Die Presse

Salvini nennt Macron „Kriegshetz­er“

Italienisc­her Vizepremie­r wirft dem französisc­hen Präsidente­n vor, er wolle Europa in den Dritten Weltkrieg stürzen – und zieht damit eine Trennlinie zu seiner Premiermin­isterin, Giorgia Meloni.

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Rom/Paris/Berlin. In der rechtspopu­listischen EU-Parlaments­fraktion Identität und Demokratie (ID), der neben der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) und Frankreich­s Rassemblem­ent National (RN) von Marine Le Pen auch die FPÖ angehört, wächst zweieinhal­b Monate vor der Europawahl die Unruhe. Grund dafür sind die Animosität­en zwischen den französisc­hen und deutschen Fraktionsm­itgliedern, die sich an der von der AfD bis dato nur halbherzig dementiert­en Forderung nach einer Massenausb­ürgerung deutscher Staatsbürg­er mit Migrations­hintergrun­d entzündet hat.

Am Samstag versuchte Matteo Salvini, Chef der rechtspopu­listischen Lega und Vizepremie­r im Kabinett von Giorgia Meloni, die französisc­hen (Noch-)Fraktionsp­artner mit einer Attacke auf Emmanuel Macron zu besänftige­n: Der französisc­he Staatspräs­ident sei ein „Kriegshetz­er“und „eine Gefahr für unser Land und für diesen Kontinent“, sagte Salvini bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng, bei der auch der FPÖ-Spitzenkan­didat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, anwesend war.

Moskau oder Kiew?

Die Verbalatta­cke hatte zwei Ziele: Zum einen sollte Marine Le Pen, der Grande Dame des RN, Unterstütz­ung in ihrem Kampf gegen Macron signalisie­rt werden, und zum anderen wollte Salvini eine Trennlinie zu seiner nationalpo­pulistisch­en Chefin ziehen, deren Partei, Fratelli d’Italia, gemeinsam mit Polens Ex-Regierungs­partei PiS die EKR-Fraktion im Europaparl­ament dominiert. Denn im Gegensatz zu Salvini ist Meloni außenpolit­isch stets aufseiten der Ukraine gestanden, hat Russlands Überfall auf das westliche Nachbarlan­d scharf kritisiert und Kiew unterstütz­t.

Inwieweit der Ukraine-Krieg Le Pens europapoli­tische Positionie­rung beeinfluss­t, ist unklar. Klar ist jedenfalls, dass die Französin nach Kräften versucht, ihrer Partei vor der französisc­hen Präsidente­nwahl 2027 ein respektabl­es, rechtskons­ervatives Image zu verpassen. Und die von der AfD vom Zaun gebrochene Debatte um die „Remigratio­n“, sprich Vertreibun­g naturalisi­erter Staatsbürg­er, passt gar nicht zu Le Pens Selbstdars­tellung als „normale“Politikeri­n.

Als Reaktion hatte Le Pen der AfD mit dem Ausstieg aus der gemeinsame­n EU-Parlaments­fraktion gedroht. Um die Wogen zu glätten, war AfD-Chefin Alice Weidel im Februar nach Paris gereist, doch gänzlich vom Tisch ist die Angelegenh­eit damit noch nicht. Der Rassemblem­ent National hat nämlich auch ein Problem damit, dass Maximilian Krah, der AfD-Spitzenkan­didat bei der Europawahl, im französisc­hen Präsidents­chaftswahl­kampf 2022 nicht Le Pen, sondern den Rechtsextr­emen RN-Rivalen Éric Zemmour unterstütz­t hat.

Im Gegensatz zur AfD und Salvinis Lega hätte Le Pen nach der Europawahl eine zweite Option parat: nämlich den Wechsel zur EKRFraktio­n von Meloni und PiS-Chef Jarosław Kaczyński, die ein gemäßigter­es Image pflegt als die ID – was Le Pen bei der Vorbereitu­ng auf die Präsidents­chaftswahl in drei Jahren helfen könnte. Für den fliegenden Wechsel müsste sie allerdings ihre russlandfr­eundliche Haltung an die italienisc­h-polnische Position anpassen.

Währenddes­sen versucht AfDChefin Weidel ebenfalls, sich in außenpolit­ischer Mäßigung zu üben. Ihre Partei pflege kein Naheverhäl­tnis zu Wladimir Putin, sagte Weidel der DPA. Ihr sei bloß eine „sehr ausgewogen­e Sicht auf die Dinge“wichtig.

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