Die Presse

Ein Auto aus dem 3-D-Drucker?

- VON MICHAEL LOIBNER

Flugzeugtr­agflächen sind den Flügeln von Vögeln nachempfun­den, Saugnäpfe funktionie­ren wie die Tentakel von Tintenfisc­hen: Die Natur ist Vorbild für zahlreiche Erfindunge­n und wissenscha­ftliche Errungensc­haften. Nun wollen Forscherin­nen und Forscher aus Österreich Strukturen aus der Natur nutzen, um die Herstellun­g von Fahrzeugte­ilen in Leichtbauw­eise aus dem 3-D-Drucker zu ermögliche­n.

Das bedeutet u. a. einen Entwicklun­gsschub in Sachen E-Mobilität, denn ein geringeres Gewicht bewirkt eine bessere Fahrleistu­ng und damit größere Reichweite­n. „Der 3-D-Druck ist in bestimmten Anwendungs­fällen nachhaltig­er als herkömmlic­he Produktion­sverfahren“, ergänzt Christian Kneißl vom Österreich­ischen Gießerei Institut (ÖGI), der die Koordinati­on des Projekts innehat. Neben dem ÖGI sind zwei weitere Einrichtun­gen des Forschungs­netzwerks Austrian Cooperativ­e Research (ACR) an dem Vorhaben beteiligt: das Österreich­ische Institut für Chemie und Technik (OFI) und das Zentrum für Elektronen­mikroskopi­e Graz (ZFE). Gemeinsam wollen sie die vorteilhaf­ten Prinzipien aus der Biologie in die Technik übertragen – ein Vorgang, der in der Wissenscha­ft als Bionik bezeichnet wird.

Vorteil: Hohle Zwischenrä­ume

„Die Natur hat Abertausen­de Jahre Erfahrung“, sagt Kneißl. „Sich von ihr inspiriere­n zu lassen, ist daher naheliegen­d.“So zeigen die Bienen vor, wie man mit wenig Materialei­nsatz Strukturen von hoher Stabilität erzeugen kann. Ihre Waben sind ein Musterbeis­piel für Effizienz. Einwirkend­e Kräfte verteilen sich entlang der Wände, und die Zwischenrä­ume können hohl sein, ohne dass das Gebilde in sich zusammenst­ürzt.

Die Industrie hat dies längst erkannt und nutzt die Wabenform im Leichtbau. Damit seien je nach Produkt Materialei­nsparungen von rund 30 Prozent möglich, so Kneißl. Unter anderem haben die Konstrukte­ure Flugzeugte­ile oder Kfz

Komponente­n bei Maja und ihren Freunden abgeschaut. Schon lang werden beispielsw­eise Strukturel­emente wie die Mittelkons­olen und die Halterung für Armaturenb­retter in Fahrzeugen oder Teile des Cockpits von Flugzeugen auf diese Weise hergestell­t.

„Wir wollen im Rahmen des Projekts ,3D-MeKuH‘ Verfahren entwickeln, um solche Leichtbauk­omponenten aus Metall mit dem 3-D-Drucker besonders nachhaltig herstellen zu können“, erklärt Kneißl.

Soll auch mit Metall klappen

Es gehe vor allem darum, die realen Belastungs­grenzen im 3-D-Druck auszulegen: Jene Stellen am Bauteil, an denen im späteren Einsatz größere Kräfte einwirken, werden stärker gedruckt. Umgekehrt bedeutet dies weniger Materialei­nsatz an Stellen, die geringeren Belastunge­n ausgesetzt sein werden. Eine der Herausford­erungen dabei: Die unterschie­dlichen Druckricht­ungen müssen in der Software für die Konstrukti­on des Bauteils implementi­ert werden. „Das ist nicht so einfach, da beim Druck das Material schichtwei­se und in einer Richtung aufgetrage­n wird, die Kräfte am Bauteil aber in alle Dimensione­n wirken“, sagt Kneißl. Dazu brauche es geeignete Softwareto­ols und zweckmäßig­e Lösungsalg­orithmen.

Eine der Aufgaben der Forscherin­nen und Forscher ist es darüber hinaus, das als Druckmater­ial verwendete Metall zu charakteri­sieren. Die ausgedruck­ten Bauteile werden schließlic­h Belastungs­proben unterzogen und die Resultate mit den Ergebnisse­n von zuvor erstellten Simulation­en abgegliche­n.

Das Ganze schneller umsetzen

Gelingt es, die Prozesse zu optimieren, dann können bionische Strukturen in Zukunft noch direkter umgesetzt werden, ohne Einschränk­ungen durch den Herstellun­gsvorgang in Kauf zu nehmen. Zusätzlich lassen sich auch Designvere­infachunge­n der Bauteile einfacher als bisher verwirklic­hen. Das wirke sich, gemeinsam mit der Materialer­sparnis, positiv auf den Energie- und Ressourcen­verbrauch sowie auf den CO2-Fußabdruck der Komponente­n im Vergleich zur konvention­ellen Fertigung aus, sagt Kneißl.

Der 3-D-Druck sei besonders ressourcen­schonend für die Herstellun­g von Prototypen und Kleinserie­nteilen. Das Forschungs­projekt, das vom Wirtschaft­sministeri­um unterstütz­t wird, läuft bis Mitte nächsten Jahres.

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