Wie das System Doskozil funktioniert
Die wirtschaftspolitischen Visionen des Andreas Babler sorgen für Aufregung und Diskussionen. Aber das Wirken seines einstigen Kontrahenten Hans Peter Doskozil im Burgenland ist auch nicht ohne.
Eine kleine Meldung vor wenigen Wochen, nicht sonderlich brisant – so schien es. Das Marketing für den burgenländischen Wein ist einem neuen Obmann überantwortet worden. Brisanter ist da freilich, wer nun an der Spitze dieser laut Aussendung „unverzichtbaren Marketingorganisation“steht. Das ist Herbert Oschep, und der ist immerhin Büroleiter von Burgenlands Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil. Sagen wir so: Es passt ins Bild. Seitdem Doskozil Anfang 2019 das Amt übernommen hat, weht im Burgenland wirtschaftspolitisch ein recht etatistischer Wind. Die öffentliche Hand hat reihum die Hand drauf, „Doskonomics“bis zur letzten Konsequenz, der Herr Landeshauptmann hat die Kontrolle. Nicht nur in der Personalpolitik. Das Land sieht sich offenbar auch als Unternehmer – die Liste der Käufe bzw. Firmenbeteiligungen wird immer länger.
Und nicht selten lassen sich Personalpolitisches und Unternehmerisches wunderbar kombinieren: Im Jahr 2020 wurde die Verkehrsbetriebe Burgenland GmbH gegründet, dort ist Wolfgang Werderits Chef, ein ehemaliger Polizistenkollege Doskozils. Und Ende 2023 wurde die Burgenländische Mobilitätsorganisationsgesellschaft mbH gegründet. Dort sitzt der ehemalige rote Sektionschef im Verkehrsministerium, Gerhard Gürtlich, im Chefsessel.
Der Gründung beider Unternehmen liegt eine große Vision des roten Landeshauptmannes zugrunde: Der öffentliche Verkehr im Burgenland soll autark und reföderalisiert werden. Bisherige Aufgaben des VOR (Verkehrsverbund Ost-Region) für Wien, Niederösterreich und Burgenland werden im Alleingang übernommen. Die Verkehrsbetriebe Burgenland und die Mobilitätsgesellschaft haben bereits die Betreuung der Buslinien im Land an drei Unternehmen für die Regionen Nord, Mitte und Süd vergeben.
Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, ist ganz nach dem Geschmack des Hans Peter Doskozil. Nicht nur im öffentlichen Verkehr. Was Vorgänger Hans Niessl mühsam ausgelagert und privatisiert hat, wird mehr als rückgängig gemacht. Gut, man ahnte es bereits, nachdem Doskozil 2022 Blockflöten an Tausende Schulkinder verschenkte (die ÖVP sprach von „Blockflötenzwang“in der Schule), einen Mindestlohn von netto 1700 Euro für Landesbedienstete einführte oder die Hauskrankenpflege in Regionen aufteilte, in denen nur ein Träger tätig sein darf.
Kontrolle ist alles, auch unternehmerisch. Weit mehr als 100 Beteiligungen hält das Land Burgenland. So ganz genau weiß man das nicht, weil – wie ÖVP-Klubchef Markus
Ulram sagt – man von Käufen meist nur zufällig erfährt, die Kosten dafür werden überhaupt streng geheim gehalten. Dazu kommt, dass Beteiligungen entweder von der Landesholding Burgenland oder der Wirtschaftsagentur Burgenland oder direkt vom Land gehalten werden. Es ist kompliziert.
Oder doch nicht? Büroleiter Oschep sagt der „Presse“, dass es grundsätzlich darum gehe, „Arbeitsplätze im Burgenland zu erhalten“. Und darum, burgenländische Produkte zu fördern. Die beanstandete fehlende Transparenz habe natürlich auch ihren Grund, sagt Oschep: Viele Unternehmen, denen man mit einer Beteiligung des Landes helfe, hätten gar kein Interesse an großer Publizität.
Die Landesholding Burgenland berichtet auf ihrer Website jedenfalls stolz von zehn Säulen, die unterschiedlichste Bereiche, von Tourismus über Gesundheit, von Verkehr über Sport bis hin zu Wirtschaft, in allen möglichen Sektoren abdecken. Sie stehen für insgesamt 80 Unternehmen, die sich als „Dienstleiter für alle BurgenländerInnen“verstehen. Das Organigramm gerät zum beinharten Sehtest. Unter der Säule „Wirtschaft“finden sich die Wirtschaftsagentur Burgenland, die ebenfalls Beteiligungen hält, sowie die Athena Burgenland Beteiligungen AG, die „der burgenländischen Wirtschaft etablierte Finanzierungsinstrumente für Risikokapital zur Verfügung“stellt.
Es ist ein buntes Sammelsurium an Unternehmen. Man hat sie gekauft, man hat sie gegründet, man hat notleidenden Unternehmen aus der Patsche geholfen. Hans Peter Doskozil gefällt sich wohl in der Rolle des gütigen, kontrollierenden Landesvaters.
Allein in diesem (noch recht jungen) Jahr hat das Land Burgenland die Zuckerfabrik Siegendorf gekauft, dann die Therme Stegersbach. Das war im Jänner. Im Februar kündigte SPÖ-Landesrat Heinrich Dorner an, dass das Land das Hallenbad Pinkafeld samt Eislaufplatz und Sportzentrum erwerben wird. Im selben Monat kündigte Doskozil die Gründung der Burgenland-Molkerei an, die in einem ersten Schritt die Verarbeitung von rund 500.000 Kilo Rohmilch für den Bedarf in den landeseigenen und landesnahen Küchen abdecken soll. Denn: „Es gibt seit über 15 Jahren keine Molkerei im Burgenland. Das ist auch ein Nachteil für die heimischen Biomilchviehbetriebe, den wir jetzt kompensieren wollen.“
Wundern tut’s eigentlich niemanden, es passt recht gut ins Bild: Mitte 2023 erwarb die landeseigene Wirtschaftsagentur Burgenland 200.000 Flaschen Sekt der Kellerei A-Nobis von Norbert Szigeti, um deren Liquidität zu erhalten – man verzeihe das Wortspiel. Es wurde dazu eigens die A-Nobis Reserve GmbH gegründet. Gegenstand des Unternehmens laut Notariatsakt: „Bevorratung und Lagerei“. Auch der Aktivpark Güssing wurde erworben. Da wurde sogar der Kaufpreis in Höhe von 3,5 Millionen Euro bekannt gegeben. Weitere sechs Millionen werden in die Sanierung investiert.
Das Land Burgenland ist unternehmerisch halt recht vielseitig und vor allem recht spendabel. Ende 2022 wurden sogar 81 Prozent am Wedding Planner Lovebiirds erworben. An der Aviation Academy Holding wird die Mehrheit gehalten –Pilotentrainings sind regional eben auch wichtig.
„Trotz Rekordverschuldung des Landes spielt Doskozil weiter Monopoly auf Kosten der Steuerzahler“, ärgerte sich erst im Jänner
ÖVP-Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas via Presseaussendung – eine von vielen.
Aber bei allem Ärger – Geld stinkt halt nicht: Sogar die schwarze Landwirtschaftskammer Burgenland hat Ende 2023 einen Kooperationsvertrag mit dem Land Burgenland unterzeichnet. Er garantiert, wie stolz verkündet wurde, der Kammer jährlich rund drei Millionen Euro an Landesgeldern. Das Land Burgenland erwirbt dafür Liegenschaften im Gesamtausmaß von knapp 30 Hektar. Der Vertrag sichere die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kammer langfristig ab, freute sich Kammerpräsident Nikolaus Berlakovich aufrichtig.