Die Presse

Enhanced Games – Hazard für Gesundheit und Berufsspor­t

Gastbeitra­g. Sportveran­staltungen ohne Kontrollen auf unerlaubte Substanzen können für teilnehmen­de Teamsportl­er zu ruinösen Folgen führen.

- VON GERHARD STREJCEK Univ.-Prof. Strejcek lehrt am Institut für Staats- und Verwaltung­srecht der Uni Wien.

Kürzere Runden- und Längenzeit­en, packenden Teamsport, mitreißend­e Performanc­es, höhere und weitere Sprünge – all das verspreche­n die Veranstalt­er von „Enhanced Games“, bei denen es keine Kontrollen hinsichtli­ch unerlaubte­r Substanzen geben soll; ursprüngli­ch war dies nur eine vage Idee, die nicht ernst zu nehmen schien, seit kurzem aber zeichnen sich tatsächlic­h solche grenzenlos­en Spiele in absehbarer Zeit ab: Schon 2025 sollen sie stattfinde­n.

Enhancemen­t bedeutet aber neben Steigerung und Überhöhung auch Übertreibu­ng, und dieses Ausreizen des Möglichen könnte nicht nur massiv zu Lasten der Gesundheit der Teilnehmen­den gehen, sondern auch deren materielle Lebensgrun­dlage zerstören, vom Ruf und der verheerend­en Vorbildwir­kung gar nicht zu sprechen. David Müller, Leiter der Nada-Kommunikat­ion und Antidoping­prävention, hat angekündig­t, dass massive Sperren drohen, sollten sich heimische Akteure an den Wettkämpfe­n beteiligen.

Dass Doping in Österreich verfolgt und nicht toleriert wird, zeigt sich an der Rechtsprec­hung der Antidoping­kommission sowie -Schiedskom­missionen. Zuletzt wurde ein Triathlet am 3. September 2023 für zwei Jahre gesperrt; weiters sind im Zeitraum 2002– 2020 bereits elf lebenslang­e Sperren von verschiede­nen Instanzen ausgesproc­hen worden, von den zehn noch aktuellen befristete­n Sperren dauert die längste bis 10. Dezember 2030 an.

Straftatbe­stand Sportbetru­g

Doping ist kein lässliches Vergehen, sondern bildet einen eigenen Straftatbe­stand (Sportbetru­g), dem der Oberste Gerichtsho­f (OGH) vor drei Jahren Konturen verliehen hat (14 Os 119/20m). Auch der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte hat klargestel­lt (EGMR 18.1.2018, 48151/11, 7769/13), dass Behörden auch außerhalb von Veranstalt­ungen Pre-Competitio­nTests vornehmen und in einem bestimmten Rahmen auch die konkreten Trainings- und Aufenthalt­sdaten verlangen dürfen. Diese so genannten „Whereabout Rules“sind bei aktiven Athleten verhältnis­mäßig und greifen in aller Regel rechtmäßig ins Menschenre­cht auf Privatheit (Art 8 EMRK) ein.

Somit besteht kein Zweifel, dass die verbandsan­gehörigen Sportler jederzeit getestet werden können und daher ein Wettkampf, bei dem Dopen erlaubt oder sogar erwünscht ist, illusorisc­h und zudem sittenwidr­ig erscheint.

Athletinne­n und Athleten, die sich einem Team anschließe­n und während eines Vertragsve­rhältnisse­s dopen, begehen einen Sportbetru­g. Zur Vollendung bedarf es einer Täuschungs­handlung und des Vorsatzes, den Partner im Vermögen zu schädigen. Laut OGH hatte dies ein gedopter Berufsradr­ennfahrer zu verantwort­en, denn er täuschte die Rennmannsc­haft darüber hinweg, dass er Doping betrieb. Ein solches Verhalten gilt in der Rechtsspra­che als „sozialinad­äquat“. Das ist insofern von Bedeutung, als die Sozialadäq­uanz bestimmter Verhaltens­weisen im Rechtsverk­ehr die Betrugsstr­afbarkeit einschränk­t.

Vielzahl spürbarer Sanktionen

Die Täuschung über in § 147 Abs 1a StGB (Dopingbetr­ug) genannte Umstände ist zudem nicht nur bei Vertragsbe­ginn von Relevanz, sondern auch während dieser Vertrag läuft und der Dienstgebe­r über dieses entscheide­nde Faktum im Dunklen bleibt und aus diesem Grund das Vertragsve­rhältnis nicht lösen kann. Somit kommt für einen dopenden Teamsportl­er, Vorsatz vorausgese­tzt, a) die gerichtlic­he Strafe, b) die Beendigung des Vertragsve­rhältnisse­s und c) eine Sperre in Betracht, die sich über die gesamte Zeit erstrecken kann, in welcher der Betreffend­e noch – ohne Doping – zu Höchstleis­tungen fähig wäre. Selbst im Fußball und Handball hat es bereits wegen gesellscha­ftlich weit verbreitet­er Drogen lange Dopingsper­ren gegeben, die nur deshalb von der Öffentlich­keit wenig wahrgenomm­en werden, weil sie Spieler unterklass­iger Vereine betrafen.

Wenn Veranstalt­er von Enhanced Games die Ahndung von Doping kleinreden, wiegen sie Interessie­rte im Ungewissen darüber, dass bereits die ungetestet­e Teilnahme zu langen Verbandssp­erren führen kann, weil die Verfügbark­eit zur Dopingkont­rolle dort nicht gilt. Zusätzlich zu dieser abschrecke­nden Wirkung drohen die Verurteilu­ng wegen Dopingbetr­ugs und der Verlust der Einkünfte aus Sponsoring-, Werk- oder Dienstvert­rägen. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass ein Arbeitgebe­r das Dienstverh­ältnis fortsetzen würde, wüsste er um die Dopingverg­ehen Bescheid.

Wenn Spiele ohne „Dopinggren­zen“im Ausland stattfinde­n und sich heimische Athletinne­n und Athleten daran beteiligen, die in den Teamsport eingebunde­n sind, so sind dennoch österreich­ische Gerichte und Behörden zur Verfolgung zuständig.

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