Der selbst verschuldete Wohlstandsknick
Wenn die Bevölkerung stärker als die Wirtschaftsleistung zunimmt, sinkt – wie jetzt – der Wohlstand. Ein Zeichen dafür, dass etwas in der unregulierten Zuwanderung dramatisch schiefläuft. Und dass Handlungsbedarf besteht.
Eine kleine Hiobsbotschaft hat die Statistik Austria neulich verkündet : Österreich hat die Covid-bedingte BIP-Delle insgesamt zwar schon ausgebügelt, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt aber noch deutlich, nämlich um 2,8 Prozent, unter dem Wert von 2019. Das im internationalen Vergleich immer noch recht hohe Wohlstandsniveau hat also empfindlich gelitten.
Bei steigendem BIP sinkt das BIP pro Kopf dann, wenn die Zahl der Einwohner schneller als die Wirtschaftsleistung wächst. Tatsächlich ist die Einwohnerzahl seit 2019 um 3,4 Prozent gestiegen, nämlich von 8,86 auf 9,16 Millionen. Das BIP hat laut Statistik aber real nur geringfügig zugelegt.
Und jetzt sind wir ein bisschen verwirrt: Die Bevölkerung wächst ja seit Langem ausschließlich durch Zuwanderung. Seit 2015 zu einem nicht unwesentlichen Teil über unregulierten Zuzug über die Asylschiene. Mehr Zuwanderung bedeutet mehr Wohlstand und sichert die von der Demografieschwäche bedrohten Sozialnetze ab, hat man uns erklärt. Und sie wird den immer drückender werdenden Arbeitskräftemangel beseitigen, hat es geheißen. Jene, die über die Asylschiene kommen, sind ja praktisch zu 100 Prozent im beschäftigungsfähigen Alter.
Genau das passiert aber nicht: Bei stark zunehmendem Arbeitskräftepotenzial und gleichzeitig schwächelnder Wirtschaft tritt nicht der normalerweise zu erwartende Effekt – explodierende Arbeitslosenzahlen – ein. Sondern die Unternehmen in Österreich und Deutschland wissen weiter nicht, wie sie ihren Arbeitskräftebedarf decken sollen.
Da läuft also etwas schief. Und zwar gewaltig. Um es klar zu sagen: Diese Form der unregulierten Zuwanderung ist nicht in der Lage, die Arbeitsmarkt- und Sozialnetzprobleme der alternden europäischen Industriestaaten zu lösen. Im Gegenteil: Sie verschärft die Finanzierungsprobleme des Sozialstaats und bringt ein paar zusätzliche gravierende gesellschaftliche Probleme.
Diese Diagnose ist nicht ganz neu. Und sie wird auch nicht mehr so stark verdrängt wie zu Beginn der Migrationskrise 2015. Von der „gebildetsten Zuwanderung aller Zeiten“redet längst keiner mehr. Heute weiß man, dass die Asylschienenmigration im Schnitt ausgesprochen schlecht ausgebildet ist, mit einem sehr hohen Anteil an Analphabeten. Und viele davon auch keinen Bock darauf haben, das zu ändern. In Deutschland gaben in einer Studie 2021 etwa 80 Prozent der Befragten an, dass sie bei ihrer Ankunft über keinerlei Berufsausbildung verfügt hätten. Und 67 Prozent hatten diesen Status auch fünf Jahre nach ihrer Ankunft noch nicht verändert.
In einem Industrieland sind das Dauerkandidaten für das Sozialsystem. Tatsächlich sprechen die Anteile dieser Gruppe an den Beziehern des deutschen Bürgergelds oder der österreichischen Mindestsicherung eine deutliche Sprache.
