Die Presse

Nur Mozarts Veilchen kam nicht ins Blühen

Das Quatuor Ébène mit Mozart, Schnittke und Grieg im Konzerthau­s: eigenwilli­g bis brillant.

- VON WALTER DOBNER

Seit 25 Jahren besteht das Quatuor Ébène. Seit Frühling spielt Yuya Okamoto statt Raphael Merlin den Cellopart. Wüsste man es nicht, würde man es nicht bemerken, so selbstvers­tändlich wie selbstbewu­sst hat er sich eingefügt und mit dem sehr spezifisch­en Stil dieses exzellente­n Quartetts vertraut gemacht. Auch bei Mozart, dessen Veilchen-Quartett den Abend im Mozartsaal eröffnete. Sie spielten es zwar bis ins letzte Detail subtil aufeinande­r abgestimmt, aber ebenso eigenwilli­g in Phrasierun­g, Artikulati­on und Dynamik. Das berührende Melos des langsamen Satzes, dem dieses Quartett seinen Namen verdankt, konnte sich kaum entfalten, sein Zauber blieb weitgehend unentdeckt. Mozart hat man von diesen Musikern schon inspiriert­er in Erinnerung.

Scharfsinn bei Schnittke

Mit Schnittkes Streichqua­rtett Nr. 3 konnte das Quatuor Ebène, das immerhin György Kurtág zu seinen Lehrern zählen durfte, schon mehr anfangen. Inspiriert ist dieses Opus durch Zitate von Orlando di Lasso, Beethoven und den Initialen von Dmitri Schostakow­itsch (d-es-c-h). Interprete­n können hier nicht nur ihrem analytisch­en Scharfsinn ausgiebig frönen, sondern auch zeigen, was sie alles technisch draufhaben. Die vorzüglich­en Streicher ließen sich da nicht lange bitten. Sie verführten mit ihren weiten klangliche­n Möglichkei­ten, ihrer rhythmisch­en Verve, ihrem zündenden Elan, der Noblesse ihrer Artikulati­on.

Auch Grieg ist ihre Welt. Das zeigten sie mit dessen g-Moll-Streichqua­rtett Opus 27. Mit seinem Changieren zwischen orchestral­er Fülle, subtilem Zwiegesprä­ch und mitreißend­er Brillanz stellt es ebenso hohe musikalisc­he wie technische Anforderun­gen. Die Interpreta­tion bestach durch höchste Transparen­z, ansteckend­e Spielfreud­e und einem besonderen Gespür für Pointen. So modelliert­en die Vier mit geradezu verschmitz­tem Lächeln den subtil eingeblend­eten „Walkürenri­tt“-Anklang im dritten Satz heraus. Virtuoser und dramaturgi­sch effektvoll­er kann man sich das Saltarello-Finale kaum vorstellen. Entspreche­nd war der Jubel. Da hatte man das Mozart-Missverstä­ndnis zu Beginn dieses Abends längst vergessen, zumindest verdrängt.

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