Westafrikas Vorzeigeland steuert auf einen Machtwechsel zu
Vor den Präsidentenwahlen am Sonntag machte ein Duo der Opposition Furore, das gerade erst aus der Haft entlassen worden war.
Die Jubelszenen nach Freilassung der Oppositionspolitiker aus der Haft Ende der Vorwoche nahmen sich aus wie vorweggenommene Siegesfeiern. Hunderte Anhänger in Casamançe, Hochburg der Opposition im Süden Senegals, und in der Hauptstadt Dakar ließen Bassirou Diomaye Faye, den Präsidentschaftskandidaten, und Ousmane Sonko, seinen Mentor, wie Helden hochleben.
„Diomaye ist Ousmane, Ousmane ist Diomaye“, so lautet der Slogan vor der Präsidentschaftswahl in Senegal am Sonntag, der Turbulenzen im westafrikanischen Vorzeigeland vorausgegangen waren. Senegal ist seit seiner Unabhängigkeit 1960 ein Hort der Stabilität im Putschgürtel der Sahelzone, wo in Mali, Burkina Faso und Niger Militärjuntas an der Macht sind.
Sonko, dem charismatischen und bei den Jungen überaus populären Oppositionsführer, ist eine
Kandidatur verwehrt. Darum schob er Faye, den Generalsekretär der inzwischen aufgelösten Partei Pastef, nach vorn. Beide waren nach Protesten gegen die Regierung wegen „Aufwiegelung“eingesessen.
Loslösung von Währung
Für den Wahlkampf mitten im Ramadan blieb kaum eine Woche Zeit, doch das Duo begeisterte die Basis. Sonko zeigte sich siegessicher: Wenn alles mit rechten Dingen zugehe, „werden wir nicht weniger als 60 Prozent gewinnen“. In Interviews trat Faye Befürchtungen entgegen, er könnte das System radikal umkrempeln.
Der 43-jährige Anhänger der Panafrika-Bewegung, der mit einem Senegal-Schal auf der Ladefläche eines Pick-up-Trucks auf Werbetour ging, strebt eine Neuverhandlung der Lizenzen für Öl- und Gasvorkommen vor der Küste an, die dem Land demnächst zweistellige Wachstumsraten einbringen könnten. Er forciert den Kampf gegen Korruption und die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Und er lanciert die Emanzipation von der Kolonialmacht Frankreich und die Loslösung von der westafrikanischen Gemeinschaftswährung CAF-France, die an den Euro gekoppelt ist. Wobei er nichts überstürzen will, um nicht Investoren abzuschrecken, wie er beteuert.
Insgesamt treten 19 Kandidaten an, darunter der frühere Bürgermeister
von Dakar, mehrere ehemalige Premierminister – und eine Frau. Als deklarierter Favorit ist Amadou Ba ins Rennen gestartet, als Premier und Kandidat des Präsidenten, Macky Sall, ein Garant der Kontinuität. Doch der 62-Jährige gilt als farblos, obwohl er sich zuletzt als Bob-Marley- und ReggaeFan offenbart hat.
Mit seiner erratischen Politik hat Macky Sall seine Bilanz als einer der Wortführer des Kontinents getrübt und eine politische Krise ausgelöst. Im vorigen Sommer hatte er nach einer Protestwelle erklärt, keine dritte Amtszeit anzusteuern – was die Verfassung ohnehin untersagt. Zu Beginn des Jahres verschob er die Präsidentenwahl indes von Ende Februar auf Mitte Dezember und verlängerte so seine Amtszeit – auch vom Kalkül getrieben, Amadou Ba könnte die Wahl verlieren.
Welche Rolle spielt Sonko?
Der Verfassungsgerichtshof hob die Entscheidung allerdings rasch wieder auf, und Sall verkündete seinen Rücktritt für den 2. April. Dem Vernehmen nach haben ihn unter anderem US-Außenminister Antony Blinken und Barack Obama zum Einlenken bewegt. Bei einer Stichwahl, die eigentlich in drei Wochen stattfinden muss, könnte sich somit in Dakar ein fast zweiwöchiges Vakuum auftun. Derweil fragen sich Beobachter, welche Rolle Ousmane Sonko bei einem Sieg seines Protegés spielen würde.