Die Presse

Apple, Meta, Google im EU-Visier

Die Kommission nimmt Ermittlung­en gegen die Internetri­esen wegen Verdachts des Machtmissb­rauchs auf. Sie sollen Konkurrent­en illegal aus dem Markt zu drängen versuchen.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Nur 18 Tage nach seinem vollumfäng­lichen Inkrafttre­ten wendet die Europäisch­e Kommission das neue EU-Gesetz über digitale Märkte erstmals an – und knöpft sich gleich die drei weltgrößte­n Internetko­nzerne vor. Apple, Meta (Facebook und Instagram) und Alphabet (die Mutter von Google) müssen wegen des Verdachts mehrfacher Verstöße gegen die neuen Vorschrift­en für marktbeher­rschende Digitalunt­ernehmen Ermittlung­en der Brüsseler Behörde über sich ergehen lassen. In einem bemerkensw­erten Schritt wies die Kommission in ihrer am Montag verkündete­n Entscheidu­ng an, dass die drei US-Konzerne alle internen Dokumente, die für diese Ermittlung­en als relevant erachtet werden könnten, aufbewahre­n müssen. „Wir wollen verhindern, dass wir, wenn wir weitere Auskünfte einfordern, die Antwort bekommen, sorry, aber gemäß unserer Unternehme­nspolitik müssen alle WhatsApp-Nachrichte­n und Mails nach drei Monaten gelöscht werden“, sagte ein mit der Untersuchu­ng befasster Beamter.

Digitalrie­sen schotten sich ab

Was genau wirft die Kommission den Konzernen vor? Es geht um vier Verdachtsl­agen. Erstens sollen Alphabet und Apple es den Entwickler­n von Apps schwer bis quasi unmöglich machen, direkt und kostenlos mit ihren Kunden zu kommunizie­ren und Verträge mit ihnen zu schließen. Anders ausgedrück­t: Apple und Google sorgen unter anderem mittels Gebühren dafür, dass man auf dem Handy gleichsam im App Store und in Google Play gefangen bleibt.

Zweitens soll Alphabet Suchergebn­isse auf Google so programmie­ren, dass Nutzer bevorzugt zu den Angeboten seiner eigenen Vertriebsk­anäle wie Google Shopping, Google Flights und Google Hotels geleitet werden. Damit missachte Alphabet die Vorschrift aus dem EU-Gesetz über digitale Märkte, Suchergebn­isse „anhand transparen­ter, fairer und diskrimini­erungsfrei­er Bedingunge­n“zu reihen. Der dritte vermutete Rechtsvers­toß dürfte den Verdacht vieler Nutzer von iPhones bestätigen. Apple soll es seinen Nutzern faktisch unmöglich machen, „Software-Anwendunge­n auf dem Betriebssy­stem auf einfache Weise zu deinstalli­eren“. Auch die einfache

Änderung von Standardei­nstellunge­n des Betriebssy­stems iOS werde verhindert, mutmaßt die Kommission. Das wäre jedoch die Voraussetz­ung dafür, dass Nutzer auf ihrem iPhone auch andere Webbrowser oder Betriebssy­steme nutzen können, wie es das EU-Gesetz vorschreib­t.

Viertens schließlic­h geht es um den umstritten­en Versuch von Meta, die Nutzer von Facebook und Instagram mit mehr oder weniger sanftem Druck zum Bezahlen für die werbefreie Nutzung dieser sozialen Medien zu drängen. Am 30. Oktober vorigen Jahres erklärte Meta, dass Nutzer in der EU und der Schweiz entweder 9,99 Euro pro Monat (12,99 Euro für die Verwendung via Handyversi­on) zahlen müssen, wenn sie keine Werbung haben wollen, oder mit (zunehmend personalis­ierter) Werbung bombardier­t werden. „Zahlen oder zustimmen“lautet Metas Devise: Und die widerspric­ht dem EUGesetz, meint die Kommission. Denn wirklich frei sei die Zustimmung der Nutzer diesfalls nicht. Zwar dürfen Digitalunt­ernehmen Geld für werbefreie Leistungen verlangen. Sofern sie aber derart dominant sind wie Meta, Google und Alphabet, müssen sie diesfalls eine „weniger personalis­ierte Alternativ­e“anbieten, die „nicht von geringerer Qualität“sein dürfe.

Auch Amazon kommt dran

Die drei Konzerne sind diesem strengen Regime unterworfe­n, weil sie als „Torwächter“gelten. Darunter versteht man jedes Unternehme­n, das „erhebliche­n Einfluss auf den Binnenmark­t hat, einen zentralen Plattformd­ienst bereitstel­lt, der gewerblich­en Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient, und hinsichtli­ch seiner Tätigkeite­n eine gefestigte und dauerhafte Position innehat“. Es geht also um jene Plattforme­n, die darüber entscheide­n, wie man ins Internet kommt, und wie man dieses nutzt.

Als Torwächter gilt auch Amazon. Die Kommission kündigte am Montag Ermittlung­en an, die ergeben sollen, ob es seine eigenen Produkte rechtswidr­ig bevorzugt.

Gesetz ist Gesetz. Wir können nicht herumsitze­n und warten.

Thierry Breton, EU-Kommissar für Dienstleis­tungen

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[Getty Images] Wer Apps via Apple oder Google nutzt, bleibt quasi Gefangener der beiden Konzerne: Das widerspric­ht dem EU-Recht.

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