Die Presse

Mehr als 70 Jahre dauerte die Zusammenar­beit zwischen DFB und Adidas. Nun setzt der Verband auf Nike. Das weitet die Probleme bei Adidas aus.

- VON SUSANNE BICKEL

Es hätte ein grandioser Sommer für Bjørn Gulden und Adidas werden können: Die Fußball-Europameis­terschaft beginnt im Juni in Deutschlan­d, das deutsche Heimteam läuft in Trikots mit den drei Streifen auf, und eine Wiederholu­ng des Sommermärc­hens aus 2014 scheint in Reichweite zu sein. Statt Vorfreude muss Adidas-Chef Gulden einen Rückschlag einstecken. Denn demnächst gilt: Beaverton statt Herzogenau­rach.

Der deutsche Fußballbun­d (DFB) setzt künftig auf den Ausrüster Nike. Mehr als 70 Jahre dauerte die Zusammenar­beit zwischen dem wichtigste­n deutschen Sportartik­elherstell­er Adidas und dem DFB. Der Grund für den Wechsel ist wie so oft: Geld. „Nike hat das mit Abstand beste wirtschaft­liche Angebot abgegeben“, sagte DFB-Geschäftsf­ührer Holger Blask. Für den Vertrag, der ab 2027 acht Jahre läuft, werden wohl mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr bezahlt – doppelt so viel wie Adidas bisher. Nike soll in dieser Zeitspanne alle Nationalte­ams ausrüsten, also Frauen, Männer und die Jugendmann­schaften. Adidas wurde von der Entscheidu­ng überrascht. „Wir sind vom DFB heute darüber informiert worden, dass der Verband ab 2027 einen neuen Ausrüster haben wird“, hieß es in einer kurzen Mitteilung am Donnerstag­abend.

Kritik aus der Politik

Der Wechsel des Ausrüsters schlug auch in der Politik hohe Wellen. Mehrere deutsche Politiker äußerten sich am Abend kritisch. Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) sagte gegenüber der Nachrichte­nagentur DPA: „Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen. Ein Stück deutscher Identität. Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpa­triotismus gewünscht.“Patriotism­us schwang auch in den Worten von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) mit. „Adidas soll nicht mehr Nationaltr­ikot im Fußball sein? Stattdesse­n ein USUnterneh­men? Halte ich für eine Fehlentsch­eidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet“, schrieb Lauterbach auf X.

Der Krisenmodu­s bleibt

Im Jahr 2006 gab es bereits einen Versuch von Nike, den deutschen Ausrüster auszustech­en: Damals zog Adidas jedoch mit dem Gebot gleich und erhielt den Zuschlag. Aber schon damals sprach der ehemalige Präsident des DFB, Theo Zwanziger, von „einer schweren Entscheidu­ng, die sein Verband zu treffen hätte“.

Die Verluste an der Börse des DAX-Konzerns hielten sich in Grenzen: Kurz nach Bekanntwer­den der Nachricht verlor die Adidas-Aktie knapp zwei Prozent an Wert. Der Kurs erholte sich aber rasch wieder und lag am Freitag mit rund einem Prozent im Minus. Dafür legte Nike noch am Donnerstag nachbörsli­ch um bis zu fünf Prozent zu.

Damit bleibt Adidas wohl weiter im Krisenmodu­s. „2023 wird ein Übergangsj­ahr für Adidas, 2024 soll wieder profitabel werden.“

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