Wohnrecht statt Eigentum? Oft keine gute Idee
Viele wünschen sich ein Eigenheim, auch als Absicherung fürs Alter. Die Rechte daran überschreiben sie dann aber ihren Kindern. Das sollte gut überlegt sein – und vor allem nicht bloß aus Angst vor neuen Steuern geschehen.
Mit dem Haus im Grünen ist es so eine Sache. Ein wenig angekratzt ist sein Ruf ja zur Zeit – Stichwort Bodenversiegelung, Stichwort Energiebedarf. Und durch den Zinsanstieg ist es für viele auch noch schwerer leistbar geworden.
Weit oben auf der Wunschliste steht es aber nach wie vor. So ergab etwa eine Integral-Trendstudie für Immoscout 24 im Vorjahr, dass bei den unter 30-Jährigen immer noch jede(r) Zweite irgendwann ein Haus kaufen oder bauen möchte. Und dass sich über alle Altersgruppen hinweg immerhin 43 Prozent diesen Wunsch bereits erfüllt haben oder es noch vorhaben.
Eine Wohnstudie im Auftrag von Erste Bank und s Real zeichnet ein ähnliches Bild, jedenfalls, was die Besitzform betrifft: Demnach bevorzugen 64 Prozent das Wohnen im Eigentum gegenüber der Miete, und bei Familien ist dieser Wunsch mit 72 Prozent besonders ausgeprägt. Immobilien gelten nach wie vor als „wertbeständige Anlage für die Zukunft“. Und als Absicherung fürs Alter – denn ist der Kredit getilgt, wohnt man billiger.
„Erbschaftssteuer neu“?
Wer Kinder hat, möchte wahrscheinlich auch, dass diese irgendwann – auf dem Weg der Vemögensweitergabe – ebenfalls davon profitieren. Gerade an dem Punkt steigt aber zur Zeit die Verunsicherung. Grund ist die wieder aufgeflammte Diskussion um Schenkungsund Erbschaftssteuern.
Diese – und auch eine Vermögenssteuer – gab es schon einmal. Dass eine Neuauflage kommt, sei „nicht ganz unerwartbar“, konstatierte Cornelius Necas, Partner bei der NWT Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, beim „MKP Expertenforum“vor rund einem Monat. Dafür spreche auch, dass nur sehr wenige andere EU-Länder gar keine derartigen Steuern haben.
Aber soll man sich von der bloßen Möglichkeit neuer Steuern bei seinen Entscheidungen beeinflussen lassen? Wer Wohneigentum möchte, wird kaum nur deshalb darauf verzichten. Wohl aber könnte man darüber nachdenken, gleich den Sohn oder die Tochter im Grundbuch eintragen zu lassen. Oder eine bereits vorhandene Immobilie – vermeintlich nur der Papierform nach – an diese weiterzugeben, um steuerlichen Verschlechterungen zuvorzukommen.
Theoretisch möglich ist das sogar, solang das Kind minderjährig ist. Was dann aber bedeuten würde, dass man für jede gravierende Verfügung – für einen Verkauf, etwa wegen einer Übersiedlung, aber auch für Umbauten oder umfangreichere Sanierungsmaßnahmen – die Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes braucht. Dass man sich damit viele Probleme einhandelt, liegt auf der Hand.
Solche Fälle werden aber ohnehin die Ausnahme sein. Häufiger kommt es vor, dass Eltern ihren erwachsenen Kindern Haus oder Wohnung überschreiben und sich dort Wohnrecht oder Fruchtgenuss vorbehalten. Dafür kann es gute Gründe geben. Fachleute warnen aber ebenfalls davor, es unüberlegt zu tun: „Nachfolgeplanung sollte nicht nur von steuerlichen Themen getrieben sein“, bringt es Rechtsanwältin Katharina Müller auf den Punkt. „Angst vor neuen Steuern ist das falsche Motiv, um alles zu verschenken“, sagt auch Necas.
Ungeahnte Streitthemen
Denn eines wird oft übersehen: Die Weitergabe einer Immobilie ist im Normalfall nicht mehr einseitig revidierbar. Und auch wenn man meint, Papier sei geduldig und in der Familie treffe man ohnehin alle wichtigen Entscheidungen einvernehmlich: Niemand weiß, ob der Familienfrieden ewig hält.
Was bedeuten aber Wohnrecht und Fruchtgenuss konkret? Wer ein Wohnrecht hat, darf die Wohnung bzw. das Haus ähnlich wie ein Mieter benützen. Falls vorhanden, sind meist auch Garten und Nebengebäude vom Nutzungsrecht umfasst. Aber sogar Selbstverständliches, wie das Recht, weitere Personen in den eigenen Haushalt aufzunehmen – sei es ein neuer Lebenspartner oder eine Pflegekraft – sollte sicherheitshalber vertraglich festgeschrieben sein, um nicht irgendwann zum Streitthema zu werden.
Der Fruchtgenuss geht deutlich weiter, auch Erträgnisse stehen dann der berechtigten Person zu. Von Vorteil kann das vor allem dann sein, wenn man irgendwann wegziehen möchte. Ein Wohnrecht verliert man dadurch zwar nicht (bzw. erst, wenn man es 30 Jahre lang nicht ausübt). Zu Geld machen lässt es sich aber nicht – es sei denn, der Eigentümer wäre bereit, es finanziell abzulösen. Bei Fruchtgenuss kann man dagegen immerhin Mieteinnahmen lukrieren. Die Option, die Immobilie zu verkaufen, um sich mit dem Erlös z. B. eine andere Wohnung zu kaufen, besteht aber auch dann nicht mehr.
Das Kind als neuer Eigentümer kann die Immobilie dagegen weiterverkaufen und auch mit Hypotheken belasten, falls nicht zusätzlich auch ein Veräußerungsund Belastungsverbot im Grundbuch eingetragen wird. Ein Wohnoder Fruchtgenussrecht bleibt zwar auch bei einem Verkauf bestehen, schließt diesen jedoch nicht aus.
Wohnsitz ausgenommen?
Völlig unklar ist indes, was überhaupt von neuen Steuern betroffen wäre. Beim kolportierten SPÖ-Modell ist von einem „Lebensfreibetrag“von einer Million Euro die Rede, für den Zuwendungen innerhalb von 30 Jahren zusammengerechnet werden sollen. Und ebenso von einer Ausnahme für den Hauptwohnsitz, aber nur, falls der Rechtsnachfolger noch mindestens zehn Jahre lang dort wohnt. Dass auch ein Eigenheim betroffen sein könnte, ist – vor allem, falls die Bewertungen am Immobilienmarkt irgendwann doch wieder steigen – nicht ganz so unwahrscheinlich, wie es teils dargestellt wird. All das sind freilich Mutmaßungen, niemand weiß, was kommen wird. Ein Grund mehr, sich davon nicht leiten zu lassen.