„Nachhaltiger Skisport ist möglich“
Felix Neureuther ist Teil der ÖSV-Klima-Taskforce. Was sich der Bayer davon erwartet, warum die Gesellschaft weiter Wintersport braucht und Kreativität statt Klebeaktionen gefragt ist.
Beim Weltcupfinale in Saalbach-Hinterglemm beginnt nun die ÖSV-Klima-Taskforce zu arbeiten. Sie sitzen mit am Tisch. Was erwarten Sie sich?
Felix Neureuther: Ich erwarte mir, dass wir lösungsorientiert denken, damit der Skisport in Zukunft bestehen kann und seinen Stellenwert in der Gesellschaft so erfährt, dass es ihm gerecht wird. Wir müssen die Kinder erreichen, damit sie eine Bindung zur Natur aufbauen, auch durch den Skisport. Und dass man trotzdem bei den Menschen ein Klimabewusstsein schafft.
Was wäre ein gutes Ergebnis?
Wenn wir bei der Ski-WM 2025 in Saalbach ein Produkt schaffen, das zum einen positive Emotionen auslöst, die so wichtig sind in der heutigen Zeit. Dass wir die Werte, die der Sport mit sich bringt, nach außen tragen können. Und dass wir nichtsdestotrotz zum anderen zeigen, dass man Großevents klimaschonend durchführen kann. Es kann nicht alles perfekt sein, aber wir können es so gut machen, wie es in unserer Hand liegt.
Sie glauben, dass nachhaltiger Skisport möglich ist?
Ja. Definitiv. Der Skisport ist nicht derjenige, der schuld ist an der Klimaveränderung. Der Skisport ist derjenige, den sie sehr stark betrifft. Wir müssen unser Denken in der Weise verändern, dass wir nicht mehr alles so extrem überdimensioniert darstellen. Sondern dass wir das, was wir haben, schützen und gut ausstellen. Dann ist der Skisport meines Erachtens definitiv nachhaltig vorstellbar.
Wo lauern in der Klima-Taskforce die größten Hürden?
Ich glaube, und das habe ich auch schon in den ersten Gesprächen gesehen, dass jeder weiß, worum es geht. Es geht ja nicht um Gut gegen Böse. Wir müssen versuchen, eine Mitte zu finden, und wie gesagt lösungsorientiert denken. Es bringt nichts, wenn man sich irgendwo auf die Straße klebt und dann denkt, dass das eine Veränderung herbeiführt. Wir müssen vor allem Ideen entwickeln, und dazu sind wir Menschen in der Lage, und das muss man fördern.
In sieben Monaten wartet der Weltcupauftakt in Sölden. Werden wir dann nicht wieder dieselben Debatten um den frühen Saisonstart erleben?
Ich glaube, dass wir im Wintertourismus anfangen müssen, relativ spontan zu sein. Wenn es nicht schneit oder nicht kalt ist, kannst du nicht hergehen und trotzdem einen Weltcupauftakt durchführen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir einen Weltcupkalender schaffen, der in erster Linie für die Athleten okay und für die Industrie nach wie vor interessant ist. Dazu braucht man gute Energien, dass Unternehmen wieder in den Skirennsport investieren.
Wie sieht Ihr Idealkalender aus?
Ach, was heißt Idealkalender? Es stehen dabei ja so viele Interessen im Mittelpunkt, du kannst es nicht jedem recht machen. Wenn ich jetzt meine Meinung sage, schreien wieder 25 Leute auf, und dann wird wieder eine Kontroversdebatte geführt. Wir müssen einmal alle ins Boot hereinholen und dann ein bestmögliches Produkt nach außen tragen. Aber aus Athletensicht ist es kontraproduktiv, wenn man noch mehr Rennen zu installieren versucht, allein schon wegen der Verletzungsgefahr.
Wie geht es Ihnen eigentlich als Klima-Sprachrohr im Skizirkus?
Was heißt Sprachrohr? Ich sage meine Meinung, versuche zukunftsorientiert zu denken, da kannst du es nicht allen recht machen. Aber ich glaube, wir müssen das so gestalten, sonst wird der Skisport nicht mehr diesen Stellenwert erfahren, den die Gesellschaft aber meines Erachtens dringend braucht. Weil es gibt keinen anderen Sport, der Jung und Alt so zusammenbringt wie das Skifahren, es gibt keinen Sport, der Kinderaugen so zum Leuchten bringt. Wir brauchen etwas, das den Menschen Positives schenkt, und das kann der Skisport schaffen.
In Ihrem Buch schreiben Sie gern von der „Enkeltauglichkeit“. Wie gestaltet sich denn ein enkeltauglicher Skisport?
Die Interessen der Kinder verschieben sich, Digitalisierung und KI spielen riesige Rollen. Die Kreativität wird meines Erachtens viel zu wenig gefördert, aber wir brauchen kreative Köpfe, um zukunftsorientiert zu denken. Und Kreativität schafft der Sport! Die Kinder brauchen etwas Positives. Es gibt so viele Probleme auf dieser Welt, und wenn du immer mit negativen Dingen konfrontiert wirst, wirst du ein negativer Mensch. Wir brauchen aber positive Menschen. Deswegen müssen wir vorleben, was uns wichtig ist, welche Werte wir vermitteln wollen, respektvollen Umgang miteinander und mit der Natur. Das gehört für mich alles zusammen. Wir müssen ein Beispiel sein für unsere Enkel, damit sie die Zukunft so gestalten können, dass die Welt noch länger so besteht.