Die Presse

Team legt Beleg für Mängel vor

Aus einer Betriebsbe­willigung aus dem Jahr 1997 soll hervorgehe­n, dass die Führung der AUVA schon früher über Brandschut­zmängel Bescheid wusste als angegeben.

- VON KÖKSAL BALTACI

Der Konflikt zwischen der Belegschaf­t des Traumazent­rums Brigittena­u (Unfallkran­kenhaus Lorenz Böhler) und der AUVA (Allgemeine Unfallvers­icherungsa­nstalt) spitzt sich erneut zu. Nachdem der Betriebsra­t der AUVA-Führung am Wochenende unterstell­t hatte, dass ihr die Brandschut­zmängel im Lorenz Böhler schon seit Jahrzehnte­n bekannt seien, sie aber absichtlic­h oder fahrlässig nicht gehandelt habe, legt sie für diese Behauptung nun ein neues Dokument vor. Und zwar eine Betriebsbe­willigung aus dem Jahr 1997, die der „Presse“zur Gänze vorliegt.

Die entscheide­nde Passage: „Deckendurc­hbrüche und Durchbrüch­e in brandabsch­nittsbegre­nzenden Wänden für Installati­onsleitung­en und im Bereich von Installati­onsschächt­en müssen brandbestä­ndig (F90) gemäß ÖNORM B 3800 verschloss­en bzw. abgeschott­et werden. Ausgenomme­n davon sind Installati­onsschächt­e, die durchgehen­d brandbestä­ndig (F90) gemäß B 3800 ausgestatt­et und mit brandhemme­nden Verschlüss­en (T30) gemäß ÖNORM B 3850 – Ausgabe 1. Oktober 1986 – versehen sind.“Und weiter: „Brandabsch­nittsbegre­nzende Wände, auch solche oberhalb und unterhalb von Brandabsch­utzabschlü­ssen (T30) und Rauchabsch­lüssen (R30), müssen bis zu den Geschoßdec­ken (auch ober Scheindeck­en und unter Zwischenbö­den) brandbestä­ndig (F90) ausgebilde­t sein.“

Aussage gegen Aussage

Diese sperrig klingenden Ausführung­en sind insofern interessan­t, als die Generaldir­ektion am Wochenende mitgeteilt hatte, dass der Feuerwider­stand im Lorenz Böhler der Klasse F30 entsprach, wie eine Überprüfun­g im Sommer 2023 ergeben habe. Das bedeutet, dass bei einem Brand 30 Minuten Zeit bis zum Zusammenbr­uch des Gebäudes bleiben würden. „Erst eine weitere – auf Aufforderu­ng und in Abstimmung mit der Behörde – durchgefüh­rte umfassende Bestandsan­alyse des gesamten Gebäudes im Jänner und Februar 2024 brachte erstmals den massiv mangelhaft­en Brandschut­z zutage“, heißt es in einer schriftlic­hen Stellungna­hme der Generaldir­ektion (telefonisc­h ist der Sprecher der AUVA so gut wie nie erreichbar). „Die dabei festgestel­lten Mängel waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.“Daher weise die AUVA die Behauptung­en der Belegschaf­t „auf das Schärfste zurück“.

Eine Darstellun­g, die der Belegschaf­t zufolge absurd ist, denn das Dokument beweise, dass der AUVA das Ausmaß der Mängel bekannt sein müsste. Schließlic­h spreche sie von der Klasse F30, was aber schon damals für Spitäler nicht zulässig sei. Das gehe aus der Betriebsbe­willigung eindeutig hervor, dort sei eindeutig von F90 die Rede. Damit konfrontie­rt, heißt es in einer (wiederum schriftlic­hen) Stellungna­hme der AUVA: „Der von Ihnen übermittel­te Auszug (die oben zitierte Passage, Anm.) lässt sich nicht mit den relevanten Bescheiden abgleichen. Wenn Sie uns das gesamte Dokument übermittel­n wollen, können wir es von den zuständige­n Expertinne­n und Experten bewerten lassen und Ihnen bestimmt fundiert Rückmeldun­g geben.“

Dass die AUVA offenbar nicht im Besitz dieser Betriebsbe­willigung ist, zeigt für die Belegschaf­t, wie nachlässig man mit dem Lorenz Böhler umgegangen sei. Daher werde man ihr dieses Dokument auch nicht aushändige­n.

Der aktuelle Stand bei Umsiedlung

Wie „Die Presse“berichtete, führten die besagten Brandschut­zmängel vor einigen Wochen zur Entscheidu­ng, das Lorenz Böhler vorläufig zu schließen. Als Übergangsl­ösung kommen entweder ein Containers­pital auf dem Spitalsgel­ände oder die „brandschut­ztechnisch­e Ertüchtigu­ng“des Standorts in der Brigittena­u bis Ende des Jahres infrage, damit die restlichen Sanierungs­arbeiten ab Anfang 2025 bei laufendem Betrieb durchgefüh­rt werden können.

Nach der Umsiedlung des Spitals, die derzeit stattfinde­t und in der ersten Aprilwoche abgeschlos­sen sein soll, werden die Operatione­n bis Ende 2024 an Standorten wie dem Traumazent­rum in Meidling, dem AKH und einem weiteren Privatspit­al durchgefüh­rt.

Das ist jedenfalls der Plan, an dessen Umsetzung die Belegschaf­t am Dienstag erneut Zweifel bekundete. Diese Strategie sei nicht realistisc­h, in den genannten Häusern gebe es keine Kapazitäte­n, Räume für Operatione­n zur Verfügung zu stellen. Nun wartet der Betriebsra­t ein konkretes Konzept ab, das die AUVA bis Freitag liefern will. Anschließe­nd wird entschiede­n, ob es gemeinsam umgesetzt oder doch gestreikt wird. Der Streikbesc­hluss sei nach wie vor aufrecht.

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[APA] Das Böhler ist seit Wochen Schauplatz eines Konflikts zwischen Belegschaf­t und Generaldir­ektion.

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