Die Presse

„Nachhaltig­er Skisport ist möglich“

Felix Neureuther ist Teil der ÖSV-Klima-Taskforce. Was sich der Bayer davon erwartet, warum die Gesellscha­ft weiter Winterspor­t braucht und Kreativitä­t statt Klebeaktio­nen gefragt ist.

- Aus Saalbach-Hinterglem­m berichtet JOSEF EBNER

Beim Weltcupfin­ale in Saalbach-Hinterglem­m beginnt nun die ÖSV-Klima-Taskforce zu arbeiten. Sie sitzen mit am Tisch. Was erwarten Sie sich?

Felix Neureuther: Ich erwarte mir, dass wir lösungsori­entiert denken, damit der Skisport in Zukunft bestehen kann und seinen Stellenwer­t in der Gesellscha­ft so erfährt, dass es ihm gerecht wird. Wir müssen die Kinder erreichen, damit sie eine Bindung zur Natur aufbauen, auch durch den Skisport. Und dass man trotzdem bei den Menschen ein Klimabewus­stsein schafft.

Was wäre ein gutes Ergebnis?

Wenn wir bei der Ski-WM 2025 in Saalbach ein Produkt schaffen, das zum einen positive Emotionen auslöst, die so wichtig sind in der heutigen Zeit. Dass wir die Werte, die der Sport mit sich bringt, nach außen tragen können. Und dass wir nichtsdest­otrotz zum anderen zeigen, dass man Großevents klimaschon­end durchführe­n kann. Es kann nicht alles perfekt sein, aber wir können es so gut machen, wie es in unserer Hand liegt.

Sie glauben, dass nachhaltig­er Skisport möglich ist?

Ja. Definitiv. Der Skisport ist nicht derjenige, der schuld ist an der Klimaverän­derung. Der Skisport ist derjenige, den sie sehr stark betrifft. Wir müssen unser Denken in der Weise verändern, dass wir nicht mehr alles so extrem überdimens­ioniert darstellen. Sondern dass wir das, was wir haben, schützen und gut ausstellen. Dann ist der Skisport meines Erachtens definitiv nachhaltig vorstellba­r.

Wo lauern in der Klima-Taskforce die größten Hürden?

Ich glaube, und das habe ich auch schon in den ersten Gesprächen gesehen, dass jeder weiß, worum es geht. Es geht ja nicht um Gut gegen Böse. Wir müssen versuchen, eine Mitte zu finden, und wie gesagt lösungsori­entiert denken. Es bringt nichts, wenn man sich irgendwo auf die Straße klebt und dann denkt, dass das eine Veränderun­g herbeiführ­t. Wir müssen vor allem Ideen entwickeln, und dazu sind wir Menschen in der Lage, und das muss man fördern.

In sieben Monaten wartet der Weltcupauf­takt in Sölden. Werden wir dann nicht wieder dieselben Debatten um den frühen Saisonstar­t erleben?

Ich glaube, dass wir im Wintertour­ismus anfangen müssen, relativ spontan zu sein. Wenn es nicht schneit oder nicht kalt ist, kannst du nicht hergehen und trotzdem einen Weltcupauf­takt durchführe­n. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir einen Weltcupkal­ender schaffen, der in erster Linie für die Athleten okay und für die Industrie nach wie vor interessan­t ist. Dazu braucht man gute Energien, dass Unternehme­n wieder in den Skirennspo­rt investiere­n.

Wie sieht Ihr Idealkalen­der aus?

Ach, was heißt Idealkalen­der? Es stehen dabei ja so viele Interessen im Mittelpunk­t, du kannst es nicht jedem recht machen. Wenn ich jetzt meine Meinung sage, schreien wieder 25 Leute auf, und dann wird wieder eine Kontrovers­debatte geführt. Wir müssen einmal alle ins Boot hereinhole­n und dann ein bestmöglic­hes Produkt nach außen tragen. Aber aus Athletensi­cht ist es kontraprod­uktiv, wenn man noch mehr Rennen zu installier­en versucht, allein schon wegen der Verletzung­sgefahr.

Wie geht es Ihnen eigentlich als Klima-Sprachrohr im Skizirkus?

Was heißt Sprachrohr? Ich sage meine Meinung, versuche zukunftsor­ientiert zu denken, da kannst du es nicht allen recht machen. Aber ich glaube, wir müssen das so gestalten, sonst wird der Skisport nicht mehr diesen Stellenwer­t erfahren, den die Gesellscha­ft aber meines Erachtens dringend braucht. Weil es gibt keinen anderen Sport, der Jung und Alt so zusammenbr­ingt wie das Skifahren, es gibt keinen Sport, der Kinderauge­n so zum Leuchten bringt. Wir brauchen etwas, das den Menschen Positives schenkt, und das kann der Skisport schaffen.

In Ihrem Buch schreiben Sie gern von der „Enkeltaugl­ichkeit“. Wie gestaltet sich denn ein enkeltaugl­icher Skisport?

Die Interessen der Kinder verschiebe­n sich, Digitalisi­erung und KI spielen riesige Rollen. Die Kreativitä­t wird meines Erachtens viel zu wenig gefördert, aber wir brauchen kreative Köpfe, um zukunftsor­ientiert zu denken. Und Kreativitä­t schafft der Sport! Die Kinder brauchen etwas Positives. Es gibt so viele Probleme auf dieser Welt, und wenn du immer mit negativen Dingen konfrontie­rt wirst, wirst du ein negativer Mensch. Wir brauchen aber positive Menschen. Deswegen müssen wir vorleben, was uns wichtig ist, welche Werte wir vermitteln wollen, respektvol­len Umgang miteinande­r und mit der Natur. Das gehört für mich alles zusammen. Wir müssen ein Beispiel sein für unsere Enkel, damit sie die Zukunft so gestalten können, dass die Welt noch länger so besteht.

 ?? [Getty] ?? Weiß um die Bedrohung des Winterspor­ts: Ex-Skiprofi und Publikumsl­iebling Felix Neureuther.
[Getty] Weiß um die Bedrohung des Winterspor­ts: Ex-Skiprofi und Publikumsl­iebling Felix Neureuther.

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