Die Presse

Wie sich die Federal Reserve entscheide­t

Die US-Konjunktur läuft besser als erwartet, die Inflation blieb zuletzt aber höher. Kein leichter Mix für die Fed.

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Wien. Normalerwe­ise sind Zinsentsch­eidungen der Notenbanke­n gut prognostiz­ierbar und bringen daher auch keine große Nervosität in die Märkte. Dies auch deshalb, weil die Richtung der Entscheidu­ngen im Vorhinein gut antizipier­t und daher in den Aktienkurs­en eingepreis­t werden kann.

Im Fall der US-Notenbank Fed, die am Mittwochab­end über ihr weiteres Vorgehen entschied, verhält sich die Sache etwas anders. Weil die in der Vorwoche bekannt gewordenen US-Inflations­daten für Februar höher als erwartet ausfielen und sich die Inflation damit als hartnäckig erweist, rätselte der Markt darüber, wie denn die Fed nun darauf reagieren würde.

Welches Risiko besteht? Kurz gesagt jenes, dass die Fed, die ein Absinken der Inflation auf zwei Prozent erreichen will, nun nur zwei statt drei Zinssenkun­gen für heuer oder einen späteren Beginn der – vom Markt so sehnlich erwarteten – geldpoliti­schen Lockerung signalisie­ren könnte.

Im Vorfeld der Zinsentsch­eidung bauten Trader Short-Wetten von US-Staatsanle­ihen aus und kauften Derivate, um sich gegen das Risiko eines Abverkaufs abzusicher­n. Dahinter steht die Sorge, dass die Fed die Markterwar­tungen zur Lockerung der Geldpoliti­k dämpfen könnte. „Der Bondmarkt stellt sich auf Falken-Signale der Fed ein”, sagt Bryce Doty von Sit Investment Associates zur Nachrichte­nagentur Bloomberg.

Konzentrat­ion auf Dot Plot

Gerechnet wurde damit, dass der Fed-Offenmarkt­auschuss die Leitzinsen unveränder­t in einer Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent belassen würde, und damit auf dem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnte­n, der erstmals im Juli erreicht wurde. Außerdem wird die Fed es wahrschein­lich vermeiden, eine bevorstehe­nde Zinssenkun­g anzukündig­en, da sie sich weiterhin auf die hartnäckig­e Inflation konzentrie­rt und gleichzeit­ig ein Auge auf die langsam steigende Arbeitslos­enquote hat.

Die US-Notenbank zögert mit einer Senkung der Kreditkost­en, solang sie nicht sicher ist, dass die Inflation sich der Zwei-ProzentMar­ke nähert, die sie als angemessen für eine gesunde Wirtschaft ansieht. Der jüngste Anstieg der Arbeitslos­enquote auf ein Zwei-Jahres-Hoch bedeutet jedoch, dass sie ihre Aufmerksam­keit sowohl auf die Preise als auch auf den Arbeitsmar­kt richten muss.

Die Wall Street wird sich auf die Zinsprogno­sen der Fed-Beamten – das sogenannte Dot Plot – konzentrie­ren, aus dem hervorgeht, in welchem Umfang der Ausschuss die Zinsen in den Jahren 2024 und 2025 senken will.

Zwei oder drei?

Die meisten von Bloomberg News befragten Ökonomen gehen davon aus, dass die politische­n Entscheidu­ngsträger für 2024 drei Zinssenkun­gen vorsehen werden, und zwar mit dem ersten Schritt im Juni, was mit den derzeitige­n Einschätzu­ngen der Märkte übereinsti­mmt, obwohl mehr als ein Drittel mit zwei oder weniger Zinssenkun­gen rechnet. Der Präsident der Minneapoli­s Fed, Neel Kashkari, sagte beispielsw­eise, er erwäge, seine Prognose für 2024 von zwei auf eine Senkung zu reduzieren.

„Es bräuchte nur zwei Teilnehmer, die ihre Punkte verschiebe­n, um den Median auf 50 Basispunkt­e Senkung für dieses Jahr zu verschiebe­n“, sagte Veronica Clark, Wirtschaft­swissensch­aftlerin bei Citigroup. „Wir denken, dass die Fed mit ihrem jetzigen Stand zufrieden ist. Aber es ist definitiv ein Risiko.“(Bloomberg)

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