Nur Mozarts Veilchen kam nicht ins Blühen
Das Quatuor Ébène mit Mozart, Schnittke und Grieg im Konzerthaus: eigenwillig bis brillant.
Seit 25 Jahren besteht das Quatuor Ébène. Seit Frühling spielt Yuya Okamoto statt Raphael Merlin den Cellopart. Wüsste man es nicht, würde man es nicht bemerken, so selbstverständlich wie selbstbewusst hat er sich eingefügt und mit dem sehr spezifischen Stil dieses exzellenten Quartetts vertraut gemacht. Auch bei Mozart, dessen Veilchen-Quartett den Abend im Mozartsaal eröffnete. Sie spielten es zwar bis ins letzte Detail subtil aufeinander abgestimmt, aber ebenso eigenwillig in Phrasierung, Artikulation und Dynamik. Das berührende Melos des langsamen Satzes, dem dieses Quartett seinen Namen verdankt, konnte sich kaum entfalten, sein Zauber blieb weitgehend unentdeckt. Mozart hat man von diesen Musikern schon inspirierter in Erinnerung.
Scharfsinn bei Schnittke
Mit Schnittkes Streichquartett Nr. 3 konnte das Quatuor Ebène, das immerhin György Kurtág zu seinen Lehrern zählen durfte, schon mehr anfangen. Inspiriert ist dieses Opus durch Zitate von Orlando di Lasso, Beethoven und den Initialen von Dmitri Schostakowitsch (d-es-c-h). Interpreten können hier nicht nur ihrem analytischen Scharfsinn ausgiebig frönen, sondern auch zeigen, was sie alles technisch draufhaben. Die vorzüglichen Streicher ließen sich da nicht lange bitten. Sie verführten mit ihren weiten klanglichen Möglichkeiten, ihrer rhythmischen Verve, ihrem zündenden Elan, der Noblesse ihrer Artikulation.
Auch Grieg ist ihre Welt. Das zeigten sie mit dessen g-Moll-Streichquartett Opus 27. Mit seinem Changieren zwischen orchestraler Fülle, subtilem Zwiegespräch und mitreißender Brillanz stellt es ebenso hohe musikalische wie technische Anforderungen. Die Interpretation bestach durch höchste Transparenz, ansteckende Spielfreude und einem besonderen Gespür für Pointen. So modellierten die Vier mit geradezu verschmitztem Lächeln den subtil eingeblendeten „Walkürenritt“-Anklang im dritten Satz heraus. Virtuoser und dramaturgisch effektvoller kann man sich das Saltarello-Finale kaum vorstellen. Entsprechend war der Jubel. Da hatte man das Mozart-Missverständnis zu Beginn dieses Abends längst vergessen, zumindest verdrängt.