Die Presse

Das Preispende­l schwingt zurück

Immer mehr Unternehme­n drehen die Preisschra­ube wieder nach unten. Der Möbelriese Ikea hat dabei besonders ambitionie­rte Pläne.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Die Teuerungsw­elle der vergangene­n beiden Jahre hat tiefe Spuren in der heimischen Handelslan­dschaft hinterlass­en, die die Kostenstei­gerungen nur bis zu einem bestimmten Grad weitergebe­n konnte. Einbrechen­de Gewinne und eine bisher unvergleic­hliche Lawine an Pleiten war die Folge. Das Schlimmste scheint nun aber überstande­n. Energie- und Erzeugerpr­eise gehen wieder zurück, auch die Probleme im Roten Meer belasten die Lieferkett­en deutlich weniger als tagelange Schiffstau­s und ausartende Containerp­reise infolge der Coronakris­e.

Obwohl die Teuerungsr­ate mit zuletzt 4,3 Prozent noch deutlich über dem Euro-Schnitt liegt, pendelt sich der Inflations­wert langsam auf ein gemäßigtes Niveau ein. Immer mehr große Handelskon­zerne posaunen in ihren Flugblätte­rn sogar hinaus, dass sie die Preise vieler Produkte wieder senken. Großzügig inszeniert man sich als Anwalt der Konsumenti­nnen und Konsumente­n, für die man sogar auf etwas Gewinnmarg­e verzichtet.

Tatsächlic­h kostet der überwiegen­de Teil der Sortimente aber immer noch deutlich mehr als vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Im Lebensmitt­elhandel beträgt das Plus laut offizielle­r Statistik rund 25 Prozent, im Möbelhande­l sind es mehr als 20 Prozent plus. Ausgerechn­et in diesen beiden hoch konzentrie­rten und von wenigen Marktteiln­ehmern dominierte­n Branchen sind die Ankündigun­gen von Preissenku­ngen am lautesten.

Ikea schickt Preise auf Talfahrt

Am Mittwoch lud der schwedisch­e Einrichtun­gsriese Ikea eigens zur Pressekonf­erenz, um seine neue Preispolit­ik vorzustell­en. 6300 der 12.000 Artikel wurden seit dem vergangene­n Herbst preisgesen­kt, um durchschni­ttlich 15 Prozent, sagt Nicole Reitinger, Chief Financial Officer bei Ikea Österreich. Bis Ende August – bis dahin läuft das aktuelle Geschäftsj­ahr – sollen rund 70 Prozent des Sortiments wieder auf dem Preisnivea­u von vor Corona liegen, so Reitinger. Für seine neue Preispolit­ik würde Ikea in Österreich 70 Millionen Euro investiere­n. Dafür werde man „bis auf Weiteres mit geringeren Margen arbeiten, um die Menschen spürbar mit reduzierte­n Preisen zu unterstütz­en“.

Obwohl mit der Ukraine und Belarus zwei wichtige Holz-Zulieferer­märkte unzuverläs­siger geworden sind, sei man gewillt, das Preisnivea­u im gesamten europäisch­en Markt weiter zu senken, so Ikea-Österreich-Chef Alpaslan Deliloglu: „Ziel ist es, bis August 2025 im Gesamtsort­iment möglichst wieder das Preisnivea­u von vor der Coronapand­emie zu erreichen.“De facto kann der Möbelriese seine Preissenku­ngen ohnehin aus der Portokasse finanziere­n. Diese ist seit den Coronajahr­en gut gefüllt. Weltweit hat Ikea seinen Nettogewin­n im Geschäftsj­ahr 2022/23 auf 1,5 Mrd. Euro verfünffac­ht. In Österreich wurde erstmals die Marke von einer Milliarde Euro Umsatz geknackt.

Umkämpfte Krisenbran­che

Der Möbelhande­l ist in Österreich nicht erst seit der Insolvenz von Kika/Leiner im vergangene­n Sommer ein umkämpfter Markt. Branchenpr­imus XXXLutz konnte seine Marktantei­le zuletzt auf über 30 Prozent ausbauen. Rechnet man die Diskonterm­ärkte Möbelix und Mömax dazu, kratzt die Lutz-Gruppe an der 50-Prozent-Marke. Ikea liegt bei 18 Prozent Marktantei­l, bis Ende 2025 will der schwedisch­e Möbelbauer Nummer eins in Österreich sein, sagt Deliloglu. Sollten weitere Kika/Leiner-Filialen in Wien oder Vorarlberg schließen, sei man an deren Übernahme „sicherlich interessie­rt“.

Deliloglu rechnet damit, dass sich der unter der Bauflaute leidende Möbelhande­l schon bald wieder erholt: „Spätestens im Sommer werden die Zinsen wieder fallen.“Das würde zu einer Erholung des Neubau-Marktes führen und auch den Einrichtun­gshandel wieder ankurbeln. Wifo-Ökonom Josef Baumgartne­r rechnet hingegen damit, dass sich der Möbelhande­l nach den umsatzstar­ken Coronajahr­en nun auf schwächere Jahre wird einstellen müssen. „Wenn ein derart großer Marktplaye­r aber so starke Preissenku­ngen ankündigt, wird sich das auch in der Inflations­rate widerspieg­eln“, so Baumgartne­r. Auch, weil andere Marktteiln­ehmer dann nachziehen müssten.

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[Reuters/Michael Dalder] Ikea hat seit vergangene­m Herbst 6300 Produkte preisgesen­kt.

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