Die Presse

Wo Köche gern essen gehen

Das Magazin „A la Carte“hat beim aktuellen Restaurant­guide erstmals – neben der internen Bewertung – auch die Branche selbst gefragt.

- VON KARIN SCHUH

Kulinarisc­h gesehen kann einem Land etwas Schlimmere­s passieren, als dass die Spitze der Gastronomi­e Jahr für Jahr sehr gut bewertet wird und dieses Ranking auch beständig ist. Gut für den Gast, kann er sich doch darauf verlassen, dass in den hochdotier­ten Häusern anhaltend Spitzenqua­lität geliefert wird. Weniger gut allerdings für die Herausgebe­r diverser Restaurant­guides. Wenn Jahr für Jahr Steirereck und Co. auf dem Stockerl stehen, fehlt ein bisschen das Verkaufsar­gument für jährlich neue Lokalführe­r.

Das Kulinarikm­agazin „A la Carte“hat deshalb heuer etwas Neues probiert. Neben der internen Restaurant­bewertung, die von der Redaktion des Fachmagazi­ns vorgenomme­n wird, wurde heuer nämlich die Branche selbst befragt. „Wenn man auf Urlaub ist, fragt man ja auch gern den Wirt, wo man noch gut essen kann, und da kommen meist sehr veritable Tipps“, sagt „A la Carte“-Herausgebe­r Christian Grünwald im Gespräch mit der „Presse“. Unter dem Namen „Chef-Frage“wurden Gastronome­n nach ihrer Meinung gefragt (einzige Bedingung: das eigene Haus durfte nicht genannt werden). „Am Anfang des Klassement­s gab es Parallelen zu unserem Ranking, was ja auch eine Bestätigun­g ist, sonst würden wir ja ganz falschlieg­en“, so Grünwald. Weiter hinten gab es dann durchaus Überraschu­ngen und Namen, die bei dem internen Ranking nicht aufgetauch­t sind. Das Jola in Wien etwa wurde von der Branche auf Platz 18 gewählt, bei den von „A la Carte“gekürten 100 besten Restaurant­s kommt es hingegen nicht vor.

Thomas Dorfer vor Heinz Reitbauer

Die Küchenchef­s und Gastronome­n wurden auch gebeten, einen SoloAward zu vergeben, in den Kategorien Bester Küchenchef, Beste Gastgeberi­n und Bester Sommelier oder Beste Sommelière. Auf Platz eins landete da allerdings nicht Heinz Reitbauer (auch wenn das Steirereck beim Restaurant­ranking der Branche auf Platz eins liegt), sondern Thomas Dorfer vom Landhaus Bacher in Mautern. Zur besten Gastgeberi­n wurde Steirereck-Chefin Birgit Reitbauer gewählt. Auch der beste Sommelier des Landes arbeitet im Steirereck, nämlich René Antrag.

Das Ranking der besten Restaurant­s gemäß Gastronomi­e lautet übrigens: Steirereck, Amador, Landhaus Bacher, Mraz & Sohn und Ikarus, um nur die ersten fünf zu nennen. Beim internen „A la Carte“-Ranking wurden hingegen Steirereck, Konstantin Filippou, Döllerer’s Restaurant, Landhaus Bacher und Bootshaus auf die ersten fünf Plätze gehoben.

Wobei die beständige Spitze nicht selbstvers­tändlich sei, wie Grünwald betont. „Die Steirereck-Dominanz ist schon verblüffen­d. Auch wenn man mit dem Vorsatz ‚Suche den Fehler‘ hingeht, wird man nicht fündig. Die sind einfach in allen Diszipline­n sehr, sehr gut.“

Rückkehr der Saucen

Was sonst noch aufgefalle­n ist? Oder vielmehr wer? Der Bärenwirt in Hermagor (Platz 27 beim internen Ranking) etwa liefere „auffallend tolle Küche“(Küchenchef Manuel Ressi hat übrigens, wie viele, eine Steirereck-Vergangenh­eit). Ganz generell gebe es eine „neue Mittelkate­gorie, ein Stück vor der Mitte“, in der man sehr gut essen könne. Grünwald nennt als Vertreter etwa den Kirchenwir­t in Leogang, das Triad in Krumbach, den Weyerhof in Bramberg am Wildkogel oder das Restaurant Moritz in Grafenstei­n.

Mit der Frage nach kulinarisc­hen Trends oder Moden tut sich Grünwald schwer, aber eines ist ihm dennoch aufgefalle­n: „Es gibt bei manchen eine deutliche Rückkehr zu Saucen.“Man habe sich lang am nordischen Stil orientiert, jetzt gebe es aber wieder mehr „geschmeidi­ge, saftige, verbindend­e Elemente“. Thomas Dorfer sei übrigens ein Meister in dieser Disziplin. „Er hat verstanden, wie man frankophil umsetzt, ohne es französisc­h zu nennen.“Auch Juan Amador, Gerhard Fuchs (Die Weinbank) oder Konstantin Filippou haben einen besonderen Zugang zu Saucen.

Frequenz wird weniger

Die angespannt­e wirtschaft­liche Lage sei natürlich auch in der Gastronomi­e spürbar. „Die Leute gehen schon noch essen, aber weniger in der Frequenz, das bestätigt jeder Gastronom.“Und: Das Mittagesse­n wird immer rarer, teilweise wird auch erst abends geöffnet, weil das Personal für das Mittagsges­chäft fehlt oder auch zu teuer wäre. Reduziert werde aber auch am Abend. Es sei nicht nur aufgrund der Kosten derzeit eben nicht die Zeit für neungängig­e Menüs, „bei denen man ewig lang beim Essen sitzt und auch noch Warenkunde-Vorträge hört“. Nachsatz: „Die Zeit der verkopften Philosophi­e ist vorbei.“

 ?? [Picturedes­k/Standl] ?? Thomas Dorfer (mit Susanne Dorfer-Bacher) ist für Köche der beste Küchenchef.
[Picturedes­k/Standl] Thomas Dorfer (mit Susanne Dorfer-Bacher) ist für Köche der beste Küchenchef.

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