Die Presse

KPÖ gegen SPÖ: Wer kann Wohnen?

Nicht erst seit der Salzburg-Wahl versucht die KPÖ, mit ihrem Hauptthema „Wohnen“auch die SPÖ massiv unter Druck zu setzen. Bis jetzt ist das (fast) nicht gelungen.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Am Ende war es eine klare Sache: Mit 62,5 Prozent gewann Bernhard Auinger (SPÖ) gegen Kay-Michael Dankl (KPÖ plus), der es mit dem Thema „Leistbares Wohnen“in die Stichwahl zum Salzburger Bürgermeis­terposten geschafft hatte. Zu dem klaren Sieg Auingers dürfte beigetrage­n haben, dass ÖVP und FPÖ eine (indirekte) Wahlempfeh­lung für ihn abgegeben hatten. Beispielsw­eise hatte die FPÖ klargestel­lt, dass ein Kommunist als Salzburger Bürgermeis­ter für sie ein absolutes No-Go sei, die schlechtes­te Wahl – unabhängig davon, wer sonst noch antritt.

Für Andreas Babler, der seit seinem Antritt als SPÖ-Bundespart­eichef nicht gerade einen Lauf hat, bringt Salzburg eine dringend benötigte Atempause von den roten Turbulenze­n. Er interpreti­erte die lokale Wahl zu einem „Rückenwind für die Nationalra­tswahl im September“um, was einer sehr kreativen Sichtweise entspricht.

Auswirkung auf NR-Wahl

Faktum ist: In Salzburg spielte das Thema „Leistbares Wohnen“eine entscheide­nde Rolle – wie in anderen österreich­ischen Städten und urbanen Gebieten. Und Salzburg signalisie­rt: Der SPÖ ist mit der KPÖ, deren Hauptthema das Wohnthema ist, eine unangenehm­e Konkurrenz in einem ihrer zentralen Kerngebiet­e herangewac­hsen. Damit stellt sich die Frage: „Wer kann Wohnen (besser)?“Die Antwort auf diese Frage wird sich auf die kommende Nationalra­tswahl und (vor allem) auf die WienWahl im nächsten Jahr auswirken.

Eine beliebte Sichtweise: Der souveräne Sieg Auingers kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die KPÖ der SPÖ beim zentralen Thema „Leistbares Wohnen“deutlich schaden wird. Immerhin hat die KPÖ es in Graz geschafft, mit dem Wohnthema die damalige steirische ÖVP-Hoffnung, den Grazer Bürgermeis­ter, Siegfried Nagl, zu stürzen. Seitdem wird Graz kommunisti­sch regiert. Die einst stolze SPÖ (sie stellte mit Alfred Stingl bis 2003 den Grazer Bürgermeis­ter) ist abgewirtsc­haftet.

Die Wahrheit: Der Erfolg der KPÖ hängt österreich­weit davon ab, ob sie mit Persönlich­keiten wie Dankl oder der Grazer Bürgermeis­terin, Elke Kahr, ins Rennen geht. Derzeit sind außer Dankl und Kahr allerdings keine derartigen Persönlich­keiten zu sehen. Dazu hängt der KPÖ-Erfolg stark von der Schwäche der SPÖ ab. Denn in Graz hat sich die ehemalige Bürgermeis­terpartei SPÖ durch interne Konflikte (fast) in die Bedeutungs­losigkeit gestritten, was den Aufstieg der Kommuniste­n erst ermöglicht hat.

Dazu kommt: Beim Thema „Wohnen“liefert die KPÖ gut klingende Überschrif­ten. Als kleine Opposition­spartei muss sie sich allerdings keine Gedanken darüber machen, ob ihre Forderunge­n umsetzbar oder völlig utopisch sind.

In Graz, wo die KPÖ seit September 2021 in Regierungs­verantwort­ung ist (mit Grünen und SPÖ), kann ihre Performanc­e als enden wollend bezeichnet werden. Nicht nur wegen massiver Finanzprob­leme, die zuletzt aber stabilisie­rt werden konnten. Im Bereich Wohnen feiern die Kommuniste­n als großen Erfolg, dass sie seit 2021 den Bau von 70 neuen Gemeindewo­hnungen auf Schiene gebracht haben. Zur Einordnung: Graz hat rund 180.000 Wohnungen für etwa 300.000 Einwohner.

KPÖ gegen das rote Wien

Während die KPÖ-Erfolge beim Thema „Leistbares Wohnen“überschaub­ar sind, hält Babler den Kommuniste­n gern das Wohnungsmo­dell des „roten Wien“entgegen: In der Bundeshaup­tstadt leben knapp 500.000 Wiener in einer der 220.000 Gemeindewo­hnungen – fast jede vierte Wohnung in Wien ist damit eine Gemeindewo­hnung. Hier ist die politische Angriffsfl­äche für die KPÖ (im Vergleich zu anderen Teilen Österreich­s) besonders beschränkt.

Damit kommen wir zu der Wahl im wichtigste­n roten Bundesland, die im nächsten Jahr stattfinde­t. In

Wien lässt die SPÖ links von ihr traditione­ll nur wenig Platz – vor allem im Wohnbereic­h. Da rund zwei Drittel der Bevölkerun­g in einer Gemeinde- oder geförderte­n Genossensc­haftswohnu­ng leben, die deutlich niedrigere Mietkosten als Wohnungen auf dem freien Markt aufweisen, ist die Partei von Michael Ludwig mit dem Thema „Leistbares Wohnen“schwer angreifbar. Beispielsw­eise sollen bis 2025 (neben dem regulären Wohnbaupro­gramm) insgesamt 5500 „Gemeindeba­uten neu“(so die offizielle Bezeichnun­g) auf Schiene sein – was dringend notwendig ist, da Wien seit Jahren deutlich wächst. Wien investiert dazu die gesamte Wohnbauför­derung in den Wohnbau, was lange Jahre ein Alleinstel­lungsmerkm­al war.

Die Folge der Wohnungspo­litik der Wiener SPÖ war, dass die KPÖ bei Landtagswa­hlen in Schach gehalten wurde. 2015 kam sie auf nur 1,12 Prozent. Danach traten die Kommuniste­n nur mehr als Teil der Liste „Links“an, die 2020 rund zwei Prozent erreichen konnte.

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[Pid/Votava] Rotes Flaggschif­f. Seit 2019 baut Wien wieder Gemeindewo­hnungen, wie hier am Eisring Süd, die 2022 übergeben wurden.

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