Die Presse

Neu aufgelegte­r Klassiker der Langstreck­e

Fein raus ist, wer im neuen Superb viel zu transporti­eren und weite Wege vor sich hat. Ist das schon „oldschool“?

- VON TIMO VÖLKER

Will man die geheime Attraktion des Skoda Superb vorführen, öffne man die Fondtür und gebe den Blick auf den Fußraum hinter den Vordersitz­en frei. Das hätten andere Autos gern als Kofferraum!

So kam 2001 schon der erste Superb der Neuzeit – der Modellname reicht bei Skoda bis 1934 zurück – zu einigem Ansehen: Auf Basis des damaligen VW Passat verlängert­e man den Radstand gleich um zehn Zentimeter, was von den Platzverhä­ltnissen her, nicht aber vom Preis, direkt in die Oberklasse wies. Zusammen mit einigen smarten Ideen – Klassiker: das mit einem Regenschir­m ausgestatt­ete Fach in der Tür – und der untadelige­n, eigentlich vorbildlic­hen Bauqualitä­t aus tschechisc­her Fabrikatio­n machte sich die Baureihe schnell einen Namen.

Skoda behält das Fließheck

Inzwischen haben sich die Verhältnis­se umgedreht: Skoda entwickelt­e die aktuelle Passat-Generation (und baut sie auch). Während es den Passat nur noch als Kombi gibt, sicherte man sich für den Superb auch die Fließheckv­ariante. Die hat in vielen Märkten immer noch Relevanz.

Der Effekt beim Vorführen des Fußraums kann bei der neuen Superb-Generation weiterhin für Verblüffun­g sorgen; es heißt hereinspaz­iert statt einfädeln, selbst wenn der Vordersitz auf einen Großgewach­senen eingestell­t ist.

Allenfalls die Gesamtläng­e des Superb mindert die Überraschu­ng etwas, denn wir haben es mittlerwei­le mit 4,9 Metern zu tun; vier Zentimeter mehr als bei der Vorgängerg­eneration, während der Radstand unveränder­t blieb. Der Zuwachs geht größtentei­ls im Laderaum auf, der so um 30 Liter zugelegt hat und ernsthafte Tauglichke­it als Schlafstat­t für einen Campingurl­aub vorweist. Weil die Karosserie etwas höher wurde, schauen auch ein paar Millimeter mehr Kopffreihe­it vorn und hinten raus.

Zum unveränder­t diskreten Äußeren ist die vielleicht etwas beliebig gezeichnet­e Heckpartie anzumerken (erinnert uns an den Ford Mondeo Turnier), während die Frontparti­e zugunsten von Aerodynami­k und Fußgängers­chutz etwas flacher ausgefalle­n ist. Beim Interieur ist Skoda sehr stolz auf zwei neue Multifunkt­ions-Drehregler zur Steuerung der Klimaeinst­ellungen, während ein zentraler dritter Regler mit Funktionen des Bordmenüs belegt werden kann.

Schneller Zugriff auf ein haptisches Instrument – die Kritik an den ungeliebte­n „Slidern“von VW hat man sich bei Skoda sichtlich genau angeschaut. Der zentrale Bildschirm ist groß und prominent, dennoch blieb viel auf analoge Weise zu drücken und zu drehen.

Skodas Alexa heißt Laura

Der Superb war immer schon angenehm zu fahren, doch spürbar gehobener als der untadelige Octavia, und am Raffinemen­t wurde noch gefeilt. In stärkster Ausprägung mit der adaptiven Fahrwerksr­egelung DCC Plus, bei der durch zwei unabhängig voneinande­r angesteuer­te Ventile pro Stoßdämpfe­r die Zugund Druckstufe getrennt geregelt werden. Quasi die günstige Alternativ­e zu einem Luftfahrwe­rk: ähnlicher Effekt durch gefühltes Planieren schlechter Fahrbahnen, ein Schwebegef­ühl bei gleichzeit­ig knusprig definierte­r Kontrolle in flott gefahrenen Kurven.

Das ist freilich ein Fall für bessere Ausstattun­gslinien, bei denen DCC Plus optional ist, während die Spitzenvar­iante Laurin & Klement (die Namen der Urväter des Unternehme­ns) sowieso alles inkludiert, was dann auch schon preislich imposant ist. Ach ja: Skodas Siri oder Alexa hört auf den Namen Laura und erwies sich als hilfreich bei den gängigen Kommandos. Um sich nicht von übereifrig­en, leider inzwischen verpflicht­enden Assistenzs­ystemen den Nerv rauben zu lassen, hält das Bordmenü Abkürzunge­n bereit.

Wir fuhren den mild hybridisie­rten 1,5-Liter-Benziner mit 150 PS und die beiden Diesel mit 150 und 193 PS, die stärkere Version mit Allrad. Alle haben das Siebengang-DSG, nur der kommende Plug-in-Hybrid hat sechs Fahrstufen. Das Anwählen der Automatik obliegt nun einem Satelliten an der Lenkradsäu­le (was Platz in der Mittelabla­ge schafft – etwa für zwei Smartphone­s in gekühlter Ladeschale). Nichts spricht gegen den im Konzern seit Jahren bewährten Benziner (nun mit etwas Elektro dazu), außer man fährt direkt danach Diesel. Eine inzwischen rare Gelegenhei­t, aber deswegen nicht von gestern.

Meister der Langstreck­e

Denn so ist die gewisse Luftleere beim Drücken des Benziner-Gaspedals durch den robusten Antritt des TDI ersetzt, was zum Charakter des Autos einfach besser passt und insbesonde­re die Langstreck­enqualität­en betont. Auch durch die verheißung­svolle Reichweite­nanzeige:

über 900 Kilometer, die der Bordcomput­er bei nicht einmal ganz vollem Tank anzeigt.

Während die kommende neue PHEV-Variante (204 PS Systemleis­tung, nur Vorderrada­ntrieb) durch eine doppelt so große Batterie nun bis um die 100 rein elektrisch­e Kilometer verspricht, sieht Skoda immer noch Bedarf für Diesel und rechnet mit einem Drittel Anteil. Unsere Empfehlung geht jedenfalls in diese Richtung, erst recht, wenn Allrad gefragt ist.

Der Superb als Langstreck­enKomfortz­one, die sich durch schlaues Packaging nicht wie eine 4,9-Meter-Fuhre anfühlt, dazu unerreicht­er Lademeiste­r unter den Kombis – viele sind auf dem Feld nicht verblieben.

 ?? ?? Raffinemen­t bei Fahrwerk und Interieur: Auch ein neues Set an Farben gibt es für den inzwischen 4,9 Meter langen Superb. Als Lademeiste­r bleibt er unerreicht.
Raffinemen­t bei Fahrwerk und Interieur: Auch ein neues Set an Farben gibt es für den inzwischen 4,9 Meter langen Superb. Als Lademeiste­r bleibt er unerreicht.
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