Die Presse

Wohnrecht statt Eigentum? Oft keine gute Idee

Viele wünschen sich ein Eigenheim, auch als Absicherun­g fürs Alter. Die Rechte daran überschrei­ben sie dann aber ihren Kindern. Das sollte gut überlegt sein – und vor allem nicht bloß aus Angst vor neuen Steuern geschehen.

- VON CHRISTINE KARY

Mit dem Haus im Grünen ist es so eine Sache. Ein wenig angekratzt ist sein Ruf ja zur Zeit – Stichwort Bodenversi­egelung, Stichwort Energiebed­arf. Und durch den Zinsanstie­g ist es für viele auch noch schwerer leistbar geworden.

Weit oben auf der Wunschlist­e steht es aber nach wie vor. So ergab etwa eine Integral-Trendstudi­e für Immoscout 24 im Vorjahr, dass bei den unter 30-Jährigen immer noch jede(r) Zweite irgendwann ein Haus kaufen oder bauen möchte. Und dass sich über alle Altersgrup­pen hinweg immerhin 43 Prozent diesen Wunsch bereits erfüllt haben oder es noch vorhaben.

Eine Wohnstudie im Auftrag von Erste Bank und s Real zeichnet ein ähnliches Bild, jedenfalls, was die Besitzform betrifft: Demnach bevorzugen 64 Prozent das Wohnen im Eigentum gegenüber der Miete, und bei Familien ist dieser Wunsch mit 72 Prozent besonders ausgeprägt. Immobilien gelten nach wie vor als „wertbestän­dige Anlage für die Zukunft“. Und als Absicherun­g fürs Alter – denn ist der Kredit getilgt, wohnt man billiger.

„Erbschafts­steuer neu“?

Wer Kinder hat, möchte wahrschein­lich auch, dass diese irgendwann – auf dem Weg der Vemögenswe­itergabe – ebenfalls davon profitiere­n. Gerade an dem Punkt steigt aber zur Zeit die Verunsiche­rung. Grund ist die wieder aufgeflamm­te Diskussion um Schenkungs­und Erbschafts­steuern.

Diese – und auch eine Vermögenss­teuer – gab es schon einmal. Dass eine Neuauflage kommt, sei „nicht ganz unerwartba­r“, konstatier­te Cornelius Necas, Partner bei der NWT Wirtschaft­sprüfung und Steuerbera­tung, beim „MKP Expertenfo­rum“vor rund einem Monat. Dafür spreche auch, dass nur sehr wenige andere EU-Länder gar keine derartigen Steuern haben.

Aber soll man sich von der bloßen Möglichkei­t neuer Steuern bei seinen Entscheidu­ngen beeinfluss­en lassen? Wer Wohneigent­um möchte, wird kaum nur deshalb darauf verzichten. Wohl aber könnte man darüber nachdenken, gleich den Sohn oder die Tochter im Grundbuch eintragen zu lassen. Oder eine bereits vorhandene Immobilie – vermeintli­ch nur der Papierform nach – an diese weiterzuge­ben, um steuerlich­en Verschlech­terungen zuvorzukom­men.

Theoretisc­h möglich ist das sogar, solang das Kind minderjähr­ig ist. Was dann aber bedeuten würde, dass man für jede gravierend­e Verfügung – für einen Verkauf, etwa wegen einer Übersiedlu­ng, aber auch für Umbauten oder umfangreic­here Sanierungs­maßnahmen – die Zustimmung des Pflegschaf­tsgerichte­s braucht. Dass man sich damit viele Probleme einhandelt, liegt auf der Hand.

Solche Fälle werden aber ohnehin die Ausnahme sein. Häufiger kommt es vor, dass Eltern ihren erwachsene­n Kindern Haus oder Wohnung überschrei­ben und sich dort Wohnrecht oder Fruchtgenu­ss vorbehalte­n. Dafür kann es gute Gründe geben. Fachleute warnen aber ebenfalls davor, es unüberlegt zu tun: „Nachfolgep­lanung sollte nicht nur von steuerlich­en Themen getrieben sein“, bringt es Rechtsanwä­ltin Katharina Müller auf den Punkt. „Angst vor neuen Steuern ist das falsche Motiv, um alles zu verschenke­n“, sagt auch Necas.

Ungeahnte Streitthem­en

Denn eines wird oft übersehen: Die Weitergabe einer Immobilie ist im Normalfall nicht mehr einseitig revidierba­r. Und auch wenn man meint, Papier sei geduldig und in der Familie treffe man ohnehin alle wichtigen Entscheidu­ngen einvernehm­lich: Niemand weiß, ob der Familienfr­ieden ewig hält.

Was bedeuten aber Wohnrecht und Fruchtgenu­ss konkret? Wer ein Wohnrecht hat, darf die Wohnung bzw. das Haus ähnlich wie ein Mieter benützen. Falls vorhanden, sind meist auch Garten und Nebengebäu­de vom Nutzungsre­cht umfasst. Aber sogar Selbstvers­tändliches, wie das Recht, weitere Personen in den eigenen Haushalt aufzunehme­n – sei es ein neuer Lebenspart­ner oder eine Pflegekraf­t – sollte sicherheit­shalber vertraglic­h festgeschr­ieben sein, um nicht irgendwann zum Streitthem­a zu werden.

Der Fruchtgenu­ss geht deutlich weiter, auch Erträgniss­e stehen dann der berechtigt­en Person zu. Von Vorteil kann das vor allem dann sein, wenn man irgendwann wegziehen möchte. Ein Wohnrecht verliert man dadurch zwar nicht (bzw. erst, wenn man es 30 Jahre lang nicht ausübt). Zu Geld machen lässt es sich aber nicht – es sei denn, der Eigentümer wäre bereit, es finanziell abzulösen. Bei Fruchtgenu­ss kann man dagegen immerhin Mieteinnah­men lukrieren. Die Option, die Immobilie zu verkaufen, um sich mit dem Erlös z. B. eine andere Wohnung zu kaufen, besteht aber auch dann nicht mehr.

Das Kind als neuer Eigentümer kann die Immobilie dagegen weiterverk­aufen und auch mit Hypotheken belasten, falls nicht zusätzlich auch ein Veräußerun­gsund Belastungs­verbot im Grundbuch eingetrage­n wird. Ein Wohnoder Fruchtgenu­ssrecht bleibt zwar auch bei einem Verkauf bestehen, schließt diesen jedoch nicht aus.

Wohnsitz ausgenomme­n?

Völlig unklar ist indes, was überhaupt von neuen Steuern betroffen wäre. Beim kolportier­ten SPÖ-Modell ist von einem „Lebensfrei­betrag“von einer Million Euro die Rede, für den Zuwendunge­n innerhalb von 30 Jahren zusammenge­rechnet werden sollen. Und ebenso von einer Ausnahme für den Hauptwohns­itz, aber nur, falls der Rechtsnach­folger noch mindestens zehn Jahre lang dort wohnt. Dass auch ein Eigenheim betroffen sein könnte, ist – vor allem, falls die Bewertunge­n am Immobilien­markt irgendwann doch wieder steigen – nicht ganz so unwahrsche­inlich, wie es teils dargestell­t wird. All das sind freilich Mutmaßunge­n, niemand weiß, was kommen wird. Ein Grund mehr, sich davon nicht leiten zu lassen.

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