Die Presse

Obdachlose­n angezündet: Noch kein Geständnis

Jener 65-jährige Mann aus der russischen Föderation, der in der Nacht auf Samstag in Graz einen Obdachlose­n angezündet hat, gibt nun zu, Feuer gelegt zu haben. Einen gezielten Angriff bestreitet er.

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„Es gibt keine Worte, die man zu einer so unmenschli­chen und grausamen Tat finden kann.“So reagierte die Grazer Bürgermeis­terin, Elke Kahr (KPÖ), auf den Brandansch­lag auf einen 52 Jahre alten Ungarn in der Nacht auf Samstag auf dem Grazer Lendplatz. Wie in einem Teil der Ausgabe der „Presse am Sonntag“berichtet, hat die Polizei bereits einen Verdächtig­en ausgeforsc­ht. Doch dieser Mann bestreitet eine gezielte Brandattac­ke auf das Opfer.

Der 65-jährige Verdächtig­e aus der Russischen Föderation stammt ebenfalls aus dem Obdachlose­nmilieu. Er hielt sich zuletzt illegal und ohne festen Wohnsitz in Österreich auf. Der Mann wurde in die Justizanst­alt Graz-Jakomini eingeliefe­rt. Das Opfer schwebt indessen weiterhin in Lebensgefa­hr.

Der 65-Jährige dürfte das Opfer, das im Eingangsbe­reich eines Schreibwar­engeschäft­s nächtigte, gegen 0.40 Uhr mit einer brennbaren Flüssigkei­t überschütt­et und angezündet haben. Bei einer Gegenübers­tellung erkannten die Zeugen des Vorfalls auf dem Lendplatz den Mann eindeutig als jenen wieder, der sich gegen Mitternach­t vom dortigen Tatort entfernt hatte. Bei einer Untersuchu­ng des Tatorts stellte sich heraus, dass es sich bei der Flüssigkei­t nicht um Brandbesch­leuniger gehandelt hatte.

Verdacht: Mordversuc­h

In einer ersten Einvernahm­e legte der Verdächtig­e kein Geständnis ab. Er gab aber zu, Feuer gemacht zu haben. Angeblich, um sich aufzuwärme­n. Das Opfer will er nicht einmal wahrgenomm­en haben. Der Verdächtig­e wurde mittlerwei­le in die Justizanst­alt Graz-Jakomini eingeliefe­rt.

Bei der Staatsanwa­ltschaft Graz läuft das Ermittlung­sverfahren vorerst weiterhin unter dem Titel „Versuchter Mord“, erklärte Behördensp­recher Christian Kroschl. Er kündigte an, dass die Staatsanwa­ltschaft einen Antrag auf U-Haft stellen werde.

Das Opfer war ins Landeskran­kenhaus Graz eingeliefe­rt worden. Der Zustand des Mannes war zuletzt kritisch. Martin Trampusch von der am Lendplatz stationier­ten Berufsfeue­rwehr hatte am Samstag erklärt, man habe nach der Alarmierun­g einen Löschzug geschickt. „Passanten versorgten eine Person auf einer Parkbank.“Das Opfer habe nicht mehr gebrannt, das Feuer im Eingangsbe­reich aber sehr wohl. Die Feuerwehr habe die Erstversor­gung bis zum Eintreffen der Rettung übernommen und die Flammen gelöscht.

Die Hilfsorgan­isation Caritas Steiermark habe das Opfer in den Tagen vor der Tat und auch noch am Vorabend gegen 22 Uhr besucht und betreut, hieß es. „Eine Unterbring­ung in einer Notschlafs­telle wurde angeboten, jedoch vom Betroffene­n nicht in Anspruch genommen.“ Die Caritas wie auch die Hilfsorgan­isation Vinzi-Werke verurteilt­en den Anschlag und appelliert­en an andere Obdachlose, angebotene Notschlafu­nterkünfte anzunehmen. Die Caritas-Direktorin der Steiermark, Nora Tödtling-Musenbichl­er: „Wir sind erschütter­t und tief betroffen über diese neue Dimension der Gewalt gegen Obdachlose, die wir schwer verurteile­n.“

„Nicht im Freien übernachte­n“

Bürgermeis­terin Kahr: „Dieser Anschlag zeigt, wie verwundbar Menschen sind, die kein Dach über dem Kopf haben und im Freien übernachte­n.“Sie hoffe auf eine Genesung des Opfers und eine Aufklärung der Tat.

Es gebe in Graz „ein engmaschig­es Netz zur Unterstütz­ung von Obdachlose­n“und „eine ausreichen­de Zahl von Notschlafs­tellen“, so Kahr. Niemand sei gezwungen, im Freien zu übernachte­n.

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