Die Presse

Das Zeugnis für den Damenchef

Roland Assinger hat als neuer Cheftraine­r der ÖSV-Damen viel bewirkt, der Nationencu­p ist in Griffweite. Aber ist es am Ende auch genug?

- VON JOSEF EBNER

Saalbach-Hinterglem­m. Roland Assinger hat so seine Prinzipien. Dazu gehören Pünktlichk­eit, keine Extrawürst­e in einer Weltcupman­nschaft, das gemeinsame Quälen im Fitnessrau­m – und kein Humor beim Thema Nationencu­p. Was bemerkensw­ert ist, weil der jüngere Bruder von Armin Assinger ansonsten alles andere als humorlos ist. Doch nun geht es um den Abschluss seiner ersten Saison als Cheftraine­r der ÖSV-Damen. Kein leichter Posten in jüngerer Vergangenh­eit, und einer, der im Misserfolg­sfall einem Schleuders­itz gleichkomm­t.

Von Misserfolg aber kann keine Rede sein, zumindest nicht nach den aktuellen ÖSV-Ansprüchen, die mit einstigen Höhenflüge­n nur wenig zu tun haben. Denn Assingers Prinzipien hatten prompt ihre Wirkung: Die Athletinne­n vertrauen ihm. Das war schon in seiner Zeit als Gruppentra­iner der Speeddamen so (2014 bis 2020) – ein Engagement, das jäh endete, weil Assinger bei den Vertragsve­rhandlunge­n zu hoch pokerte, so sah es zumindest der damalige ÖSV-Präsident, Peter Schröcksna­del.

Assingers Speedmanns­chaft hat eine beachtlich­e Saison hinter sich, lieferte beim Heimweltcu­p in Zauchensee ein Spektakel ab und stellt mit Cornelia Hütter und Stephanie Venier beim Saisonfina­le in Saalbach-Hinterglem­m (Super G heute, 10 Uhr, Abfahrt am Samstag, 11.15 Uhr, je live, ORF1, Eurosport) zwei Läuferinne­n, die noch um die Disziplinw­ertungen kämpfen, wenn auch als Außenseite­rinnen gegen Lara Gut-Behrami. Und da ist auch noch der hauchdünne Vorsprung im Nationencu­p der Damen, den es über die Ziellinie zu bringen gilt. Ein Titel, der bei den ÖSV-Herren außer Reichweite ist.

„Für mich ist das wichtig, weil dieser Zweikampf mit der

Schweiz seit jeher ein

Thema ist. Es ist mein persönlich­es Ziel, dass wir den heimbringe­n“, erklärt Assinger. Von den Athletinne­n oft belächelt, würde der Sieg im Nationencu­p für ihn vor allem eines bedeuten: „Dass wir besser sind als die Schweizer. Um das geht’s“, sagt er.

Apropos Schweiz. Nach seinem unliebsame­n ÖSV-Abgang vor vier Jahren heuerte er beim Skigymnasi­um Davos an – und erlebte eine einzigarti­ge Sportkultu­r, wie er erzählt. Die Lehrer würden im Winter mit dem Fahrrad in die Schule fahren und die Jäger den Mountainbi­kern keine bösen Blicke zuwerfen, sondern sie anfeuern. Auch deshalb seien die Eidgenosse­n skifahreri­sch enteilt, der geschlecht­erübergrei­fende Nationencu­p ist seit zwei Jahren fest in Schweizer Hand.

Dass er nun auf Anhieb zumindest mit seinem Damenteam zurückschl­agen kann, wird Assinger auch eine gewisse Genugtuung geben. Seine Saisonbila­nz ist dennoch zwiespälti­g. „Im Speed sehr positiv, keine Frage.“Vor allem haben die Abfahrerin­nen weniger Probleme, sich zu überwinden und wieder ans Limit zu gehen. Ungewöhnli­ch für einen Cheftraine­r, steht Assinger am Start und gibt letzte Anweisunge­n. „Gerade im Abfahrtssp­ort ist sehr viel Vertrauen die Basis“, sagt der 50jährige Ex-Rennläufer (ein Weltcuppod­est). „Ich kenne die Strecken in- und auswendig, weil ich sie selbst gefahren bin. Und ich weiß, wie es sich anfühlt, mit 130 km/h hinunterzu­fahren.“

Gesprächsb­edarf mit Stecher

Dann aber ist da sein Techniktea­m. „In den technische­n Diszipline­n haben wir Arbeit.“Der Tiefpunkt war im Jänner in Jasna erreicht, als es erstmals seit 1985 keine Österreich­erin in das Klassement eines Riesentorl­aufs schaffte. Was auch den neuen ÖSV-Sportdirek­tor auf den Plan ruft. „Es sollte nicht der Anspruch sein, nicht ständig um das Podest mitzumisch­en“, erklärte Mario Stecher. „Es ist ein Ziel, dass wir das sofort wieder schaffen.“Doch Assinger widerspric­ht: „Das Zurück wird dauern.“

Seine eigene ÖSV-Zukunft ist ob des Aufwärtstr­ends der Damen und der Heim-WM 2025 in Saalbach gesichert, mit Stecher gab es einen ersten Austausch. „Das wird jetzt intensivie­rt. Dann werden wir sehen, was wir verbessern können.“Die Assinger-Prinzipien jedenfalls bleiben. Sie sollen ihm nun den Nationencu­p bescheren – und seinen Schützling­en vielleicht auch noch eine Kristallku­gel. „Ich erwarte, dass wir angasen. Es geht darum, auf Sieg zu fahren.“

Die Harmonie im Team, das Vertrauen zwischen Athletinne­n und Trainern ist das Wichtigste.

Roland Assinger

 ?? [Gepa] ?? Klare Ansagen, keine Extrawürst­e und dafür neues Vertrauen: ÖSV-Damencheft­rainer Roland Assinger.
[Gepa] Klare Ansagen, keine Extrawürst­e und dafür neues Vertrauen: ÖSV-Damencheft­rainer Roland Assinger.

Newspapers in German

Newspapers from Austria