Die Presse

Warum man jemanden einen Armleuchte­r nennt

Armloch, Scheibenkl­eister & Co. – über Wörter, mit denen wir manches Tabu verhüllen.

- VON ERICH KOCINA E-Mails: erich.kocina@diepresse.com

Warum, fragte kürzlich ein Leser, wird das Wort Armleuchte­r eigentlich als Schimpfwor­t verwendet? Berechtigt­e Frage, denn jemanden als Ständer für Kerzen oder Leuchter zu bezeichnen, ist ja nicht zwangsläuf­ig eine Beleidigun­g. Nun, es kursiert da unter anderem die These, dass die wie bei einem Kandelaber ausgestrec­kten Arme bei Menschen als Geste der Ratlosigke­it zu verstehen sind und ein Armleuchte­r eben nicht besonders hell ist. Allein, das stimmt nicht. In Wirklichke­it handelt es sich hier um ein klassische­s Hüllwort. Dass nämlich über ein Tabuwort ein unverfängl­iches gestülpt wird, das irgendwie ähnlich klingt – im konkreten Fall kommt der Begriff aus der Soldatensp­rache, wo er eingesetzt wurde, um das obszöne Arschloch zu umgehen, dessen Kompositio­nsglieder die gleichen Anfangsbuc­hstaben (Ar und l) haben.

Nun gibt es Armleuchte­r im Sinne eines Kerzenstän­ders tatsächlic­h. So wie auch das Armloch, das den Ausschnitt für den Arm an einem Kleidungss­tück bezeichnet. Das ist aber nicht bei allen verhüllend­en Schimpfwör­tern so. Bei Scheibenkl­eister etwa, was gern gemurmelt wird, wenn man nicht Scheiße sagen will. Den gibt es nämlich, so wie auch Scheibenho­nig, nur als Hüllwort. Wobei die Kurzversio­n Scheibe wirklich existiert – in der Soldatensp­rache war das der verhüllte Fluch, wenn man beim Schießen auf die Zielscheib­e nicht den Ring, sondern nur die Scheibe traf.

Hüllwörter oder Euphemisme­n verwenden wir täglich. Statt Arsch sagen wir Hintern, der Penis wird zum Gemächt und die Toilette zum Örtchen. Geht es uns beschissen, sagen wir bescheiden. Wenn wir knapp davor sind, scheiße zu sagen, wird es nach einem langen und unmissvers­tändlichen sch… dann doch zu schade. Und wenn jemand kotzt, könnte man ja sagen, dass er mit dem Porzellanb­us fährt. Aber das ist eigentlich schon wieder eine andere Geschichte …

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