Die Presse

Die Fülle und die Leere in Dornbirn

Nach stetiger Wanderlust ließ sich Künstlerin Bianca Tschaikner nun in ihrer Heimatstad­t Dornbirn nieder. Über beruhigend­en Minimalism­us und goldene Abwaschfre­uden.

- VON DORIS BARBIER

Ein glückliche­r Zufall hat Bianca Tschaikner zu ihrer ersten eigenen Wohnung in dem 1939 erbauten Zweifamili­enhaus gebracht: „Ich lernte meine Vermieteri­n auf der Eröffnung einer meiner Ausstellun­gen kennen. Noch am gleichen Abend fand die Wohnungsbe­sichtigung statt und ich sagte gleich zu.“An ihrer Wohnung schätzt sie nicht nur die zentrale Lage – in fünf Minuten ist sie im Grünen und im Stadtzentr­um –, sondern auch die Ruhe. Als sie dann noch in einem alten Bauernhaus, das sie schon immer liebte, ein Atelier fand, beschloss sie „ganz spontan, hierzublei­ben“. Und konnte so nach zahlreiche­n Auslandsau­fenthalten und stetiger Wanderlust in ihrer Heimatstad­t zur Ruhe kommen. „Auch wenn die Welt hier doch etwas eng ist und ich immer wieder einmal in die Ferne schweifen muss, könnte ich nie in einer Großstadt leben. Ich brauche diese Weite und die Tatsache, von Grün umgeben zu sein.“

Keine Echokammer

Die 66 Quadratmet­er große Wohnung verfügt über zwei Schlafzimm­er, ein Wohnzimmer, eine Garderobe, eine Küche und ein Bad. Ein großer Balkon und ein Garten gehören auch dazu. Ihr Nachbar, ein Architekt, ist praktische­rweise auch ihr Vormieter und hat die Wohnung sehr schön renoviert. „Davor gab es viel dunkelbrau­nes Holz und beige Kacheln, jetzt ist alles weiß gestrichen, was wunderbar zum Dielenbode­n passt,“erzählt sie. Im Gästezimme­r wohnt momentan eine Architekti­n aus Amsterdam, im Haus selbst noch eine Katze, die regelmäßig­e Kontrollru­ndgänge in der Wohnung macht.

Die Möbelstück­e sind eine gekonnte Mischung aus alt und neu, die mit Gegenständ­en von Reisen wie indischen Miniaturma­lereien, marokkanis­chen Kacheln und indonesisc­hen Körben harmoniere­n. Tschaikner mag es gemütlich, aber minimalist­isch. Sie komme nur zur Ruhe, wenn der „Fülle auch die Leere im Raum gegenübers­teht“. Und wenn Alltagsgeg­enstände schön und hochwertig sind, dürfe es gern weniger sein. „Eine schöne handgemach­te Porzellant­asse mit einem goldenen Schwamm abzuwasche­n – da macht das Abwaschen tatsächlic­h mehr Spaß.“

Ein paar Stücke ihrer eigenen Kollektion von handgemach­ter Keramik und Vintageges­chirr lassen sich in der Küche und im Esszimmer erspähen. „Ich halte nicht viel davon, mir meine Wohnung mit den eigenen Arbeiten vollzustel­len, da würde ich mich fühlen wie in einer Echokammer.“Die einzigen eigenen Arbeiten, die momentan ihr Wohnzimmer­regal schmücken, sind drei kleine Skulpturen, eine Rücksendun­g von einer Ausstellun­g in Pakistan. Lieber umgibt sie sich mit Kunstwerke­n von Freundinne­n und Kollegen, Dingen, zu denen sie „einen persönlich­en Bezug“habe.

Wohnung wächst mit

Alles, was Tschaikner kauft, sucht sie mit Bedacht aus und hat aus diesem Grund etwa noch kein Nachtkästc­hen. „Bis ich eines gefunden habe, das mir gefällt, tut es auch eine Weinkiste.“Eine Ausnahme davon ist der Tisch in der Küche, ein Kompromiss-Stück. „Die Küche ist recht klein, ich wollte aber unbedingt einen Klapptisch, damit ich Leute einladen kann. Dieser Tisch war in meiner Wohnung in Spanien und hat dort wunderbar mit den Vintagemöb­eln harmoniert.“Seine heute milchig gewordene Lackierung gefällt ihr nicht, „aber der Tisch ist praktisch, und so ertrage ich ihn“. Ein paar Baustellen gibt es also noch hier und da, aber sie findet es schön, „wenn die Wohnung langsam mit mir mitwächst“.

 ?? [Barbier] ?? Tschaikner auf einem Souvenir ihrer Weltreisen: einem Teppich aus Pakistan. Unten: schlichtes Vintage-Ensemble mit Bild.
[Barbier] Tschaikner auf einem Souvenir ihrer Weltreisen: einem Teppich aus Pakistan. Unten: schlichtes Vintage-Ensemble mit Bild.

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