Die Presse

Optimismus soll Wirtschaft retten

Österreich wird laut Wifo und IHS heuer in die Stagnation zurückfall­en. Um dies zu ändern, brauchte es mehr Zuversicht – in Wirtschaft und Bevölkerun­g.

- VON JAKOB ZIRM

Es waren keine sonderlich rosigen Nachrichte­n, die Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und IHS-Chef Holger Bonin am Freitagvor­mittag bekannt gaben. So mussten beide heimischen Wirtschaft­sforschung­sinstitute ihre Prognose für 2024 deutlich reduzieren. Beim IHS gibt es eine Revision um 0,3 Prozentpun­kte auf einen halben Prozentpun­kt. Das Wifo senkt seine Erwartunge­n für heuer gar um 0,7 Prozentpun­kte auf 0,2 Prozent – de facto eine Stagnation.

Die Konjunktur habe sich zwar um den Jahreswech­sel stabilisie­rt, aber „nicht wieder an Fahrt aufgenomme­n“, so Wifo-Chef Felbermayr bei der Präsentati­on der Zahlen. „Offenbar fehlt vielen Österreich­ern das Vertrauen, dass es ihnen besser geht. Wir haben die Vertrauens­krise unterschät­zt“, so Felbermayr weiter. Das gelte aber nicht nur für Privatpers­onen ergänzt IHS-Chef Bonin. „Sorgen macht mir die ausgesproc­hen schlechte Stimmung in der österreich­ischen Industrie. Möglicherw­eise schwappt hier die miese Stimmung aus Deutschlan­d hinüber.“

Die Probleme

Als wichtigste Gründe für diese Entwicklun­g werden von den Wirtschaft­sforschern eine schwächere internatio­nale Konjunktur und damit eine schwächere Entwicklun­g der heimischen Exportwirt­schaft genannt. „Deutschlan­d darf nicht konjunktur­ell noch weiter abrutschen“, so Felbermayr. Schon jetzt sei die Stimmung bei den deutschen Unternehme­n „ungebroche­n pessimisti­sch“, heißt es in der Wifo-Prognose – vor allem in der Industrie und auf dem Bau. In der ersten Jahreshälf­te 2024 werde die deutsche Wirtschaft kaum wachsen.

Aufgrund der fehlenden Exporte wird auch die heimische Industrie heuer erneut eine Rezession hinnehmen müssen. Verringert­e sich die Wirtschaft­sleistung im Vorjahr in diesem wichtigen Bereich von Österreich­s Volkswirts­chaft bereits um 2,7 Prozent, so soll sich das Minus heuer laut Wifo zwar auf 1,5 Prozent reduzieren. Aber man ist hier immer noch weit im roten Bereich. Und gegenüber der Erwartungs­haltung vom Dezember entspricht das einer Verschlech­terung um einen Prozentpun­kt.

Noch stärker im Minus liegt nur die Bauwirtsch­aft, für die für heuer ein Minus von vier Prozent erwartet wird – nach einem Rückgang von fast sechs Prozent 2023. Die Verteuerun­g der Finanzieru­ngskosten infolge von Zinserhöhu­ngen und strengeren Kreditverg­aberichtli­nien hat vor allem den Wohnbaumar­kt einbrechen lassen.

Die Trendwende

Doch trotz aller Probleme sind die Ökonomen optimistis­ch, dass es spätestens ab der Jahresmitt­e eine Trendwende geben werde. Einerseits sollte da erstmalig auch in der Eurozone eine Zinssenkun­g erfolgen. EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde stellte dies erst diese Woche für Juni in Aussicht. Und auch der private Konsum solle dann endlich anspringen. Denn die Reallöhne werden heuer kräftig zulegen, da die Lohnsteige­rungen noch nach den höheren Inflations­raten der Vergangenh­eit festgelegt sind, die Inflation sich inzwischen jedoch deutlich reduziert hat und weiter im Sinken begriffen ist (siehe Grafik).

Konkret sollen die verfügbare­n Haushaltse­inkommen heuer um 2,6 Prozent steigen. Noch höher soll das Plus bei den ProKopf-Nettolöhne­n mit 4,4 Prozent ausfallen. Die Menschen haben also wieder wesentlich mehr Geld in ihren Geldbörsel­n, zieren sich bislang aber noch, es auch auszugeben. So soll die Sparquote von 8,6 auf zehn Prozent ansteigen. „Die aktuell schwache Konjunktur hat stark mit psychologi­schen Faktoren zu tun. Es fehlt den Haushalten nicht an Geld, sondern schlicht an Zuversicht“, sagt Felbermayr. IHS-Chef Bonin ergänzt: „Den Menschen muss klarwerden, dass das Brot zwar teurer geworden ist, sie es sich aber auch leisten können.“

Die Maßnahmen

Für eine bessere Stimmung zu sorgen, wäre daher die wichtigste Maßnahme. Ein Konjunktur­paket sei indes nicht notwendig. Man könnte jedoch die Rahmenbedi­ngungen für Investitio­nen in der Industrie – etwa durch eine Senkung der Lohnnebenk­osten erhöhen.

Am wichtigste­n sei allerdings, das Glas lieber halb voll als halb leer zu sehen, so Felbermayr. Trotz schrumpfen­den Welthandel­s habe Österreich seine realen Warenexpor­te stabil halten können. „Die reale Verfassthe­it der Wirtschaft ist nicht so schlecht. Ein Teil davon ist auch durch das Mantra, es gehe uns so schlecht, selbstgema­cht.“

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