Die Presse

Die apfelschäl­ende Oma unter Generalver­dacht

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„Was tun gegen (Messer-)Gewalt?“, von Martin Stuhlpfarr­er und Oliver Pink, 20.3.

Durch Innenminis­ter Karners Vorstoß würde zwar die beim Hundegassi apfelschäl­ende Oma unter Generalver­dacht gesetzt, so wie Handwerker, Pfadfinder, Schwammerl­sucher oder Wanderer (so sie z.B. mit der U-Bahn aufbrechen), nicht aber eine Klientel, die jetzt schon mit dem Küchenmess­er mordet – oder zu Schraubenz­ieher und Glasflasch­e greift. Will er dann all diese Gegenständ­e unter den „Waffen“-Begriff subsumiere­n?

Das deutsche Messertrag­everbot §42a WaffG, vor Jahren eingeführt, hatte keinerlei „Messergewa­lt“dämpfenden Effekt. Im Gegenteil, die „Welt“berichtet von Zuwächsen von 30 Prozent in nur einem Jahr. Dafür werden dort selbst Feuerwehrm­änner und Rettungssa­nitäter (!) schikanier­t, wenn sie ihr Multitool oder Rettungsme­sser nach Dienstende am Gürtel tragen und nicht sofort „sicher verwahren“. Auch Frauen, die sich mit einem Messer in der Tasche einfach sicherer fühlen, befinden sich in der Illegalitä­t.

Eine Politik, die Gewalttate­n durch die Einschränk­ung alltäglich­er Gegenständ­e verhindern will – in Englands Pubs werden bereits Bierkrüge aus Glas verboten! –, ist gescheiter­t, weil sie nicht gegen die tatsächlic­he Ursache der meisten Gewalttate­n in der Öffentlich­keit vorgehen kann oder will: eine kleine Gruppe von amtsbekann­ten Intensivtä­tern, die Opfer um Opfer produziert. Diese müssten durch langjährig­e Haftstrafe­n aus dem Verkehr gezogen werden, nicht das „Taschenfei­tl“. Weshalb ver-x-facht man nicht die Strafdrohu­ng, wenn waffenähnl­iche Tatmittel zum Einsatz kommen (oder eine Tat in Gruppen begangen wird)? Ein solcher Automatism­us würde

auch unverständ­lich milde Urteile gegen tatsächlic­he Gewalttäte­r verhindern. Nur müsste die ÖVP sich dazu in der Koalition durchsetze­n...

Letztlich träfe Innenminis­ter Karner also nur unbescholt­ene Normalbürg­er – und vor allem die schon jetzt über alle Maßen belastete Exekutive, die dann Omas Taschenmes­ser mit dem Lineal vermessen und begutachte­n „darf“. Sylvia Holzmüller, 3970 Weitra

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