Das Preispendel schwingt zurück
Immer mehr Unternehmen drehen die Preisschraube wieder nach unten. Der Möbelriese Ikea hat dabei besonders ambitionierte Pläne.
Die Teuerungswelle der vergangenen beiden Jahre hat tiefe Spuren in der heimischen Handelslandschaft hinterlassen, die die Kostensteigerungen nur bis zu einem bestimmten Grad weitergeben konnte. Einbrechende Gewinne und eine bisher unvergleichliche Lawine an Pleiten war die Folge. Das Schlimmste scheint nun aber überstanden. Energie- und Erzeugerpreise gehen wieder zurück, auch die Probleme im Roten Meer belasten die Lieferketten deutlich weniger als tagelange Schiffstaus und ausartende Containerpreise infolge der Coronakrise.
Obwohl die Teuerungsrate mit zuletzt 4,3 Prozent noch deutlich über dem Euro-Schnitt liegt, pendelt sich der Inflationswert langsam auf ein gemäßigtes Niveau ein. Immer mehr große Handelskonzerne posaunen in ihren Flugblättern sogar hinaus, dass sie die Preise vieler Produkte wieder senken. Großzügig inszeniert man sich als Anwalt der Konsumentinnen und Konsumenten, für die man sogar auf etwas Gewinnmarge verzichtet.
Tatsächlich kostet der überwiegende Teil der Sortimente aber immer noch deutlich mehr als vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Im Lebensmittelhandel beträgt das Plus laut offizieller Statistik rund 25 Prozent, im Möbelhandel sind es mehr als 20 Prozent plus. Ausgerechnet in diesen beiden hoch konzentrierten und von wenigen Marktteilnehmern dominierten Branchen sind die Ankündigungen von Preissenkungen am lautesten.
Ikea schickt Preise auf Talfahrt
Am Mittwoch lud der schwedische Einrichtungsriese Ikea eigens zur Pressekonferenz, um seine neue Preispolitik vorzustellen. 6300 der 12.000 Artikel wurden seit dem vergangenen Herbst preisgesenkt, um durchschnittlich 15 Prozent, sagt Nicole Reitinger, Chief Financial Officer bei Ikea Österreich. Bis Ende August – bis dahin läuft das aktuelle Geschäftsjahr – sollen rund 70 Prozent des Sortiments wieder auf dem Preisniveau von vor Corona liegen, so Reitinger. Für seine neue Preispolitik würde Ikea in Österreich 70 Millionen Euro investieren. Dafür werde man „bis auf Weiteres mit geringeren Margen arbeiten, um die Menschen spürbar mit reduzierten Preisen zu unterstützen“.
Obwohl mit der Ukraine und Belarus zwei wichtige Holz-Zulieferermärkte unzuverlässiger geworden sind, sei man gewillt, das Preisniveau im gesamten europäischen Markt weiter zu senken, so Ikea-Österreich-Chef Alpaslan Deliloglu: „Ziel ist es, bis August 2025 im Gesamtsortiment möglichst wieder das Preisniveau von vor der Coronapandemie zu erreichen.“De facto kann der Möbelriese seine Preissenkungen ohnehin aus der Portokasse finanzieren. Diese ist seit den Coronajahren gut gefüllt. Weltweit hat Ikea seinen Nettogewinn im Geschäftsjahr 2022/23 auf 1,5 Mrd. Euro verfünffacht. In Österreich wurde erstmals die Marke von einer Milliarde Euro Umsatz geknackt.
Umkämpfte Krisenbranche
Der Möbelhandel ist in Österreich nicht erst seit der Insolvenz von Kika/Leiner im vergangenen Sommer ein umkämpfter Markt. Branchenprimus XXXLutz konnte seine Marktanteile zuletzt auf über 30 Prozent ausbauen. Rechnet man die Diskontermärkte Möbelix und Mömax dazu, kratzt die Lutz-Gruppe an der 50-Prozent-Marke. Ikea liegt bei 18 Prozent Marktanteil, bis Ende 2025 will der schwedische Möbelbauer Nummer eins in Österreich sein, sagt Deliloglu. Sollten weitere Kika/Leiner-Filialen in Wien oder Vorarlberg schließen, sei man an deren Übernahme „sicherlich interessiert“.
Deliloglu rechnet damit, dass sich der unter der Bauflaute leidende Möbelhandel schon bald wieder erholt: „Spätestens im Sommer werden die Zinsen wieder fallen.“Das würde zu einer Erholung des Neubau-Marktes führen und auch den Einrichtungshandel wieder ankurbeln. Wifo-Ökonom Josef Baumgartner rechnet hingegen damit, dass sich der Möbelhandel nach den umsatzstarken Coronajahren nun auf schwächere Jahre wird einstellen müssen. „Wenn ein derart großer Marktplayer aber so starke Preissenkungen ankündigt, wird sich das auch in der Inflationsrate widerspiegeln“, so Baumgartner. Auch, weil andere Marktteilnehmer dann nachziehen müssten.