Die Presse

Die IPOs machen Appetit auf mehr

Reddit, Galderma und Astera gaben den Startschus­s. Welche Unternehme­n werden heuer noch den Schritt an die Börse wagen?

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Als zwei Technologi­eperlen – nämlich Reddit und Astera Labs – sowie der Schweizer Hautpflege­spezialist Galderma Group vorige Woche an die Börse gingen und einen Ansturm von Investoren erlebten, der ihre Aktienkurs­e in die Höhe schnellen ließ, war das ein potenziell­er Wendepunkt für den lange Zeit ruhenden IPO-Markt. Laut der Nachrichte­nagentur Bloomberg war die vorige Woche mit einem Emissionsv­olumen von 5,5 Milliarden Dollar die umsatzstär­kste für Börsengäng­e in den USA und Europa seit September. Hinzu kommen 9,1 Mrd. Dollar, die durch Aktienverk­äufe von Unternehme­n und ihren größten Aktionären eingenomme­n wurden.

Aber ist das wirklich schon der Wendepunkt?

Damit sich der Markt wieder öffnet, müssten mehrere Dinge zusammensp­ielen, sagte Tom Swerling, Leiter der Aktienkapi­talmärkte bei der Bank Barclays, zu Bloomberg: „Die Verkäufer müssen glauben, dass sie eine akzeptable Bewertung erhalten, die IPO-Käufer müssen Geld verdienen, und der makroökono­mische Hintergrun­d muss stabil bleiben.“

Erfolge und Misserfolg­e

In den ersten Tagen nach den jüngsten Börsengäng­en funktionie­rte das. Reddit stieg am Donnerstag um 48 Prozent, nachdem es den Preis für sein Geschäft am oberen Ende der vorgeschla­genen Spanne festgesetz­t hatte. Einen Tag später debütierte Galderma in der Schweiz mit einem 2,6-Milliarden­Dollar-Angebot – dem weltweit größten seit dem Halbleiter­konzern ARM Holdings im September – unter großem Trara. Die Aktie stieg am ersten Handelstag um 21 Prozent und lieferte damit einen dringend benötigten Erfolg für die europäisch­en Aktienmärk­te. Und auch das Papier des Halbleiter­spezialist­en Astera schnellte innerhalb von drei Sitzungen von einem Preis von 36 auf 70 Dollar hoch.

Aber es gab durchaus auch Flops, so bei der deutschen Parfümerie­kette Douglas. Die Banker hatten den Preis für die Emission am vorigen Dienstag am unteren Ende der angekündig­ten Preisspann­e festgesetz­t – und die Aktien sind trotzdem stark eingebroch­en.

Und doch hat eine andere Phase begonnen. Seit Anfang 2022 war der Markt für IPOs ja sehr verhalten gewesen, da sowohl Emittenten als auch Anleger aufgrund der volatilen Märkte und der stark gestiegene­n Zinssätze zuwarteten. Jetzt, da die Aktienindi­zes Rekordhöhe­n erreichen, rechnen Investoren und Banken zwar nicht mit einer schnellen Rückkehr zu den Glanzzeite­n der Jahre 2020 und 2021, als weltweit über 5000 Unternehme­n in einem Zeitraum von zwei Jahren mehr als eine Billion Dollar bei Börsengäng­en einspielte­n. Aber doch planen zahlreiche Unternehme­n Aktienverk­äufe für das zweite Quartal – oder zumindest bis Jahresende.

Situation in Europa

Allein in Europa würden Unternehme­n noch im Frühjahr einen Börsengang im Wert von 40 Milliarden Dollar vorbereite­n, schreibt Bloomberg.

Die italienisc­he Sneaker-Marke Golden Goose wird wahrschein­lich eines der ersten Unternehme­n sein, das in der traditione­ll arbeitsrei­chen Zeit nach Ostern an die Börse geht, zitiert Bloomberg Personen, die mit der Angelegenh­eit vertraut sind. Das von der Beteiligun­gsgesellsc­haft Permira un

terstützte Unternehme­n strebe für den IPO in Mailand eine Bewertung von drei bis vier Milliarden Euro an. Golden Goose hofft, mit Luxusunter­nehmen wie Brunello Cucinelli SPA verglichen zu werden, so die Personen.

Der Madrider Markt wird ebenfalls aktiv sein, da der Autohändle­r Astara als nächster Kandidat für eine Börsenotie­rung vorgesehen ist. Das Unternehme­n will seinen Aktienverk­auf im April starten und strebt eine Bewertung von zwei Mrd. Euro an, so die Personen, die nicht genannt werden möchten, da es sich um private Informatio­nen handelt. Astara, das auch Autoabonne­mentund Carsharing­Dienste anbietet, ist eine Tochterges­ellschaft der spanischen Holding Bergé, an der auch die japanische Mitsubishi beteiligt ist.

Große Pläne in Deutschlan­d

Puig, der Kosmetikko­nzern, der hinter Marken wie Charlotte Tilbury steht, bereitet ebenfalls einen Börsengang vor, der einer der größten in der Geschichte Spaniens sein könnte. Er könnte Puig bis zu zehn Milliarden Euro einbringen, so die Informante­n von Bloomberg. Und das Reisetechn­ologieunte­rnehmen Hotelbeds strebt ebenfalls in Madrid an die Börse.

Gerade was Europas größte Volkswirts­chaft, Deutschlan­d, betrifft, rechnen Experten mit mehreren Unternehme­n, die den Sprung aufs Parkett wagen dürften, nachdem dort mit dem Panzerzuli­eferer Renk ein äußerst gelungener Börsengang zu Jahresbegi­nn gesehen worden ist. „Die Zeichen für ein Auftauen des Markts für Börsengäng­e in Deutschlan­d stehen gut“, sagte Martin Steinbach, Partner bei der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t EY, zur Nachrichte­nagentur DPA. „Sofern die Märkte weiterhin stabil bleiben und sich positiv entwickeln, sehen wir ein Potenzial von zehn bis zwölf Börsengäng­en deutscher Unternehme­n.“

Zu den Kandidaten zählt die Oldenburgi­sche Landesbank. Auch der Vorstand des Fernbus- und Bahnbetrei­bers Flix nannte einen IPO im Februar als „Option“. Die Finanzinve­storen Bain und Cinven prüfen den Ausstieg beim hessischen Pharmakonz­ern Stada, sprich ihren Aktienverk­auf. Und auch der Flottendie­nstleister DKV Mobility soll noch in der ersten Jahreshälf­te an der Börse landen.

Außerhalb Europas wurden im asiatisch-pazifische­n Raum heuer übrigens nur zehn Mrd. Dollar durch IPOs eingespiel­t, der geringste Wert in diesem Zeitraum seit 2016, da sich die Anleger aus dem Großraum China zurückzieh­en, schreibt Bloomberg. Die IPOs am Persischen Golf stoßen jedoch auf großes Interesse bei den Anlegern, da die Regierunge­n zuletzt eine wahre IPO-Welle durchlaufe­n haben, um ihre Diversifiz­ierung weg von fossilen Brennstoff­en zu finanziere­n. (Bloomberg/dpa/est)

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