Salzburg: Auch unangekündigte Revolutionen finden selten statt
Kay Michael Dankl hat das Amt des Salzburger Bürgermeisters letztlich doch recht klar verfehlt. Für Österreichs Politik gibt es dennoch einiges zu lernen.
Die Stadt Salzburg wird nach einer sechsjährigen ÖVP-Unterbrechung nun wieder von einem sozialdemokratischen Bürgermeister regiert. Und doch nicht zum ersten Mal von einem Kommunisten mit dem Zusatz Plus. Also ist wieder die SPÖ in der Stadt an der Salzach am Ruder, wie all die restlichen Jahre seit der Jahrtausendwende. Der Spekulationsskandal der Stadt Salzburg, den Langzeitbürgermeister Heinz Schaden zu verantworten hatte und der seine SPÖ auch in den Jahren danach den Job im Schloss Mirabell gekostet hat, ist also von den Wählerinnen und Wählern abgehakt.
Die Erleichterung war Spitzenkandidat Bernhard Auinger in einer ersten Reaktion anzumerken. Persönlich (es war ja nicht sein erster Anlauf), aber auch für seine Partei. Eine Niederlage in der Stichwahl gegen einen Kandidaten aus dem linken Spektrum wäre in einer Phase, in der just soziale Themen (Inflation, Wohnungsnot) dominieren, ein ziemlich beunruhigendes Vorzeichen für die SPÖ angesichts der im Herbst anstehenden Nationalratswahl.
Auch unangekündigte Revolutionen finden also nicht statt, könnte man nun nach der doch recht deutlichen Stichwahlniederlage von Kay-Michael Dankl und seinen Pluskommunisten sagen. Und einen Strich unter die Aufregung zwischen Pferdeschwemme und Mozartplatz machen. Doch damit machte man es sich definitiv zu einfach. Die Kommunisten werden wohl ein lokales Phänomen bleiben, doch der politische Trend ist unübersehbar. Auf den Stimmzetteln werden immer öfter lieber jene angekreuzt, die aus dem politischen Einheitsbrei herausstechen. Sei es aufgrund ihres Programms oder sei es auch aufgrund ihrer Persönlichkeit.
Und hier muss man dem Kandidaten Dankl, ohne dass man auch nur das geringste Verständnis für sein Antreten im Jahr 2024 unter dem Label KPÖ haben muss, auch ein Kompliment machen. Sein Auftreten war in vielerlei Hinsicht eine wohltuende Abwechslung. Was der etablierten Politik doch zu denken geben sollte, die oft zwischen langweiligen Stehsätzen und aggressiver Wadelbeisserei wenig Sinn für ein Dazwischen findet. Und das, obwohl gerade alle gerne die Mitte (was immer das auch sein mag) für sich reklamieren.
Doch der Erfolg Dankls ist auch ein Zeichen für die Lust am Tabubruch beim Wählen. Keine Liste ist zu originell, keine Position zu abwegig, kein historischer Konnex zu bedenklich, als dass dafür nicht genügend Proteststimmen zusammenkommen würden. In dieser Hinsicht hat die KPÖ plus das Neue mit dem Uralten lustvoll und ziemlich unverfroren kombiniert.
Und ja, Politik muss auf die Sorgen und Nöte der Menschen eingehen, natürlich. Allerdings kann das nicht bedeuten, dass sich Menschen in politischen Ämtern buchstäblich um jeden Einzefall bemühen sollen und diesen womöglich noch mit persönlichen Spenden abmildern. Das ist etwa auf Bundesebene schon rein rechnerisch nicht mehr möglich, soviel verdient kein Bundeskanzler und keine Ministerin. Die Kunst des politischen Handwerks liegt ja gerade darin, aus den individuellen Problemen allgemeingültige Lösungen zu destillieren. Und so, wenn schon nicht allen, so zumindest so vielen wie möglich zu helfen.
Das wird den politischen Akteuren offenbar immer weniger zugetraut, obwohl die großzügigen Hilfen in der Pandemie, Energiekrise und Inflationshausse ohnehin beinahe jeden Haushalt fanden. Die Umfragen für den Herbst lassen vermuten, dass die Regierenden dafür keinen Dank in Form einer Wiederwahl erwarten können. Vielleicht lohnt es sich ja doch, mit mutigen Konzepten in den Wahlkampf zu gehen, die kontrovers sind, nicht sofort zu verstehen sind, nicht von vorneherein Mehrheiten versprechen, die dafür aber vielleicht gute Lösungen für komplexe Probleme bieten.
Mehr als verlieren kann man nicht. Allerdings sind die Wählerinnen und Wähler dieser Tage gerne für Überraschungen gut. Vielleicht zieht ja jemand diese Lehre aus der Salzburger Wahl. Es ist noch ein ganzes halbes Jahr bis zur Nationalratswahl im Herbst.