Der Eigensinn der Töchter
Herrje, da hat man zwei Töchter, bietet ihnen nur das Beste im Leben, und dann fällt ihnen nichts Besseres ein, als dem wohlhabenden, adligen Elternhaus den Rücken zu kehren und ein seltsames eigenbrötlerisches Leben zu führen?!
Natürlich hat die Ältere mit dem Unsinn begonnen: Sie hatte einen Mann kennengelernt, der ihr nur allzu gut gefiel. Das betraf aber nicht sein Äußeres, sondern, etwas schwulstig ausgedrückt, sein Inneres – seine Gesinnung, seine Lebensweise. Das faszinierte sie, das wollte sie ihm nachmachen. Sie zog von daheim aus, und der Mann brachte sie in einer Art Frauengemeinschaft unter. Ihr Äußeres hatte sie ähnlich dem seinen radikal geändert: Sie trug ihre Haare fortan kurz und verzichtete auf unnötigen Klimbim bei der Kleidung.
Gut zwei Wochen später stand die jüngere Schwester vor der Tür der älteren, woraufhin der Vater versuchte, zumindest diese zurückzuholen. Er schickte den Onkel, um das Mädchen zur Rückkehr zu zwingen. Der Onkel wollte sogar Gewalt anwenden, doch half ihm sein Schwert nichts – es versagte ihm den Dienst. Und auch seine Gefolgschaft schaffte es nicht, das Mädchen aus dem Haus zu zerren – es schien Tonnen zu wiegen.
Die Schwestern wurden nicht weiter behelligt, und sie machten sich daran, ihr neues Haus für sich und andere Frauen, die da noch kommen sollten, herzurichten. Diese kamen tatsächlich: Unter ihnen befanden sich ihre anderen Schwestern, Freundinnen, eine Tante und ihre nun verwitwete Mutter.
Der jüngeren Frau wurde von dem Mann die Leitung einer anderen Frauengemeinschaft übertragen, und sie gründete im Laufe der Zeit weitere. Die ältere blieb in jenem Haus, das sie zuvor gebaut hatten, und lebte nach strengen Regeln, die sie selbst aufgestellt hatte. Ihrem Vorgesetzten gefielen diese aber nicht, sie schienen ihm zu streng und nicht umsetzbar – bis er sie aber doch noch anerkannte, just einen Tag vor ihrem Tod. Angesichts des nahenden Tods der älteren Schwester eilte die jüngere herbei, um sich zu verabschieden – kein halbes Jahr später verstarb auch sie. Wer traf wen? Das Haus? Die Gemeinschaften? Der Vorgesetzte? Die Regeln?