Wie soll die Pflege in Zukunft finanziert werden?
Gastkommentar. Die Pflege hat ein Qualitätsproblem. Schuld daran ist die Politik. Sie hat es verabsäumt, in professionelle Pflege zu investieren.
Allerorts wird Qualität verlangt, im Dienstleistungssektor wie Pflege, Kinderbetreuung oder im Lehrbetrieb lässt sich Qualität schwer nachweisen bzw. wird diese immer weniger bezahlt. Zwar wird die Pflege als enorme Wachstumsbranche gesehen, doch es mangelt immer mehr an gut qualifizierten Pflegekräften. Ohne Zweifel ist im Dienstleistungsbetrieb die Qualität von der Qualifizierung abhängig. Dazu zählen neben Fachkenntnissen und Kundenorientiertheit auch Sprachund Orthografiekenntnisse, doch gerade an diesen mangelt es in allen Berufssparten immer mehr. Nicht zuletzt auch aufgrund einer rasant fortschreitenden Digitalisierung, wodurch Qualität vorwiegend durch das Abzeichnen von wenig aussagekräftigen Listen und Kästchen sichtbar gemacht wird.
Die Transformation der Wirtschaft (überwiegend männlich konnotiert) in immer noch mehr Digitalisierung wirkt sich im überwiegend weiblich besetzten Dienstleistungssektor wie in der Pflege besonders drastisch aus. Die Zeit, die man früher mit Patienten oder Bewohnern im Pflegeheim verbracht hat, wird mittlerweile in Sitztätigkeit vor einem Computer mit altmodischen Betriebssystemen investiert. Pflegeheimbetreiber erfüllen gerade die Mindeststandards an technischen Geräten und Software, das trifft sowohl gewinnorientierte Einrichtungen von privaten Betreibern als auch öffentliche Spitäler und Pflegeheime, die viel zu geringe öffentliche Mittel für Gesundheit und Pflege erhalten.
Gute Pflege ist unleistbar
Dazu kommt, dass sich qualitätsvolle Pflege kaum jemand leisten kann. Freiberufliche Pflegekräfte dürfen nicht mit den Sozialversicherungsträgern verrechnen, weil sie im ASVG nicht unter den freien Berufen genannt werden und der Gesetzgeber eine Änderung des ASVG bisher nicht vollzogen hat.
Im Anstellungsverhältnis konkurrieren bestens ausgebildete österreichische Pflegefachkräfte mit jenen, die über die globalen Wanderungsbewegungen nach Österreich kommen, wodurch die Einkommen erheblich unter Druck geraten. Auf der Strecke bleiben folglich die im Inland gut Ausgebildeten, die ihrerseits ihre Ausbildung einem Land mit besserer Bezahlung (als im Inland) anbieten. Auf der Strecke bleiben aber auch all jene, die als Dienstleistungsempfänger auf Arbeitskräfte angewiesen sind, die ebenfalls anderswo ihre Ausbildung genossen haben und weder über ausreichende Sprachkenntnisse noch über die notwendigen Soft Skills verfügen, was im Gesundheitsund Pflegebereich verheerende Folgen hat.
Jede Dienstleistung wird teurer und im Zeitalter von Inflation und Wirtschaftskrise für viele nicht mehr leistbar. So hört man betroffene Pflegebedürftige immer öfter darüber klagen, dass sie sich einerseits die mobilen Dienste
schlicht nicht leisten können und im Extremfall sogar wieder gekündigt werden. Neben den fehlenden Sprachkenntnissen der Mitarbeiter der mobilen Dienste wird auch der ständige Personalwechsel genannt, der sich insbesondere bei der Betreuung von Demenzkranken ungünstig auswirkt.
Es fehlen Arbeitskräfte
2019 wurde ein Qualifikationsprofil vom Sozialministerium beauftragt, welches sich „Führen in der Pflege“nennt. Die darin enthaltenen Vorschläge weisen ein breites Spektrum an Herausforderungen bis zu Leadershipkompetenzen aus und klingen ähnlich Schlagwörtern aus einem Managementseminar ohne konkrete Inhalte. Ein Punkt darin beinhaltet die Beratung der Politik sowie die pflegerische Expertise in gesundheitspolitischen Aspekten. Derzeit geht der Trend jedoch in weiteres Downgrading im Ausbildungsbereich („Pflegelehre“) und mündet in einer Notmaßnahme bezüglich Import von Arbeitskräften aus Drittstaaten.
Alle Regierungen der vergangenen Jahrzehnte haben es verabsäumt, langfristig in professionelle Pflege zu investieren. Dies ist den Maastricht-Kriterien geschuldet, nach denen das Budgetdefizit nicht mehr als 3% betragen durfte, weswegen in allen EU-Staaten bei fortschreitender Alterung der Bevölkerung an den öffentlichen Ausgaben (Gesundheit, Bildung, Pflege etc.) gespart wurde. Damit wurden Wanderungsbewegungen quer durch alle EU-Staaten in Gang gesetzt. In weiterer Folge kamen v. a. die Löhne und Gehälter für die einheimische Bevölkerung unter Druck, die Gewerkschaften wurden geschwächt, Gesundheits-, Sozialund Bildungssysteme finanziell und personell ausgehungert. Nach der Pandemie und bedingt durch die demografische Entwicklung fehlen nun allerorts Arbeitskräfte.
Doch es ist ein Trugschluss zu meinen, dass Arbeitskräfte aus Drittstaaten das Versagen politischer Fehlentscheidungen aus der