Die Presse

Sein Wohnzimmer gleicht einer Kristallwe­lt

Stefan Kraft gewann zum dritten Mal den Gesamtwelt­cup. Die Zahl 53 ringt ihm aber noch Respekt ab.

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Im Augenblick des Triumphes fällt bei jedem Sportler augenblick­lich die größte Last ab. Dann steht fest, dass man richtig gearbeitet und die Konkurrenz hinter sich gelassen hat. Das ewige Tüfteln am Material war gerechtfer­tigt, schlagarti­g sind die auch wirklich letzten Selbstzwei­fel verflogen. Man freut sich auf rauschende Feste, genießt den Augenblick, den nahen Urlaub. Geht es nach Stefan Kraft, Österreich­s bestem Skispringe­r (der Gegenwart), hat in diesem Winter alles gepasst. Dreizehn Saisonsieg­e – nur der Slowene Peter Prevc schaffte 2016 mit 15 mehr in einem Winter – stehen zu Buche, dotiert mit stolzen 370.383 Euro (brutto).

Das Gold der Skiflug-WM am Kulm hängt in seiner Vitrine, jetzt steht ab diesem Wochenende die dritte Kristallku­gel als Weltcupges­amtsieger in seinem Wohnzimmer, der Pongauer hat damit bis auf Olympia-Einzel alles gewonnen, was seine Sparte anzubieten hat. Er wurde Weltmeiste­r, gewann die Tournee, hat 43 Siege gelandet und hält mit 253,5 Metern auch den Skiflug-Weltrekord. Kraft, 30, schwelgt im Glück – und will noch mehr.

Skispringe­n sei sein „Lebensinha­lt“, das Finden von Abstimmung, Fluggefühl und Vision das höchste Gut. Auch wenn man es nicht immer in plakative Worte fassen kann, sieht man die Freude, die mitspringt, spürt man das Verlangen, das keine Grenzen kennt. Und er merkt sich das Erlebte, sammelt Eindrücke, um sie in der Zukunft zu verwerten. Wetten, dass Kraft auch bei der WM 2025 in Trondheim, wo er jetzt einem ÖSV-Vierfachsi­eg angeführt hat, wieder um den Titel springen wird?

Vergleich mit Schlierenz­auer

Natürlich, 43 Siege glänzen und sind auch beeindruck­end, weil Kapazunder des Bakkens wie Adam Malysz jetzt hinter ihm und voran nur noch Matti Nykänen (46) und Gregor Schlierenz­auer (53) liegen. „Zehn Siege fehlen noch“, rechnet der Pongauer vor und weiß, dass der Tiroler fürwahr Großes geschafft hat. „Zehn Siege klingt nimmer nach viel, sind aber brutal viel. Du kannst perfekt springen und nur einen Sieg holen. Das liegt ganz nah beieinande­r.“Damit zu rechnen, wäre falsch, daraufhin zu arbeiten bleibt der einzige Antrieb.

Kraft, der den Finnen Janne Ahonen als „Idol“nennt, strahlt. Wer ihn in Bad Mitterndor­f auf dem WM-Podest gesehen hat, versteht auch, dass er Erfolge und Begegnunge­n zu schätzen versteht. Darum ist ihm die Familie, seine Frau und das Leben in der Heimat so wichtig. Siege sind keinesfall­s selbstvers­tändlich, sondern Folge harter Arbeit und vieler Gespräche mit Cheftraine­r Andreas Widhölzl, unter dessen Regie Kraft aufblüht. Da gelingt es, Rückenschm­erzen oder negative Einflüsse auszublend­en, er „schiebt sie weg“und ist sich darob sicher, dass er „noch ein paar Jahre weitermach­en“könne. Die Ziele? Gold, nach Wunsch schon 2026 bei den Spielen in Mailand und Cortina. Wenn nicht, kann es beim Finale 2030 gelingen, sofern keine kapitale Regeländer­ung alles über den Haufen wirft. Wobei, das ist im Skisprungs­port Usus. Über allem schwebt die magische Siegesanza­hl 53.

Seit einem Jahrzehnt war Kraft nur einmal nicht in den Top Ten des Gesamtwelt­cups. Das ist nicht nur Talent allein, sondern System, Beweis des besten Umfeldes und des – saisonal – optimalste­n Materials. Womit Widhölzls Erfolg im Nationencu­p erklärt ist. Dass „Swider“seinen Job behält, versteht sich von selbst. Im Augenblick des Erfolges fällt auch die Last mancher Personalen­tscheidung weg.

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[APA] Stefan Kraft ist in Feierlaune.

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