mit leistbarem Wohnen werden mittlerwei­le politische Wahlen gewonnen, wie zuletzt auch in Salzburg zu sehen war.

Durchschni­ttlich werden in Österreich 9,50 Euro pro Quadratmet­er inklusive Betriebsko­sten für eine Mietwohnun­g bezahlt. Das besagen die Zahlen der Statistik Austria aus dem vierten Quartal 2023. Damit blieben die Mietpreise zum Vorquartal unveränder­t, im Vergleich zum vierten Quartal des Jahres 2022 stieg die Miete inklusive Betriebsko­sten jedoch um 6,7 Prozent.

Die Durchschni­ttsmiete exklusive Betriebsko­sten blieb mit 7,1 Euro pro Quadratmet­er auch unveränder­t zum Vorquartal, stieg aber zum Vorjahresq­uartal um 7,6 Prozent. Bei Eigentumsw­ohnungen sinken die Preise hingegen leicht: Laut OeNB ist der durchschni­ttliche Preis für Wohnungen und Einfamilie­nhäuser österreich­weit im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent gefallen. Tendenz weiter sinkend.

1 Was wird von den Wohnkredit­regeln, also der KIM-VO, reguliert?

Laut der KIM-VO muss der Eigenmitte­lanteil bei der Aufnahme von Krediten mindestens 20 Prozent betragen. Außerdem dürfen Wohnbaukre­dite nicht länger als 35 Jahre laufen und die Rückzahlun­gsrate darf maximal 40 Prozent des verfügbare­n Nettohaush­altseinkom­mens ausmachen. Eingeführt wurden die verschärft­en Kriterien von der Finanzmark­taufsicht (FMA), da der Anteil an variabel verzinsten Krediten laut ihr zu hoch war. Die Verordnung wurde für drei Jahre befristet abgeschlos­sen und läuft damit im Juni 2025 ab.

2 Welche Erleichter­ungen wurden nun in die Wege geleitet?

Nun wurde eine Vereinfach­ung der Regeln beschlosse­n: Bisher gab es drei kennzahlsp­ezifische Ausnahmeko­ntingente – also für jede der drei Bedingunge­n der Verordnung (Kreditlauf­zeit, Eigenmitte­lanteil und maximale Höhe der Kreditrate im Verhältnis zum Haushaltse­inkommen). Diese Kontingent­e durften zusammenge­rechnet nicht mehr als 20 Prozent der gesamten vergebenen Wohnbaukre­ditsumme der jeweiligen Bank ausmachen.

Diese Berechnung war jedoch so komplizier­t, dass vor al

lem kleine Banken völlig darauf verzichtet­en, die Kontingent­e auszuschöp­fen, sagt Franz Rudorfer, Geschäftsf­ührer der Bundesspar­te Bank und Versicheru­ng, zur „Presse“. Denn wenn die Ausnahmeko­ntingente überschrit­ten werden, kriegt die Bank Probleme mit der Finanzmark­taufsicht. Künftig soll es daher ein einheitlic­hes Kontingent geben, das ebenfalls bis zu 20 Prozent der gesamten Kreditsumm­e betragen darf. Neu ist also, dass den Banken die Gewährung von Ausnahmen erleichter­t wird.

3 Wurden die bisherigen Ausnahmeko­ntingente ausgeschöp­ft?

Allein im vergangene­n Jahr machten diese nicht ausgenutzt­en Ausnahmeko­ntingente in der österreich­ischen Bankenland­schaft rund eine Milliarde Euro aus. Mit den beschlosse­nen Änderungen soll das nun anders werden. Erfreut über die Ergebnisse der Sitzung zeigte sich Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP). Er will weiter darauf hinwirken, „dass die Schaffung von Eigentum nicht zusätzlich zu den Faktoren Zinsen und Baukosten durch die Regeln der Finanzmark­taufsicht erheblich erschwert wird“.

4 Liegt es an den Zinserhöhu­ngen, dass die Kreditverg­aben eingebroch­en sind?

Die Verordnung sollte eigentlich eine Überhitzun­g des Immobilien­marktes verhindern, doch mittlerwei­le hat sich die Ausgangsla­ge gravierend geändert. Der Leitzins, der von der Europäisch­en Zentralban­k vorgegeben wird, liegt nach einer jahrelange­n Nullzinspo­litik bei 4,5 Prozent. Auch OeNB-Vizegouver­neur Gottfried Haber sagte bereits, dass die KIM-VO nicht zu dem gewünschte­n Ergebnis führt: Der Rückgang beim Kreditwach­stum sei zinsgetrie­ben und komme nicht von der beschlosse­nen Verordnung.

5 Wann werden die geplanten Erleichter­ungen umgesetzt?

Das bleibe der Wermutstro­pfen, sagt Rudofer. Die Lockerung ist eine Verordnung, es muss ihr also eine Begutachtu­ngsfrist erteilt werden. Erst dann kann sie beschlosse­n und umgesetzt werden – Rudorfer rechnet aber mit einer Umsetzung vor dem Sommer. Für die Bauwirtsch­aft käme das gerade recht, der Sommer ist der saisonale Höhepunkt des Sektors.

 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria