Die Presse

Bankomaten werden zur Mangelware

Die Anzahl der Bankomaten ist so drastisch gesunken wie noch nie. Gleichzeit­ig verbuchte die Nationalba­nk einen Milliarden­verlust. Dividenden für die Republik fallen heuer damit aus.

- VON MADLEN STOTTMEYER

So mancher Tourist kommt in Österreich­s Kaffeehäus­ern schnell ins Schwitzen, wenn der Ober bei der Bezahlung auf ein versteckte­s „Cash only“-Schild verweist. Ohne Bargeld außer Haus zu gehen, wird hierzuland­e zum fast waghalsige­n Unterfange­n. So wird die Bargeldlie­be in Österreich gepflegt und gewisserma­ßen erzwungen.

Doch leider wollen da die Banken nicht so recht mitspielen. Sie sind ja der Hauptverso­rger ihrer Kundinnen und Kunden mit Geldschein­en. Aber Österreich­s Geldhäuser bauen immer mehr Bankomaten ab. Das geht aus der Bilanz der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) hervor.

510 Bankomaten weniger

Die Versorgung des Landes mit Geldautoma­ten ist so drastisch zurückgega­ngen wie noch nie. 2023 waren es 510 Stück weniger als noch im Jahr 2021. Das entspricht einem Rückgang von rund sechs Prozent. Das mag nach keiner großen Sache klingen, doch in manchen Gegenden müssen die Menschen größere Strecken zurücklege­n, um überhaupt an Bares zu kommen. Bis 2021 wurden immer mehr Bankomaten gebaut, doch danach kam der große Versorgung­seinbruch.

Dabei sei Bargeld so beliebt wie eh und je. 95 Prozent der österreich­ischen Bevölkerun­g können sich eine Welt ohne Bargeld nicht vorstellen. Für zwei Drittel soll Bargeld seine aktuelle Bedeutung auch behalten.

Jedenfalls will die Nationalba­nk gegen den Rückgang von Bankomaten vorgehen. Ihr Ziel ist es, den Zugang zu Bargeld in ganz Österreich zu sichern. Denn die Institutio­n, die die Banken überwacht, plant ein Grundverso­rgungsmode­ll. Dabei sollen rund 67 Prozent der Bevölkerun­g innerhalb eines Kilometers einen Bankomaten zur Verfügung haben, rund 83 Prozent innerhalb von zwei und 97 Prozent innerhalb von fünf.

Neben den Bankomaten gibt es österreich­weit 5000 Unternehme­n, über die eine Bargeldabh­ebung an der Kassa möglich ist. Zwar haben die Banken einen gewissen Bargeldver­sorgungsau­ftrag. Ein Gesetz, das diese verpflicht­et, für eine bestimmte Anzahl an Geräten zu sorgen, gibt es jedoch nicht. Die Kosten eines Bankomaten sind stark von der Nutzungsfr­equenz abhängig. Wenn die Nachfrage nur gering ist, wird die Betreibung eines Geräts im Verhältnis zu den Servicekos­ten unrentabel. Derzeit befinde man sich in einer intensiven Diskussion­sphase, sagt OeNB-Direktor Eduard Schock. Bis zum Ende des Jahres wolle man eine Absichtser­klärung erreichen.

Verlust von 2,2 Milliarden Euro

Außerdem präsentier­te das Institut seine Bilanzzahl­en. Wie die „Presse“berichtete, hat die Nationalba­nk im Vorjahr einen deutlichen Verlust eingefahre­n. Das geschäftli­che Ergebnis lag bei minus 2,21 Mrd. Euro, unterm Strich stand ein Bilanzverl­ust von 2,06 Mrd. Euro. Allein das Minus aus den geldpoliti­sch motivierte­n Maßnahmen betrug rund 2,9 Milliarden Euro. Die Republik wird daher heuer abermals keine Dividende von der Notenbank erhalten.

Das negative Ergebnis sei erneut dem sogenannte­n Asset-Liability-Mismatch geschuldet, sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann. Das passiert, wenn niedrige Zinserträg­e aus der Verzinsung von Wertpapier­en hohen

Zinsaufwen­dungen für die Einlagen von Banken gegenübers­tehen. Während die OeNB mit den Zinsen von Staatsanle­ihen rund 500 Millionen Euro einnahm, wurde den Banken hingegen, die rund 100 Milliarden an Einlagen bei der Nationalba­nk liegen hatten, ein Zinsaufwan­d von 3,8 Milliarden Euro bezahlt.

Aufgrund der europäisch­en Geldpoliti­k der vergangene­n Jahre wird die OeNB noch länger brauchen, bis sie sich wieder von ihren Bilanzverl­usten erholt hat. Auch heuer wird mit einem Verlust gerechnet – „sicher im Milliarden­bereich“, sagte OeNB-Direktor Thomas Steiner. Bis der Bund wieder Ausschüttu­ngen bekommt, werden noch viele Jahre vergehen. Um keinen Verlust zu haben, hätte die Nationalba­nk in den vergangene­n zehn Jahren keine Dividende ausschütte­n dürfen.

 ?? ?? Ein Gesetz, das Banken verpflicht­et, für eine bestimmte Anzahl an Geräten zu sorgen, gibt es in Österreich nicht. [Clemens Fabry]
Ein Gesetz, das Banken verpflicht­et, für eine bestimmte Anzahl an Geräten zu sorgen, gibt es in Österreich nicht. [Clemens Fabry]

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