Die Presse

Schräges Doppel: West trifft Ost

Eine Wiener Galerie führt zwei Große der Konzeptkun­st zueinander: Franz West und Stano Filko. Eine posthume Begegnung von Ost (Bratislava) und West (Wien).

- VON ALMUTH SPIEGLER Bis 23.3., Singerstr. 27, Wien 1. Mi.–Fr. 12–18h, Sa. 12–16h.

Klingt eigentlich nach einer großen Freundscha­ft: Stano Filko und Franz West, die beiden wichtigste­n, aber auch schrägsten Konzeptkun­st-Einzelgäng­er ihrer Länder, der Slowakei und Österreich­s. Beide dachten sie in Räumen, mochten das Spiel mit der Sprache, mit dem Fotokopier­er, mit einer Optik des Gebastelte­n, Unvollende­ten. Außerdem gehörten sie derselben Generation an, Filko, geboren 1937, war nur zehn Jahre älter als sein Wiener Kollege, dessen Atelier doch nur 80 Kilometer weit von seinem bei Bratislava lag. Und doch, es lagen Welten zwischen ihnen. Man weiß nicht einmal, ob die beiden sich persönlich kannten.

Als Stano Filko 2015 starb, hatte man gerade erst begonnen, das Werk dieses sich auch als wunderlich­en Außenseite­r Inszeniere­nden internatio­nal zu entdecken, während Franz West bei seinem Tod 2012 einer der großen internatio­nalen Stars der Gegenwarts­kunst war. Er hatte einen freien Markt zur Verfügung, die Wiener Schule der Philosophi­e und der Psychoanal­yse, mit denen er seine Werke, seine Pappmaché-Objekte und seine ObjektSess­el auflud. Er hatte eine andere weltweite Lobby als Filkos verschrobe­ner Sci-FiBuddhism­us mit seinen farblich abgestufte­n Seins-Chakren.

Spielt West mit unserem Unbewusste­n, spielt Filko mit unserem Hang zur Utopie, zur eskapistis­chen Weltflucht, die er und viele seiner Künstlerko­llegen aus dem Osten im Kommunismu­s entwickelt­en. Führt also West in unser Inneres, will Filko uns über dieses hinaus führen.

Indiskrete Einblicke ins Unbewusste

Es ist deshalb ein kleines Sinnbild für das Doppel dieser zwei Künstler, das Galerist Emanuel Layr in seinen Räumlichke­iten im ersten Wiener Bezirk arrangiert hat, wenn er eine bunte Leiter von Filko hinter einen weißen, organisch geschwunge­nen Paravent von West stellt. Indiskret fast – stiege man hier hinauf, könnte man tiefe Einblicke bekommen. Allerdings, es fehlt die Chaiselong­ue, die West hier gedacht hatte.

Es ist nicht zufällig, dass sich mit Layr ein Wiener Galerist in den vergangene­n Jahren um die Vermehrung von Filkos Ruhm kümmerte; er konnte dessen Arbeiten in bedeutende­n internatio­nalen Museen platzieren. 2026 werde das Mumok Filko eine große Einzelscha­u auf vier Stockwerke­n ausrichten, erzählt er. Eine solche hat bisher gefehlt, man verhandle gerade weitere Stationen.

Auch in das Werk von West ist seit Dezember wieder Bewegung gekommen, jahrelang stagnierte diese wegen des Erbstreits, der jetzt zugunsten der Franz-West-Privatstif­tung entschiede­n wurde („Die Presse“berichtete). So kommen endlich wieder wichtige Werke auf den Markt. Auch Layr bekam welche für diese Ausstellun­g, um die Verbindung­en wie Gegensätze der beiden Künstler zu zeigen. Neben dem Paravent die Installati­on „Pièce pour 6 étudiants“von 1995, Kugeln und Monolithe in schwarz und weiß stehen dabei auf dementspre­chenden Sockeln oder umgekehrt; in die jeweiligen Unterbaute­n sind nützliche Dinge eingebaut, ein Katzenklo etwa (mit Streu!), Bücherrega­le oder eine leere Rotweinfla­sche.

Das zentrale Werk von Filko ist eine blaue Rauminstal­lation mit Fenstern oder Durchlässe­n in Raketenfor­m und mit einem Spiegelbod­en. Darin ein Sessel, auf den man sich setzen kann: DNA steht in Rot darauf. Rot steht in Filkos Farb-Ikonografi­e für die Körperlich­keit, die Existenz. Blau für den Kosmos. Auf seiner eigenen Beschaffen­heit sitzend, kann man sich in dem Kabinett also wegschieße­n in eine andere Dimension. Gedanklich kann man es zumindest versuchen.

 ?? [kunst-dokumentat­ion.com/Manuel] ?? Filko liebte Raketen: Raum „Cosmosoute­rspaceuniv­ers“, 2005.
[kunst-dokumentat­ion.com/Manuel] Filko liebte Raketen: Raum „Cosmosoute­rspaceuniv­ers“, 2005.

Newspapers in German

Newspapers from Austria