Das anzusprechen war bis vor Kurzem eine riskante Angelegenheit: Man lief Gefahr, auf der Stelle mit der Moral- und Rassismuskeule erschlagen zu werden. Jetzt scheint freilich auch in linken Kreisen etwas mehr Realismus einzuziehen. So befasste sich neulich der „Spiegel“breit mit dem „großen Rätsel der offenen Stellen“. Also mit dem eingangs erwähnten Phänomen des anhaltend gravierenden Arbeitskräftemangels trotz stark steigender Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter und gleichzeitiger Wirtschaftsflaute. Dieser kam zu für seine Begriffe recht ketzerischen Schlüssen: Dass in Deutschland 60 Prozent der ukrainischen Kriegsflüchtlinge und 40 Prozent der Zugezogenen aus den klassischen Asylstaaten Sozialleistungen beziehen, „obwohl sie arbeiten könnten“, hänge auch damit zusammen, dass das üppige (zuletzt um zweimal 12,5 Prozent erhöhte) deutsche Bürgergeld „reicht, um über die Runden zu kommen“. Junge Migranten aus diesen Ländern, seien in zu hohem Ausmaß nicht bereit, eine Lehre zu absolvieren, und landeten dann in prekären Jobs. Und es gebe – bisher ein Tabu – auch „kulturelle Gründe“.
Natürlich existieren auch nicht zu knapp Gegenbeispiele. Eine ganze Reihe von Asylmigranten hat Ausbildungen absolviert, ist erfolgreich in Berufen tätig und hat zum Teil beeindruckende Karrieren hingelegt. Oder bemüht sich zumindest darum.
Aber: Warum schafft es die Politik nicht, hier so zu differenzieren, dass man die Willigen fördert, statt sie bürokratisch zu schikanieren. Und dass man jenen, die meinen, Anspruch auf lebenslange Vollversorgung ohne Gegenleistung zu haben, entsprechend klarmacht, dass sie auf diese Art keine Zukunft im Lande haben.
Dazu gehört erst einmal eine klare Steuerung der Zuwanderung: Wer nicht ganz klare Asylgründe geltend machen kann (und das ist unterdessen die Mehrheit), kommt nur ins Land, wenn er Qualifikationen nachweisen (nicht nur behaupten) kann oder glaubhaft darstellt, dass er die hier zu erwerben gedenke. Selbstverständlich muss es gleichzeitig zu einer Reform der „normalen“Arbeitsmarktzuwanderung über Instrumente wie die RotWeiß-Rot-Card kommen, die immer noch abschreckend überbürokratisiert und auf höchstqualifizierte Arbeitsplätze zugeschnitten sind.
Dazu gehört aber auch eine seriöse Diskussion, wie man die reichlich vorhandenen Pull-Faktoren beseitigt (ohne jenen, die wirklich Hilfe brauchen, das Netz wegzuziehen). Wenn selbst ein eher linkes deutsches Magazin mutmaßt, dass man „auch so durchkommt“, dann läuft etwas ordentlich falsch.
Und dann muss man auch überlegen, wie man jene, die wollen und können, besser in den Arbeitsprozess bringt. Da gibt es ja auch Defizite sonder Zahl. Kurzum: Wir brauchen eine differenzierte Betrachtungsweise und die harten politischen Konsequenzen daraus. Und zwar schnell. Derzeit geht die Asylmigration zwar ein wenig zurück, aber die nächste Krise steht ja schon vor der Tür: Gerade erst ist bekannt geworden, dass afrikanische Länder „Korridore“in Richtung Europa öffnen. Potentaten aus aller Welt haben eben entdeckt, dass man Europa am wirksamsten mit Migrationskrisen destabilisieren kann.
Die jetzige Form der Asylmigration löst jedenfalls keines der europäischen Wirtschaftsprobleme und schafft eine Reihe von neuen. Da man es ganz offensichtlich mehrheitlich mit Wirtschaftsmigration zu tun hat, die nur gesteuert Sinn ergibt, ist sehr rasches politisches Handeln angesagt. Mit stark steigender Bevölkerung, die man weder auf dem Arbeitsmarkt noch am BIP merkt, wird Europa seinen Status nicht halten können.