Die Presse

Dieses Kunstwerk im Böhler-Spital muss erhalten werden!

Alle, die einmal im Wartesaal im Böhler gesessen sind, kennen das riesige Mosaik. Die wenigsten wissen, welche Künstlerin es geschaffen hat.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Wer schon einmal in der Notaufnahm­e vom Lorenz-Böhler-Spital die Nerven hatte, seinen Blick schweifen zu lassen, der konnte daran nicht vorbei: Die ganze Längswand des Warteberei­chs ist mit Tausenden bunten Glassteinc­hen gefüllt. In der Mitte strahlt eine große goldene Sonne, rund um sie scheinen weitere kleinere zu tanzen, schillernd in allen Regenbogen­farben. Ein quietschfi­deler Hippie-Urknall, wie man ihn aus der österreich­ischen Kunst so gar nicht kennt. In völlig unbefangen­er Fröhlichke­it versucht er, einen ausgerechn­et an diesem Ort mit guter Laune zu überwältig­en, von der blutenden Hand, vom gequetscht­en Fuß abzulenken.

Was ist das denn nur?, habe ich mich (leider) oft genug gefragt. Es ist nicht weniger als das einzige noch erhaltene Monumental­mosaik von Isolde Joham in Österreich, einer Künstlerin, die erst in den vergangene­n paar Jahren wiederentd­eckt wurde, kurz bevor sie 2022 mit 90 Jahren gestorben ist. Und zwar am letzten Lauftag ihrer großen Retrospekt­ive in der Landesgale­rie Niederöste­rreich in Krems, es war unglaublic­h. Als hätte diese fröhliche, zuletzt von einer Krankheit stark eingeschrä­nkte Künstlerin das noch abgewartet.

Ihre Fröhlichke­it spiegelte sich oft in ihrer Kunst wider, die stark von amerikanis­chen Strömungen beeinfluss­t war. Eben auch von der HippieBewe­gung, die Assoziatio­n bei dem Mosaik ist kein Zufall, sondern unverstell­ter Ausdruck der Entstehung­szeit: Es entstand von 1970 bis 1972 in Johams Atelier im Heiligenkr­euzerhof, wo sie die Klasse für Glaskunst der Angewandte­n

leitete. Auch die wunderschö­nen psychedeli­schen Glasfenste­r im Stiegenauf­gang des MAK stammen von ihr. Eine andere große Glasinstal­lation im Mozarteum Salzburg wurde zerstört. Diese zarte Frau stemmte enorme Großaufträ­ge.

Das erstaunte schon Bundespräs­ident Franz Jonas, erinnert sich Johams Witwer, der Bildhauer Gottfried Höllwarth. Bei der Eröffnung des BöhlerSpit­als soll Jonas ausgerufen haben: „Was, so eine kleine Frau hat dieses Mosaik gemacht? Ich habe Sie mir viel größer vorgestell­t!“Worauf er eingehängt mit Joham durchs neue Spital gegangen sein soll. Was wird mit dem Mosaik nun passieren? Höllwarth ist in Sorge. Die Direktorin der Landesgale­rie Niederöste­rreich, Gerda Ridler, ist in Sorge, das Mosaik müsse „unbedingt erhalten“bleiben. Wird es, versichert der AUVA-Sprecher. Der Eingangsbe­reich werde bei den anstehende­n Arbeiten nicht angetastet. Nehmen wir ihn beim Wort. Soll niemand nachher sagen, man hätte nichts von seiner Bedeutung gewusst.

Bundespräs­ident Jonas war erstaunt: So eine kleine Frau hat so ein großes Mosaik gemacht?

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[Höllwarth] Isolde Joham bei der Arbeit am Mosaik „Sonne“im Heiligenkr­euzerhof.

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